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Ein Komet fält vom Himmel

Ein Komet fält vom Himmel

Titel: Ein Komet fält vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Chefarzt mit sich überschlagender Stimme die ›ungeheuren Vorgänge‹ geschildert und darauf hingewiesen hatte, daß die Regierung das größte Interesse … zur Sicherung des Staates … zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung … Dann gingen dem Professor die Worte aus.
    Dr. Hancke – so stellte sich der Staatsanwalt vor – hatte auch noch Beamte des ›Sonderdezernats Kom.‹ mitgebracht (was sinnigerweise ›Komet‹ hieß), die nun im Flur untätig herumstanden. Er setzte sich auf Dr. Pohles ehemaliges Klinikbett und bot reihum Zigaretten an. Er war ein kleiner, dicker Mann mit ebenso dicker Hornbrille, sah gemütlich und geradezu humorvoll aus und gab sich auch in dieser gefährlichen Jovialität. Dr. Wenzler ließ sich nicht täuschen.
    »Sie wurden also von Dr. Pohle überfallen, gefesselt und geknebelt, als Sie in anwaltlicher Absicht zu ihm ins Zimmer kamen?« rekapitulierte Dr. Hancke.
    »Ja«, erwiderte Dr. Wenzler.
    »Frau Pohle hat dem allen zugesehen und ihren Mann nicht gehindert?«
    »Nein!« sagte Erika laut. »Sollte ich das? Mein Mann wollte heraus aus dieser Klinik, die ihn unrechtmäßig festhält!«
    »Auf Empfehlung der Regierung!« schrie der Chefarzt. »Ich habe einen vertraulichen Brief des Innenministeriums bekommen. Auch eine Rückendeckung durch den Landesjustizminister habe ich! Man kann die Schreiben in meinem Zimmer einsehen.«
    »Ich weiß.« Der Staatsanwalt winkte ab. »Es geht mir darum, zunächst den Tathergang zu rekonstruieren. Daß Sie, gnädige Frau, Ihrem Mann nicht in den Arm fielen, ist klar. Das Bewußtsein, mitschuldig an einer strafbaren Handlung zu werden, ist Ihnen gar nicht gekommen.«
    »Natürlich nicht!« sagte Dr. Wenzler schnell. Die goldene Brücke, die Dr. Hancke damit für Erika baute, war klar.
    »Aber Sie, Dr. Wenzler!« Der Staatsanwalt betrachtete den Anwalt durch seine dicke Hornbrille. »Sie haben sich so einfach überwältigen lassen. Bei Ihrer sportlichen Konstitution! Bei diesen Muskeln!«
    »Sie wissen, Herr Staatsanwalt, welche Kräfte ein Verzweifelter mobilisieren kann.«
    »Verzweifelter? Irrer!« warf der Professor ein. Er war vor Wut rot wie ein Puter bei der Balz.
    »Lassen wir das.« Dr. Hancke winkte wieder jovial ab. »Was mir nicht in den Kopf will, Dr. Wenzler: Sie haben Ihre Haare noch.«
    »Natürlich.«
    »So natürlich ist das nicht. Dr. Pohle müßte Sie skalpiert haben, denn er ist mit Ihren schwarzen Locken durch alle Kontrollen marschiert.«
    »Tatsächlich!« Dr. Wenzler tat sehr betroffen.
    »Ein wahres Wunder!« Dr. Hancke grinste. »Gut. Er hat Ihren Anzug genommen, Ihr Hemd, Ihren Schlips, sogar Ihre Schuhe und Socken … waren Sie so völlig wehrlos?«
    »Bewußtlos.«
    »Aha! Aber Ihre Haare …« Dr. Hancke saugte an seiner Zigarette. »Dr. Pohle hatte also eine Perücke! Wie kommt eine Ihren Haaren so täuschend ähnliche Perücke in eine psychiatrische Klinik, in ein Zimmer ohne Klinke, mit vergitterten Fenstern im zweiten Stock?! Sage ich nicht: ein Wunder?!«
    »Es ist unerklärlich«, meinte Dr. Wenzler wieder. »Haben Sie dafür eine Erklärung, Herr Professor?«
    Der Chefarzt bebte vor Zorn. »Sie haben die Perücke mitgebracht, Sie!« schrie er. »Ein abgekartetes Spiel! Weiter nichts!«
    »Herr Staatsanwalt, ich verwahre mich gegen diese infamen Beschuldigungen!« sagte Dr. Wenzler kalt. »Ich bin Anwalt, kein Ganove! Ist es nötig, daß der Herr Professor bei dieser Unterhaltung zugegen sein muß?«
    Der Chefarzt holte tief Luft. Dr. Hancke nickte kurz.
    »Ja! Er ist der Hausherr! Man hat ihm einen Patienten entführt, nicht mir! Machen wir weiter: Die Haarpracht aus schwarzen Locken! Gnädige Frau, haben Sie dazu etwas zu sagen?«
    »Nein!« Erika Pohle hob die schmalen Schultern. »Die Haare waren plötzlich auf seinem Kopf.«
    »Natürlich! Vielleicht hat sie der Komet Kohatek abgeworfen, als er vorübersauste«, versuchte Dr. Hancke zu witzeln. »Kohatek ist ja für so vieles verantwortlich gemacht worden, für Unglücksfälle, Sturmfluten, Flugzeugabstürze, Ölkrise und verwirrte Gehirne der Politiker … warum soll er keine Perücke heruntergeworfen haben? Wunder gibt es immer wieder … schönes Lied, nie aktueller als jetzt!« Und plötzlich war seine Stimme hart, die Frage wurde abgeschossen wie eine Granate und schlug ein: »Wo ist Dr. Pohle hin?!«
    Erika zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Aber Dr. Wenzler war geistesgegenwärtig, er beherrschte sofort wieder die Situation, die

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