Ein Komet fält vom Himmel
schon sagen: »Sternengucken muß tatsächlich das Gehirn leerblasen«, als er den Außenminister sah, der mit seinem Sekretär ebenso eilig die Treppe hinunterkam und zu seinem wartenden Wagen rannte. Herp hatte oft mit ihm zu tun gehabt, vor allem, wenn der flotte Henry Messanger wieder mit einer auffallenden Schönen aufgetaucht war. Aber heute sah er einen völlig veränderten Außenminister: aufgeregt, ohne das Pokerface, ohne die glänzende Hülle des immer gegenwärtigen Optimisten.
»Hier stinkt etwas!« sagte Herp Masters mit dem Gespür des Reporters. »Was hatte Mortonson beim Präsidenten zu suchen? In Gegenwart des Außenministers? Und warum rennen beide weg, als hätten sie Wespen in der Hose?!«
Aber es war nichts herauszubekommen. Herps beste Informanten im Weißen Haus versagten kläglich. Niemand wußte etwas. Aus Dick Garrisons nächster Umgebung schlug Herp sogar Staunen entgegen: Keiner hatte eine Ahnung, daß Mortonson bei dem Präsidenten gewesen war. Messanger hatte ihn mitgebracht unter Umgehung des üblichen Anmeldeweges.
»Es stinkt gewaltig«, sagte Masters wieder zu sich. »Läßt sich Garrison jetzt seine Politik aus den Sternen lesen?!«
Reporter sein, heißt schnell sein. Herp wählte den einzig richtigen Weg … er fuhr nach Mount Hillary. Daß Mortonson mit einer Regierungsmaschine dorthin zurückgebracht worden war, schien ein Beweis zu sein, daß hinter verschlossenen Türen etwas ausgebrütet wurde.
Am späten Abend kam Herp Masters in dem kleinen Ort Jamestown am Fuße des Mount Hillary an. Er mietete ein Zimmer im Motel, rief seine Redaktion an und berichtete, daß er sich plötzlich sehr für Astronomie interessiere. Der stellvertretende Chefredakteur nannte ihn einen Blödmann und legte auf.
In der Nacht verließ Herp Masters sein Hotelzimmer und begann den ›Sturm‹ auf den Mount Hillary. Bis ans Observatorium kam er auf der guten Autostraße heran, dann begann ein Sperrgebiet, in dem die wissenschaftlichen Institute lagen, nur zu erreichen mit Lichtbildausweisen. Herp parkte seinen Wagen auf dem Besucherparkplatz, klemmte ein zusammengerolltes Werkzeugstecktuch unter den Arm und verschwand in der Dunkelheit der Felsen und des Bergwaldes.
Es war zur gleichen Stunde, als Dr. Mortonson vom Computer die letzten Zahlen bekam: Der Komet Kohatek behielt seine Richtungsänderung bei – er raste genau auf die Erde zu.
Nikita Mironowitsch Sotow war ein hagerer, oft unhöflicher und jähzorniger Mensch, der wenig Freunde hatte, aber dessen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Astronomie so überragend waren, daß man ihm die Leitung der Forschungsstelle Nowo Kjusnow übertragen hatte. Es gab in der UdSSR keinen besseren Astronomen. Sotow wußte das, wurde noch ungenießbarer, schrieb zwei aufsehenerregende Bücher und erhielt den Lenin-Orden.
Er war deshalb ziemlich grob, als ihn sein Kollege Dr. Gustafsen anrief. Der Schwede hatte eine wahre Geduldsleistung vollbracht, denn bis man Sotow im fernen Sibirien am Apparat hatte, mußte man fünf Stunden warten. Eine Menge Stellen schalteten sich dazwischen und reichten das gewünschte Gespräch dann weiter.
Gustafsen war es klar, daß auch dieses Telefonat auf Band aufgenommen wurde, und versuchte deshalb, so vorsichtig wie möglich zu sein.
»Professor Sotow«, sagte er zögernd, »ich habe von dem Kollegen Mortonson einen Bericht erhalten. Es geht um ›Kohatek‹. Er bittet uns, die Berechnungen zu überprüfen. Vielleicht ist auch nur sein Computer defekt.«
Sotow knurrte etwas und antwortete dann laut: »Und darum rufen Sie mich an, Gustafsen? ›Kohatek‹ ist ein wahrer Glücksfall für unsere Wissenschaft.«
»Mortonson meint das Gegenteil …« Jetzt muß er's begreifen, dachte Gustafsen. Und Sotow begriff.
»Blödsinn!« sagte er grob. »War Mortonson betrunken?«
»Nein! Fassungslos.«
»Wir rechnen alles durch. Einen Gruß an das schöne Stockholm.«
Es knackte … Sibirien schwieg wieder.
Fünf Stunden später wurde Parteichef Voroucov an das Telefon gebeten. Prof. Sotow aus Nowo Kjusnow war am Apparat, und daß er Voroucov überhaupt sprechen konnte, verdankte er nur einem Umweg über genau vierzehn hohe Parteigenossen und dem Einschalten des Premierministers.
»Wackeln die Sterne?« fragte Voroucov gut gelaunt. Sotow hatte einen guten Tag erwischt. Und so antwortete er prompt:
»Jawohl. Sie wackeln nicht bloß, sie fallen vom Himmel! Am 5. Januar fällt der Komet ›Kohatek‹ auf die Erde. Das ist der
Weitere Kostenlose Bücher