Ein koestliches Spiel
ein verhängnisvoller Fehler.
Er schwieg kurz, dann fragte er: „Was lässt Sie denken, es sei ein Spiel?“
„Es kann nichts anderes sein“, erwiderte sie schlicht. „Sie sagen, Sie glauben meinen Versprechen. Und ich bin Phillip Otterbury versprochen.“ Sie schaute ihn an, in Erwartung, dass er endlich beherzigte, was sie sagte.
Er blieb stumm. Eine kleine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn.
Sie zog die dünne Goldkette hervor, die sie immer trug und an der ein altmodisch gearbeiteter goldener Ring mit einem dunkelroten Edelstein in der Mitte hing. „Der Verlobungsring von Phillips Urgroßmutter. Er wird in jeder Generation der ersten Braut in der Familie gegeben. Dieser Ring steht für das heilige Versprechen, das ich ihm gegeben habe, ein Versprechen, das ich nicht brechen werde, egal, wie Sie mich mit Ihren verführerischen Listen und Zärtlichkeiten bedrängen.“ Sie wurde rot und fügte hinzu: „Ich bin an Phillip auch auf andere, persönlichere Weise gebunden, aber dies ist das sichtbare Zeichen. Ich habe es viereinhalb Jahre getragen und nie abgelegt. Können Sie das verstehen, Lord Carradice?“ Sie schaute ernst zu ihm auf. „Können Sie das respektieren?“
„Ich kann es nur versuchen“, antwortete er langsam. Er lächelte schief, halb bedauernd und halb selbstironisch. „Obwohl ich gestehen muss, dass vermutlich meine alten Gewohnheiten die Oberhand behalten werden.“
Prudence seufzte zitternd. Er konnte nicht anders. Sogar seine Entschuldigungen waren verführerisch. Sie umklammerte Phillips Ring wie einen Talisman.
„Freunde?“, fragte sie entschlossen.
Er seufzte betrübt. „Na gut, Freunde. Wenn das rauskommt, wird mein Ruf dahin sein.“
Sie lächelte zittrig, und er legte sich ihre Hand in die Armbeuge.
„Unsere falsche Verlobung bleibt aber bestehen“, erklärte er, „auch wenn es außerhalb der Familie ein Geheimnis bleibt, verschwiegen wie ein Grab.“ Er zog sie durch die roten Samtvorhänge in den Alkoven.
Wie ein Grab. Seine Worte erinnerten Prudence an etwas. Sie öffnete den Mund, um ihn zu warnen und von ihrer letzten Notlüge zu erzählen - seiner angeblichen Trauer -, aber sie wurde unterbrochen.
„Lord Carradice, Sie schlimmer, schlimmer Mann - ich dachte doch, ich hätte diese göttlichen Schultern wiedererkannt! Wo haben Sie sich denn versteckt?“ Ein leichtes, sprödes Lachen und ein wissender Blick begleiteten diese Worte. Eine dunkelhaarige Frau mit einem Ausschnitt, der doppelt so tief wie Prudences war, legte ihre Hand auf seinen anderen Arm.
Er verbeugte sich sogleich, war wieder ganz unbekümmerter Charmeur. „Mrs. Crowther, Sie sehen ganz bezaubernd aus heute. Rot ist ohne Zweifel Ihre Farbe".
So viel zählten seine Komplimente also, dachte Prudence, verärgert über die Unterbrechung. Salbeigrün war ihre Farbe, Rot die von dieser Mrs. Crowther hier. Die Schmeicheleien gingen ihm viel zu leicht von der Zunge.
Lord Carradice stellte Prudence vor, und obwohl sie höflich war, hielt Mrs. Crowther sie offensichtlich für unbedeutend. Bald schon waren sie von Mrs. Crowthers Freunden umringt. Und ganz offenkundig auch Lord Carradices Freunden.
Alle Frauen waren schön oder, wenn nicht in klassischem Sinn schön, dann doch ausgesprochen attraktiv. Und erfahren. Und die Männer musterten Prudence mit gelangweilten oder abwägenden Blicken, schauten von ihr zu Lord Carradice und wieder zurück. Bei ihren überheblichen Mienen juckte es sie in den Fingern, ihnen Ohrfeigen zu geben.
„Und nun, mein lieber Carradice“, rief Mrs. Crowther, „müssen Sie mit uns kommen und eine Frage entscheiden, über die meine Freunde und ich uns einfach nicht einig werden. “
„Oh ja, bitte“, säuselte eine Dame, an deren Namen Prudence sich nicht erinnern konnte. „Sie können ausgezeichnet beurteilen, was einer Frau steht und was nicht.“
Prudence versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen.
„Sie müssen entscheiden, was schrecklicher ist: Lady Benticks alberner Turban mit so vielen Federn, dass sie wie ein Leichenwagen aussieht... “
„... oder die Cornette der Dowager Duchess mit den grünen Samtspitzen, aus denen Spitze quillt und die Gänseblümchen schmücken, dass die ganze Kreation wie ein spitzenbesetzter Berggipfel aussieht.“
„Wir haben eine Wette abgeschlossen, wissen Sie.“
„Ach bitte, Lord Carradice, gehen Sie doch“, erklärte Prudence sofort. „Ich sehe, meine Schwester winkt mir. Ich muss zu ihr.“ Das stimmte
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