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Ein Komet fält vom Himmel

Ein Komet fält vom Himmel

Titel: Ein Komet fält vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es blieb eine Tagessensation ohne großes Echo. Die Mehrzahl der Leser betrachtete Dr. Pohle sowieso als ›Spinner‹, denn wer voraussagte, daß die Welt am 5. Januar hätte untergehen sollen, mußte nicht ganz normal sein. Daß man ihn einsperrte, war nur zu natürlich, und daß nun die Presse ein solches Hallo darum machte, betrachtete man als typisch für die sonst so stillen Tage nach Neujahr, wo weder Krisen noch andere altgewohnte Belastungen wie Teuerungen oder Streit in der Regierungskoalition Stoff für einen Mehrspalten-Artikel hergaben. Mit anderen Worten: Dr. Wenzlers Publikumsaktion verpuffte noch am gleichen Abend, als die Tageszeitungen in die Mülltonnen wanderten. Wen interessiert schon ein Astronom, den man für verrückt erklärt?
    Der Chefarzt, der nach dieser Presse-Kampagne endlich auch für Dr. Wenzler zu sprechen war und keine dringenden Elektroschocks mehr vorschob, lächelte mokant, als ihm der junge Anwalt gegenübersaß.
    »Ihr Eifer, lieber Dr. Wenzler, ist fatal«, sagte er mit der Jovialität, die in dieser Situation geradezu beleidigend war. »Ihr Schuß nach vorn wurde zum Rohrkrepierer. Es steht ihnen frei, mit Dr. Pohle zu sprechen. Er fühlt sich wohl, ist in einem blendenden körperlichen Zustand, spielt mit seinen Zwillingen ›Mensch-ärgere-dich-nicht‹, was ich Ihnen übrigens auch empfehle, und hat gar nicht den Wunsch, entlassen zu werden. Was sagen Sie nun?«
    »Das glaube ich nicht«, antwortete Dr. Wenzler abweisend.
    »Bitte sprechen Sie ihn selbst. Als er am 6. Januar aus seiner Ruhigstellung aufwachte und die Welt nicht in Trümmern lag – wozu ich ihm übrigens gratulierte –, bat er darum, eine Expertise über seinen Geisteszustand zu erarbeiten. Er bat selbst darum, Herr Dr. Wenzler!« Der Chefarzt wippte mit dem Schreibtischstuhl und trommelte mit dem Bleistift auf die Schreibunterlage aus Leder. »Uns ist klar, warum er das tut. Er will es schriftlich haben, daß er normal ist. Dann will er zurückkehren an seinen Arbeitsplatz in St. Agatha und nachrechnen, warum der Komet Kohatek die Erde nicht gerammt hat. Aber das weiß man mittlerweile. Amerikanische und russische Astronomen haben die Lösung: Durch irgendeinen ungeheuren magnetischen Einfluß im Zwischenfeld von Jupiter und Mars ist der Komet plötzlich abgeschwenkt. 175 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.«
    »Ich habe es auch gelesen.« Dr. Wenzler erhob sich abrupt. »Kann ich meinen Mandanten jetzt sehen?«
    »Aber natürlich.« Der Chefarzt erhob sich gleichfalls. »Sie werden erfreut und verwundert sein, wie wohl sich Dr. Pohle fühlt.«
    Peter Pohle empfing Dr. Wenzler wie ein zufriedener Hausvater. Seine Kinder spielten in dem Krankenzimmer mit einer Eisenbahn. Erika saß zwischen den Schienen und stellte die Weichen, und niemand schien sich daran zu stören, daß das Fenster draußen vergittert war und die Tür keine Klinke hatte. Nur auf Klopfen hin kam der Pfleger, öffnete und nahm die Wünsche entgegen.
    Erschüttert ließ sich Dr. Wenzler auf das Bett fallen, als der Chefarzt gegangen war und sie allein waren.
    »Das ist doch nicht normal, Dr. Pohle«, sagte er gepreßt. »Mann, Sie sind doch nicht verrückt! Warum spielen Sie denn hier den harmlosen Irren? Ich will Sie rausholen, mache die Presse wild, und Sie spielen im Irrenhaus Eisenbahn …«
    »Mit Protesten komme ich nicht frei –«, sagte Peter Pohle leise. »Lautstarke Beschwerden würden nur zum Gegenteil führen. Ihr Presserummel hat mir mehr geschadet als genützt. Ich weiß, ich weiß … hier geschieht ein himmelschreiendes Unrecht! Kein Gesetz ist anwendbar, um mich hierzuhalten. Aber wir leben noch in einer Ausnahmesituation, das dürfen wir nicht vergessen.«
    »Wieso Ausnahmesituation? Der Komet ist nicht auf die Erde gefallen!«
    »Ich hatte gestern abend Besuch von einem Herrn der Regierung. Wer es war, das darf ich nicht sagen. Dieser Herr hat mir offiziell mitgeteilt, daß ich am 1. Februar entlassen werde.« Peter Pohle trat in den Kreis der Schiene, hockte sich nieder und richtete eine umgefallene Lok wieder auf. Erika hob hilflos die Schultern, als Dr. Wenzler sie entgeistert anstarrte. Ich habe dazu nichts mehr zu sagen, hieß das. Ich habe es mir abgewöhnt, mich jetzt noch über irgend etwas zu wundern.
    »Wieso gerade am 1. Februar?« fragte Dr. Wenzler.
    »Dann ist der Komet Kohatek aus der unmittelbaren Erdnähe wieder heraus und verschwindet in der Weite des Weltalls.« Peter Pohle ließ die

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