Ein Königreich für einen Kuss!
aber keine tieferen Einblicke erlaubte. Warum sollte man den Leuten noch mehr Grund zum Tratschen geben?
„Du siehst bezaubernd aus.“ Stella spürte Vascos warmen Atem im Nacken und zuckte kurz zusammen. Sie stand oben an der Treppe, blickte ins Foyer hinab und beobachtete, wie die Gäste ihre Mäntel und Capes der wartenden Dienerschaft übergaben. Alle Damen, auch die älteren, sahen sehr gut aus und waren exquisit gekleidet. Offenbar waren sie es gewohnt, zu repräsentieren.
„Danke. Ich bin ziemlich nervös.“
„Das brauchst du nicht zu sein“, versuchte Vasco sie zu beruhigen. „Alle freuen sich, dich kennenzulernen.“
„Wissen sie Näheres über Nicky und dich …“
„Nein. Nur dass du mein Ehrengast bist.“ Er küsste ihr die Hand, und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass alles schon überstanden wäre und sie mit Vasco im Turmzimmer sein könnte.
Sollte sie nun erleichtert sein, dass die Gäste nichts von ihrer Beziehung zu Vasco ahnten? Oder ein ungutes Gefühl haben, dass sie Anlass für wildeste Spekulationen boten? Doch dann hakte Vasco sie unter und führte sie die Treppe hinunter, eine Geste, die jedem klarmachte, dass sie seine Freundin war.
Stella setzte ein liebenswürdiges Lächeln auf, und obwohl die taxierenden Blicke der Frauen sie schmerzten und ihr das schrille Gelächter in den Ohren hallte, schaffte sie es, freundlich Konversation zu machen. Jeder sprach englisch, sicher aus Rücksicht auf sie.
In seinem schwarzen Smoking sah Vasco besonders gut aus. Er schien Stella nicht aus den Augen zu lassen, lächelte ihr zu und berührte sie, wann immer er in ihrer Nähe war, was sie jedes Mal aufs Neue erregte. Zwar bemühte sie sich, sich nichts anmerken zu lassen, aber um sie her wurde getuschelt, und immer wieder bemerkte sie vielsagende Blicke. Wahrscheinlich fragten sich alle, warum Vasco sich gerade für sie entschieden hatte, ja, welche Rolle sie hier überhaupt spielte.
„Was bringt Sie nach Montmajor?“
Hastig wandte Stella sich um. Eine junge Frau mit glänzend schwarzem Haar musterte sie neugierig.
„Die Bibliothek“, antwortete Stella und schenkte der Fremden ein strahlendes Lächeln. „Ich bin Buchrestauratorin, und mit diesen alten Büchern arbeiten zu können und ihnen zu neuem Glanz zu verhelfen ist eine traumhafte Aufgabe.“ Sehr gut, sie hatte nicht einmal zu lügen brauchen.
Die Schwarzhaarige strich kurz ein imaginäres Fältchen glatt und lächelte verkrampft. „Und wie gefällt Ihnen unser Stadthotel?“
„Äh … das kann ich nicht sagen. Man hat mich hier im Palast untergebracht. Da bin ich näher an meinem Arbeitsplatz.“
„Wie praktisch!“ Die junge Frau hob kurz die schmalen Augenbrauen. „Ein wunderschönes Gebäude, mit so vielen Zimmern.“ Sie senkte die Stimme. „Ich habe selbst ein paar Mal hier übernachtet.“
„So?“ Stella fing an, die Situation zu genießen. „Dann sind Sie eine von Vascos früheren Freundinnen?“
Eine steile Falte erschien auf der makellosen Stirn der Schwarzhaarigen. „Ja, Vasco und ich kennen uns schon lange. Aber ich war immer mehr als nur seine Freundin.“ Die letzten Worte betonte sie ganz besonders.
Unwillkürlich zuckte Stella leicht zusammen. Sie war so stolz gewesen, dass er sie als seine Freundin bezeichnet hatte, und nun tat diese Person so, als sei das das Letzte! Doch so schnell ließ sie sich nicht einschüchtern. „Dann hatten Sie wohl ein Verhältnis?“
Das verblüffte die Schwarzhaarige. Sie fing sich jedoch schnell. „Ja, wenn Sie so wollen. Wir lieben uns.“
Lieben uns? Das hieß also, die Sache war noch nicht beendet? Darauf wusste Stella nichts zu erwidern und trank schnell einen Schluck Champagner.
„Oh, entschuldigen Sie, habe ich etwas Falsches gesagt? Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten“, fügte die Frau betont freundlich hinzu. „Aber ich kann Ihnen versichern, Vasco hat ein großes Herz.“ Siegesgewiss lächelnd wandte sich um und ging.
Stella starrte ihr mit großen Augen hinterher. Offenbar ging diese Frau davon aus, Vascos derzeitige Geliebte zu sein. Vielleicht hatte er sie auch in einem der vielen Zimmer untergebracht und behauptete, das sei ihr spezieller Raum. Sie sah sich nach Vasco um. Er war mit einer sexy Rothaarigen im Gespräch, lachte und schien sich blendend zu amüsieren. Missmutig musterte Stella das hautenge Kleid der Rothaarigen. Ja, so sollte eine königliche Mätresse aussehen! Sie dagegen in ihrem eleganten, aber etwas
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