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Ein koestliches Spiel

Titel: Ein koestliches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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beinahe. Außerdem musste sie die anderen Herren kennenlernen, die sich um Charity bemühten.
    Sie stand am Rande von Charitys Kreis und beobachtete Lord Carradice und Mrs. Crowther auf der anderen Seite des Raumes. Dort drüben wurde viel gelacht und getrunken, und zu Prudences großem Verdruss berührten die Damen Lord Carradice ständig am Arm oder an der Hand. Und einmal wurde ihm sogar von Mrs. Crowther auf höchst vertrauliche Art und Weise das Kinn getätschelt. Es war für sie mühelos erkennbar, dass Lord Carradice und mehrere dieser Damen einmal - oder immer noch? - auf sehr intimem Fuß miteinander verkehrt hatten.
    Obwohl Prudence Mrs. Crowther und ihre Freunde nicht mochte, war sie ihr doch dankbar, dass sie sie an eine Wahrheit erinnert hatte, die sie sonst vielleicht vergessen hätte: Lord Carradice war ein geübter Charmeur und ein frivoler Leichtfuß. Frauen scharten sich um ihn, berührten ihn vertraulich, lachten mit ihm und flirteten mit ihm.
    Und er flirtete zurück. Weil er nun einmal war, was er war, mahnte sie sich streng. Sie verurteilte ihn nicht dafür, es war einfach seine Art. Er war ein Frauenheld. Und darum tat man gut daran, ihn nicht ernst zu nehmen.
    Und ihm nicht zu vertrauen.
    Gideon beobachtete, wie Prudence sich um ihre Schwester kümmerte, und lächelte insgeheim über ihr leicht gluckenhaftes Gehabe. Er hatte sie nur widerwillig ziehen lassen. Er wollte nicht, dass sie ging, aber er wollte auch nicht, dass Prudence sich mit Mrs. Crowther und ihren leichtfertigen Freunden unterhielt.
    Theresa Crowther besaß eine scharfe Zunge und ein Gespür für Klatsch; ihre Freunde hatten lockere Sitten und waren dumm. Er sah sie und Prudence nicht gerne zusammen. Widerstrebend ließ er sich von ihnen zur anderen Seite des Raumes mitnehmen und lächelte den Rest des Gespräches geistesabwesend, während er sich fragte, was er je an Theresa Crowther gefunden und ob er je diese oberflächliche, schale Gesellschaft genossen hatte.
    „Mein aufrichtiges Beileid, Carradice“, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Gideon drehte sich überrascht um. „Beileid? Für was?“
    Ein gequälter Ausdruck flog über Sir Oswalds Züge. „Für wen, denke ich, wollten Sie sagen, Carradice. Es ist einfach grausam, wie ihr jungen Leute heutzutage die Sprache verstümmelt.“ Er musterte Gideons schlichte dunkle Abendkleidung billigend. „Wenigstens haben Sie den Anstand besessen, heute Abend keine Farben zu tragen, obwohl ich natürlich Wert darauf lege, die Wünsche der Verstorbenen zu achten.“
    Gideon starrte ihn verständnislos an. Die Wünsche der Verstorbenen? Welcher Verstorbenen? Konnte es sein, dass der alte Knabe von Brummell sprach, der die Mode dunkler Abendkleidung eingeführt hatte und der kürzlich aus der guten Gesellschaft verschwunden war? „Eigentlich trage ich am Abend nie Farbe“, sagte er. „Aber er ist nicht tot, Sir Oswald. Er lebt irgendwo auf dem Kontinent, auf der Flucht vor seinen Gläubigern.“
    Sir Oswald runzelte die Stirn. „Auf der Flucht vor Gläubigem? Es gibt keinen Grund, für Leute, die wegen ihrer Schulden fliehen, Trauer zu tragen, Carradice. Oder macht man das in Wales? Verdammt seltsam, das muss ich schon sagen! “
    Völlig ahnungslos, worum es ging, beschloss Gideon, die seltsame Bemerkung über Wales einfach zu ignorieren. „Ich spreche von Beau Brummell“, sagte er.
    „Brummell? Was hat der denn damit zu tun? Warum, zum Teufel, sprechen wir von Brummell?“
    „Haben Sie nicht gesagt, er sei tot?“
    „Nein! Wirklich? Kann nicht sagen, ich sei überrascht. Unter Ausländem zu leben, ist immer riskant, das weiß ich. Habe es selbst jahrelang getan. Gut, gut, der alte Brummell, was? Was ist schuld an seinem Hinscheiden? Das Trinken, wette ich.“ Sir Oswald spitzte missbilligend die Lippen und schaute auf das Glas Champagner, das Gideon in der Hand hielt.
    Gideon, der allmählich das Gefühl bekam, als wohnte er einer Unterhaltung in Bedlam, der Anstalt für Geisteskranke, bei, erklärte vorsichtig: „Ich habe nicht gesagt, er sei tot. Soweit ich weiß, lebt er noch irgendwo auf dem Kontinent.“
    Sir Oswalds buschige weiße Augenbrauen hoben sich empört. „Das wusste ich doch selbst, Mann. Das weiß die ganze Stadt. Seit einer Ewigkeit. Was erzählen Sie mir Neuigkeiten, die so alt sind, dass sie schon Schimmel angesetzt haben?“
    Gideon leerte sein Glas und schaute sich suchend nach einem Lakai um. Er brauchte etwas Stärkeres als Champagner für dieses

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