Ein Komet fält vom Himmel
Dr. Pohle an sich, als er die Gangway herunterstolperte.
»Willkommen, Sie Untergangsexperte!« lachte Gustafsen. »Morgen geben die Kollegen für Sie ein rauschendes Fest. Übrigens das erste seit dem 5. Januar, der Wiedergeburt unserer alten Erde.«
»Fängt der Scheißdreck jetzt auch hier an?« sagte Dr. Pohle leise. Gustafsen schüttelte den Kopf.
»Seien Sie kein Kohatekgeschädigter, Peter! Mortonson, Sotow, Sie und alle anderen hatten ja recht: Der Komet war auf Kollisionskurs mit der Erde, alle Berechnungen stimmten … aber dann machte der dicke Knabe einen Schwenker, den niemand ahnen konnte, kam wieder auf seine alte Bahn und sauste brav an uns vorbei. Die Welt war ihrem Untergang noch nie so nah gewesen wie am 5. Januar: Doch das wollen wir vergessen und nie mehr darüber sprechen …«
In New York kam man nicht weiter. Lil Abbot war aus Hack's Hotel ausgezogen und hatte sich ein kleines Apartment in einem modernen Wohnhochhaus gemietet.
Herp Masters schien wirklich nicht mehr in den USA zu sein, ihre Anzeige vom ›Baum in Alabama‹ blieb ohne Echo. Der Funkspruch über Kurzwelle war also kein Bluff gewesen: Herp war in Sicherheit, irgendwo außerhalb der Grenzen; vielleicht wirklich in Kanada, wo er sich in die Weite des Landes verloren hatte oder in einer der Großstädte lebte, anonym in der Masse, nie zu erkennen.
In Amerika begann das große Aufräumen nach dem Chaos, das aus Angst, Schrecken, Gesetzlosigkeit und Flucht entstanden war. Die Schäden schnellten in Milliardenhöhen. Nicht einer gab zu, den Verstand verloren zu haben aus Angst um sein Leben: Alles wurde auf Herp Masters und seinen Artikel geschoben. Der Reporter wurde das amerikanische Synonym für Chaos: Masters'sche Zustände.
Wovon er immer geträumt hatte, war eingetreten, nur in veränderter, unrühmlicher Form: Er war der bekannteste Mann Amerikas geworden. Der Inbegriff eines zerstörerischen Journalismus!
»Der Mann ist tot, wo immer er jetzt auch lebt«, sagte man im Hauptquartier des FBI in Washington. Für die Regierung war er es schon längst: Messanger saß schon wieder an einem der vielen Verhandlungstische, an denen man internationale Krisen zu lösen hoffte … wer waren da noch Herp Masters oder Dr. Pohle?
Herp Masters arbeitete auf dem schwedischen Schiff an einer neuen Artikelserie, wenn er nicht gerade mit der kleinen Elgard spielen mußte oder mit dem Kapitän über dem Schachbrett brütete.
»Glauben Sie, daß diese Artikelreihe jemand lesen wird?« fragte Sven Bordson einmal, als er ein paar Manuskriptblätter überflogen hatte.
»Nein!« sagte Herp.
»Und warum schreiben Sie sie dann?«
»Um mich vor mir selbst zu rechtfertigen, Sven.«
»Haben Sie das nötig?«
»Ja.«
Herp raffte die Manuskriptseiten zusammen. »Hätte mich Elgard am Hafen nicht aufgelesen – ich hätte mir eine halbe Stunde später das Leben genommen. Ich war soweit! Aber jetzt will ich leben! Verdammt, ich will leben! Ich habe eine Aufgabe!«
»Was für eine, Herp?«
»Die Menschen aus ihrer Gleichgültigkeit zu reißen!«
»Das schaffen Sie nie, Herp! Suchen Sie sich eine Stelle als Reporter, lassen Sie Ihre Lil nachkommen und nehmen Sie das Leben so, wie es ist.« Sven Bordson baute die Schachfiguren wieder auf. »Jeder, der die Welt verändern wollte, ist bisher gescheitert. Andere Männer als Sie, Herp. Was sind Sie denn? Sie sind doch nur ein ganz kleiner Scheißer!« Er machte den ersten Schachzug. »Sie sind dran, Herp. Ich prophezeie Ihnen: Nach sieben Zügen sind Sie matt …«
Sven Bordson gewann schon in fünf Zügen … Herp spielte ohne Konzentration und setzte seine Figuren wie ein Anfänger. Bordson schob das Schachbrett weg.
»Es hat keinen Sinn! Sie spielen stümperhaft. Woran denken Sie?«
»An Lil! Sie haben eben Lil erwähnt … sie weiß nicht, wo ich bin.«
»Sie weiß, daß Sie in Sicherheit sind.«
»Aber wo!«
»Wenn sie das weiß, sind Sie nicht mehr in Sicherheit«, sagte Bordson trocken. »Sie wird doch überwacht. Das haben Sie selbst gesagt.«
»Kann man nicht funken: Herp ist in Europa? Europa ist groß. Ich könnte mit einem Flugzeug schon zehnmal drüben sein …«
»Und haben dort gleich einen Funkamateur gefunden, der solche Nachrichten in die Welt schickt …«
»Warum nicht?«
»Halten Sie Ihr FBI für einen Verein von Schwachköpfen?«
»Wenn sie bis jetzt nicht auf den Gedanken gekommen sind, daß ich ein Schiff hätte nehmen können …«
»Warten Sie's ab, Herp. Noch
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