Ein Königreich für die Leidenschaft
einen kleinen Spaziergang.“
„Mit der ganzen Medienmeute im Schlepptau?“
Er stand auf und grinste. „Keine Sorge, die hängen wir ab.“ Schnell nahm er sie bei der Hand und zog sie mit sich.
„Aber laufen wir ihnen jetzt nicht genau in die Arme?“
„Das schon. Aber sie werden uns nicht sehen.“ Er öffnete eine Tür und trat in einen dunklen Raum. Was war das, ein großer Schrank? Nur zögernd folgte Lani ihm. „Vorsicht. Hier kommen Stufen.“
Tatsächlich, sie spürte Stufen unter den Füßen. „Gibt es hier denn kein Licht?“
„Nein.“ Er drückte ihr die Hand. „Aber keine Angst, wir sind gleich da.“
„Wo denn?“
„Im Nirgendwo.“ AJ lachte leise.
Am Fuß der Treppe angekommen, sah Lani sich ängstlich um. Durch die Decke des großen Raumes drang an einigen Stellen spärlich das Sonnenlicht, und Lani fuhr fröstelnd zusammen. Ganz sicher war es hier mindestens zehn Grad kälter als im Palast. „Wo sind wir hier?“
„Keine Ahnung. Aber als Kinder haben Vanu und ich uns oft auf diesem Weg aus dem Palast gestohlen.“
Schaudernd sah Lani sich wieder um. Ohne Weiteres konnte sie sich Vanu in dieser unheimlichen Umgebung vorstellen. Ob er wirklich tot war? Die Frage der Reporterin ließ ihr keine Ruhe. Selbstverständlich beunruhigte es sie, dass man seine Leiche bisher noch nicht gefunden hatte. Manchmal war ihr sogar, als höre sie seine kalte scharfe Stimme, die sie wie früher ständig kritisierte. O Gott … Zitternd drückte AJs warme Hand. „Und wo kommt man hier raus?“
Wieder lachte er leise. „Das wirst du mir nicht glauben.“
Anfangs waren nur ihre Schritte auf den unebenen Steinfliesen zu hören, und Lani hatte den Eindruck, dass sie sich immer weiter vom Palast entfernten. Schließlich verengte sich der Raum zu einem Gang, und jetzt war auch etwas über ihnen zu hören. Je weiter sie vorankamen, desto lauter wurde das Geräusch, bis es zu einem dumpfen Dröhnen angeschwollen war. Angstvoll sah Lani AJ an, doch der lachte nur, auch als kein Lichtschein mehr zu sehen war und es über ihnen donnerte, als führe die New Yorker U-Bahn über ihre Köpfe hinweg. Wenn AJ sie nicht festgehalten hätte, wäre Lani längst umgekehrt und in den Palast zurückgelaufen. Jetzt bogen sie um eine Ecke und standen plötzlich vor einer Doppeltür, durch deren Spalt die goldene Nachmittagssonne drang.
AJ drückte die Tür auf, und Lani schloss geblendet die Augen. Als sie sie vorsichtig wieder öffnete, stockte ihr der Atem. Das donnernde Dröhnen wurde von einem Wasserfall verursacht, der direkt über ihnen von einer Felswand herabstürzte. „Das ist ja fantastisch!“, rief sie, um sich verständlich zu machen. „Ich habe bisher nur von oben auf den Wasserfall heruntergesehen.“
AJ nickte nur und legte ihr den Arm um die Schultern. „Lass uns irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist“, flüsterte er dicht an ihrem Ohr, und Lani überlief es siedend heiß, als sie seinen warmen Atem spürte. Bereitwillig ließ sie sich um den Wasserfall herumführen, dann einen Hügel hinunter, der mit weichem Gras bewachsen war. In dem lichten Hain am Fuß des Hügels blieb AJ stehen und atmete tief durch. „Jetzt ist mir wohler. Ich hasse es, so im Rampenlicht zu stehen.“
„Aber daran musst du als bekannter Regisseur doch gewöhnt sein.“
„Irgendwie schon, wenn ich in der Stadt unterwegs bin. Aber nach Hause ist mir noch nie jemand gefolgt. So interessant bin ich dann auch wieder nicht.“
Schmunzelnd zog sie die Augenbrauen hoch. „Aber offensichtlich interessant genug, um all die Journalisten hierher zu locken.“
„Das hat wohl eher damit zu tun, dass ich König werden soll.“ Zärtlich legte er Lani die Hand in den Nacken. „Und die Frau meines Bruders heirate.“
„Und dabei wissen sie noch nicht mal, dass ich von diesem Bruder ein Kind erwarte.“ Sie fröstelte. „Das wäre sicher eine Topstory.“
„Ein Grund mehr, es geheim zu halten.“ Sanft streichelte er ihr den Rücken, legte ihr dann den Arm um die Taille und zog sie an sich. Während er ihr tief in die Augen sah, kam er mit dem Gesicht immer näher, bis sich ihre Lippen trafen.
Oh, dieser betörende, herbe männliche Geruch … Wie berauscht schloss Lani die Augen und gab sich ganz dem Kuss hin, der all ihre Sinne gefangen nahm. Heißes Verlangen stieg in ihr auf, was, wie ihr kurz durch den Kopf ging, unter diesen Umständen eigentlich seltsam war. Aber wahrscheinlich hatte es mit den langen Jahren ihrer
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