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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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absoluter Vertrauensposten ist das und läßt vermuten, daß der Mann ein linientreuer Kommunist ist. Warum ging er zu Larissa? Freunde, behaltet diesen Burschen im Auge. Schnell hat man einen Dorn im Fleisch.«
    Er hängte den Hörer ein, lief zurück auf seine Station und machte sich in der Nähe von Larissas Sprechzimmer zu schaffen. Der fremde Bursche war noch immer bei ihr. Der Professor hörte ihr Sprechen als Gemurmel durch die Tür, und um eine Berechtigung zu haben, im Vorraum zu sein, begann er mit einem feuchten Lappen die Bänke zu reinigen; er wusch sogar die Tür ab.
    Nach etwa einer halben Stunde hielt er es nicht mehr aus, klopfte und trat in die Ordination. Abukow sagte gerade: »… deshalb habe ich das Kommando zur Verpflegungsbrigade bekommen, so kann es einem gehen …« Dem Professor klang das sehr verdächtig, dabei erzählte Abukow nur von dem freundlichen Amtsarzt in Tjumen, der aus der gleichen Heimatstadt stammte und ihm mit der Zuweisung zur Verpflegungsbrigade ganz persönlich etwas Gutes tun wollte.
    »Bett 29 hat Blut im Stuhl!« sagte der Professor und warf einen schnellen Blick auf Abukow. Der saß im Sessel, trank tatsächlich ein Gläschen Walderdbeersaft und rauchte eine Papyrossi.
    Larissa blickte den Professor verblüfft an, denn Bett 29 hatte einen Beinbruch und gehörte zu Dshubans Patienten.
    Dann nickte sie unmerklich, kam vor die Tür und schüttelte den Kopf. »Keine Sorge«, flüsterte sie schnell. »Ein harmloser Junge.«
    »Man weiß es nicht, Larissaschka. Er ist noch nicht durchleuchtet.«
    »Ich bin gerade dabei.«
    »Wir werden ihn nicht aus den Augen lassen. Sei vorsichtig …«
    Er nahm seinen Lappen, blinzelte der Ärztin zu und verließ den Vorraum von Larissas Ordination. Die Tschakowskaja kehrte ins Zimmer zurück und setzte sich wieder.
    »Haben Sie schon mal von Professor Polewoi gehört, Victor Juwanowitsch?« fragte sie.
    »Mir unbekannt«, antwortete Abukow ehrlich.
    »Georgi Wadimowitsch Polewoi gehört zu den bekanntesten Kybernetikern der Sowjetunion. Der Mann eben – das war er.«
    »Als Hospitalgehilfe?«
    »451/1 ist eine Art Prominentenlager. Eine Menge berühmter Leute haben wir hier. Sogar ein ehemaliger General ist darunter, Fjodor Tkatschew.« Sie beugte sich zu Abukow vor. »Erzählen Sie weiter aus Ihrem Leben, Victor.«
    »Es interessiert Sie, Genossin Chefärztin?«
    »Sehr.«
    »Warum?«
    »Mustai Jemilianowitsch mag Sie, Sie sind sein Freund … sehr selten ist das. Sie können es nicht wissen: Mustai hat keine Freunde. Gott und alle Welt kennt er, und doch ist er einsam.«
    »Erwähnten Sie eben Gott, Genossin?« Es war eine leicht hingeworfene Frage. Die Tschakowskaja saß aufrecht, um ihren Mund kam ein scharfer Zug. Ganz schmal und eng wurden ihre Lippen.
    »Eine Redensart bloß … Sie kennen sie doch … Man sagt es so daher. Nichts von Bedeutung …«
    Von dieser Stelle an versandete die Unterhaltung merkbar. Abukow erhob sich schließlich, bedankte sich für den Erdbeersaft und verließ das Hospital. Auf dem großen Platz fegte ein Häftling mit einem Reisigbesen Papierstückchen und Zigarettenkippen zusammen. Es war der ehemalige Schriftsteller Miron Arikin. Als Abukow zehn Schritte an ihm vorbeigegangen war, schulterte er den Besen und trottete hinter dem Neuen her.
    Pjotrs allein gelassene Gemeinde fühlte sich bedroht.
    Mirmuchsin hatte die Produktion seiner Limonade aufgenommen. Da solche Braukunst nach Mustais fester Überzeugung zu den bestgehüteten Geheimnissen gehörte, hatte er den Schuppen hinter dem Magazin nicht nur verschlossen, sondern von innen sogar mit einem dicken Eichenholzknebel verriegelt. Wollte man den Limonadebrauer sprechen, mußte man erst durch die Tür mit ihm verhandeln. Meistens sagte er dann grob: »Scher dich weg, du lästige Laus! Du Lump willst mir nur meine wertvolle Zeit stehlen.« – Dann hörte man Klappern aus dem Inneren des Schuppens, das helle Klirren von Töpfen und anderem metallenem Gerät, und wer an dem verhängten Fenster schnupperte, roch einen Fruchtduft, der durchaus nicht übel war.
    Selbst der fette Magazinverwalter Gribow hatte keine Erlaubnis, Mustais Werkstatt zu betreten. Aber er war der erste, der ein Pröbchen der neuen Limonade zu schmecken bekam. Er rollte den Schluck im Gaumen herum, als verkoste er einen wertvollen grusinischen Wein, zog den Saft durch die Zähne und spülte die Zunge darin, ehe er ihn hinunterschluckte und begeistert sagte: »Gut. Sehr gut, Mustai,

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