Ein königlicher Skandal
ihn. „Falls ich Ihnen sage, dass es doch möglich ist, würden Sie Prinzessin Rosa dann heiraten?“
„Was soll das?“, fragte Max gereizt. „Wir sind Cousin und Cousine ersten Grades! Unsere Väter waren Halbbrüder. Die Regeln des Königshauses bestimmen, dass Blutsverwandte nicht heiraten dürfen.“
„Ich glaube, ich setze mich doch“, murmelte Giovanni.
„Bitte“, erwiderte Max und half dem alten Mann in den Sessel, den Rosa normalerweise benutzte. „Geht es Ihnen nicht gut? Sie sehen schwach aus. Ich rufe den Arzt.“
„Nein“, wehrte Giovanni hastig ab. Nachdem er tief Luft geholt hatte, formulierte er langsam und stockend seine Enthüllung: „Sie und die Prinzessin sind nicht Cousin und Cousine … Sie sind nicht blutsverwandt. Ihr Vater war nicht der Sohn des Königs.“
Jedem anderen hätte Max für diese Behauptung ins Gesicht geschlagen. Aber auf der ganzen Insel war dieser Mann für seine Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sehr geschätzt. Max konnte sich nicht erinnern, dass Giovanni jemals gelogen hätte.
„Wollen Sie mir etwa sagen, dass meine Großmutter ihren Mann betrogen hat? Königin Eva hatte eine Affäre?“ Max’ Gedanken überschlugen sich.
Giovanni schloss die Augen. „So ist es.“
Max atmete tief durch. „Und wer ist dann mein Großvater, wenn nicht König Giorgio?“
Sekunden verstrichen, bevor Giovanni seinen Blick erwiderte und gestand: „Ich.“
Ungehalten griff Max nach seinem Glas und nahm einen großen Schluck. „Und woher wollen Sie das so genau wissen? So etwas steht doch nicht sofort eindeutig fest, oder?“
„Es wundert mich nicht, dass Sie an meinen Worten zweifeln“, sagte Giovanni mit bebender Stimme. „Ich habe keine Ahnung, ob die Königin Bescheid weiß. Der König vermutet scheinbar nichts. Denn er hat Ihren Vater als seinen Sohn anerkannt … obwohl ich vermute, dass er die Augen vor den Tatsachen verschließt.“
„Und weshalb erzählen Sie mir das alles?“, fragte Max.
Giovanni zog ein Foto aus der Jackentasche und hielt es Max hin. „Deshalb.“
Max musste sich zwingen, nach dem Bild zu greifen und es zu betrachten. Die Aufnahme zeigte einen lächelnden jungen Mann.
Im ersten Moment glaubte Max, auf dem Foto sich selbst mit achtzehn oder neunzehn zu sehen, doch das war ausgeschlossen. Die Kleidung war falsch, und er hatte nie ein Motorrad besessen.
„Wer ist das?“, fragte er angespannt.
„Mein jüngerer Bruder Vittorio“, erwiderte Giovanni und bekreuzigte sich. „Unsere Mutter war Engländerin. Sie lernte meinen Vater kennen, als er in ihrer Heimat für seinen Onkel arbeitete. Der Mann war Weinhändler in London. Meine Eltern heirateten und lebten einige Jahre lang hier. Aber meine Mutter fühlte sich auf San Rinaldi nie wohl. Als Vittorio fünf Jahre alt war, kehrte sie mit ihm nach England zurück und ließ sich von meinem Vater scheiden. Wir haben meinen Bruder nie wiedergesehen. Mit neunzehn verunglückte er tödlich. Auf diesem Motorrad. Unsere Mutter schickte uns das Foto kurz vor dem Unfall. Sie starb bald nach Vittorio.“
Schweigend betrachtete Max das Gesicht auf dem Foto. Er spürte, dass Giovanni die Wahrheit sagte und tatsächlich sein Großvater war.
„Ich habe Sie das erste Mal gesehen, als Sie drei Jahre alt waren, und wusste sofort Bescheid“, fuhr Giovanni fort und schüttelte den Kopf. „Ihr Vater Paolo sah der Königin ähnlich, aber Sie waren ganz wie unser Vittorio. Ich habe damals überlegt, ob ich jemanden einweihen sollte. Es erschien mir unnötig. Schließlich ahnte niemand, dass statt Antonio oder dessen Kinder Sie die Thronfolge antreten würden.“
Mühsam hielt Max den Zorn zurück. „Sie hätten mich den Thron besteigen lassen, obwohl Sie wissen, dass ich kein Anrecht darauf habe?“
Giovanni zuckte die Schultern. „Sie sind ein guter Mensch“, erklärte er schlicht. „Sie kennen die Bevölkerung, haben sich für das Land eingesetzt und waren in allem erfolgreich. Für das Amt des Königs könnte es keinen Besseren geben.“
„Aber wieso haben Sie jetzt …“ Er verstummte, als er den Grund erkannte. „Rosa“, sagte Max tonlos. „Ist es so offensichtlich?“
„Nein“, wehrte Giovanni ab, „aber ich kenne Sie sehr gut. Als Rosa zurückkehrte, habe ich gemerkt, dass es zwischen Ihnen knistert. Aus reinem Pflichtbewusstsein wollten Sie sie wieder fortschicken. Das war mir klar, und ich hätte es nicht ertragen, dass Sie wegen einer Lüge auf Ihr Glück verzichten. Ich habe
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