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Ein Komet fält vom Himmel

Ein Komet fält vom Himmel

Titel: Ein Komet fält vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gegeben hat …«
    »Wer bist du?« fragte das kleine Mädchen mit den verwaschenen Jeans. Sie stand plötzlich hinter Herp, und als er die helle Stimme so nahe an seinem Ohr hörte, fuhr er erschrocken herum. Das Mädchen lächelte ihn an und steckte die Hände in die Hosentaschen. In ihrem flachsblonden Haar wühlte der Wind, der über den Hudson strich, ein kalter, feuchter Wind, der eine Wetteränderung ankündete.
    »Ich bin niemand!« sagte Herp. »Laß mich allein.«
    »Hat man dich ausgesetzt?«
    »Wieso?«
    »Ich habe gesehen, wie du aus dem Auto gestiegen bist und der andere Mann dann sofort weitergefahren ist. Warum? Hast du was getan?«
    »Ich habe einen Zeitungsartikel geschrieben, weiter nichts.«
    »Und das ist so böse?«
    Herp Masters blickte das Kind an. Es hatte helle, blaue Augen und sprach ein merkwürdiges Englisch. Jeden Satz dachte es durch, als müsse es ihn erst aus einer anderen Sprache übersetzen, ehe es ihn aussprach.
    »Wo kommst du her?« fragte er und spürte die feuchtnasse Kälte durch seine Kleidung dringen.
    »Aus Schweden. Mein Vater hat ein Schiff. Das da drüben. Wir haben Weizen geladen.«
    »Wie heißt du?«
    »Elgard. Elgard Bordson.«
    »Laß mich allein, Elgard.«
    »Komm mit aufs Schiff«, sagte die Kleine. »Du frierst, ich sehe es. Papa wird dir einen Grog machen. Hast du keine Arbeit?«
    »Nein.« Herp Masters stierte in den schmutzigen Hudson. Ich werde nirgendwo mehr Arbeit bekommen, dachte er. Überall, wo ich hinkomme, werden sie mich wortlos totschlagen. Ich bin der vogelfreieste Mensch, den es je gegeben hat. Wer mich umbringt, wird ein Held sein. »Für mich gibt es keine Arbeit mehr.«
    »Bei uns auf dem Schiff brauchen wir noch einen Schauermann. Bist du stark?«
    »Ich glaube.«
    »Komm mit. Wie heißt du denn?«
    »Herpi.«
    »Herpi? Ein lustiger Name. Bist du lustig?«
    »Früher ja.«
    »Jetzt nicht mehr, Herpi?«
    »Nein.«
    »Weil du keine Arbeit mehr hast?«
    »Vielleicht!« Masters erhob sich von dem eisernen Poller. Warum nicht nach Schweden, dachte er. Hinüber zum Alten Kontinent. Dort kennt mich niemand und will mir keiner ans Leder. »Das alles ist eine lange Geschichte, Elgard.«
    »Erzählst du sie mir?«
    »Vielleicht.« Er streichelte ihr struppiges blondes Haar und sah hinüber zu dem massigen Frachtschiff. »Gehen wir …«
    Sven Bordson war ein Seemann, wie man sich einen Seemann vorstellt. Er trug einen Kinnbart, seine Augen lagen zwischen Tausenden Falten, er hatte breite Schultern und war jünger, als er aussah. Daß seine kleine Elgard einen aufgelesenen Strolch mitbrachte, war er gewöhnt … sie gabelte immer solche im Hafen herumsitzenden Typen auf und brachte sie an Bord. Meistens flogen sie dann schnell wieder an Land, aber das kümmerte Elgard wenig. Sie hatte einen angeborenen sozialen Sinn, der nicht wegzureden war.
    So begrüßte Sven Bordson denn auch Herp Masters mit deutlicher Zurückhaltung, auch wenn er sah, daß seine kleine Tochter dieses Mal keinen Herumlungerer aufgelesen hatte. Er gab ihm nicht die Hand, sondern musterte ihn ausdauernd.
    »Es war nicht meine Idee«, sagte Herp Masters entschuldigend. »Elgard überredete mich dazu. Ich gehe sofort wieder und bitte Sie nur, mich nicht gleich zu erschlagen.«
    »Warum erschlagen?«
    »Haben Sie Fernsehen an Bord?«
    »Natürlich.«
    »Dann werden Sie es gleich verstehen.«
    »Wie heißen Sie?« fragte Sven Bordson heiser. Masters sah, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten. Zwei dicke Hämmer, die seinen Kopf wie eine Eierschale zerdrücken konnten.
    »Ich bin Herp Masters – – –«, sagte er tief aufatmend.
    »Herp – Masters – – –« Sven Bordson senkte den Kopf und drückte das Kinn an. »Sie?!«
    »Ja. Schlagen Sie zu.«
    »Kommen Sie unter Deck.« Sven Bordson zeigte auf eine Mahagonitür. »Meine Kabine. Weiß man, daß Sie bei mir an Bord sind?«
    »Nein, Elgard hat mich aufgelesen, als ich der einsamste Mann auf der Welt war.«
    »Gut so. Gehen wir hinunter. Ich braue Ihnen einen strammen Grog … Sie haben ihn nötig …«
    Die Wärme tat gut. Noch besser war der starke Grog, den Sven Bordson auf dem Gasherd fabrizierte und von dem Herp Masters drei Gläser trank. Beim vierten Glas legte Bordson seine breite Hand über den Rand.
    »Sie fallen mir um, wenn Sie so weitersaufen«, sagte er. »Mann, Sie haben Amerika vernichtet. Ich habe es vom Schiff aus erlebt. Und ein paar Stunden lang habe ich selbst daran geglaubt, daß alles zu Ende geht. Zum

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