Ein Kuss unter dem Mistelzweig
Tag, als sie in unsere Band gekommen ist … Drei lange Monate unerwiderter Liebe. Aber heute ist wohl die Nacht aller Nächte, wie sie mir im Rausgehen erklärt hat. Wer weiß, vielleicht ist sie das.« Jay hob die Hände. »Obwohl ich ehrlich gesagt glaube, dass Harley ziemlich Angst vor ihr hat. Gott sei Dank ist sie nicht mein Typ.«
Rachel nippte an ihrem Rum. Nachdem sie nun ausgegangen waren, fühlte sie sich hier in Jays Wohnung wie ein anderer Mensch, viel jünger. Die Last ihrer Verantwortung hatte sie während des Abends einmal ablegen können und somit Platz für eine Person geschaffen, deren Existenz sie fast vergessen hatte. »Und wie genau sieht dein Typ Frau aus?«, fragte Rachel, ermutigt durch Jays Offenheit und den Rum. Sie beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab und legte die Hand unter ihr Kinn.
»Na ja«, zögerte er und sah Rachel an, den Hauch eines Lächelns auf den Lippen. »Das ist leicht. Sie sollte lustig, lebhaft, ausgelassen und hübsch sein. Und sie sollte so viel Grips haben, dass sie mich auf Trab halten kann.«
»Und diese Frau«, Rachel neigte den Kopf und dachte über das nach, was er gerade gesagt hatte, »wo willst du sie finden?«
»Wo?« Jay lehnte sich auf seinem Holzstuhl zurück und spielte an dem Glas herum, das vor ihm stand. »Ich habe sie bereits gefunden, Rachel. Da musste ich nicht lange suchen.«
Der Blick seiner dunklen Augen ruhte auf ihr, und es wurde still zwischen ihnen.
Rachel wendete den Blick ab, griff nach ihrem Glas und trank den letzten Schluck Rum in einem Zug aus. Doch sie verschluckte sich an dem Alkohol, und als sie versuchte, wieder Luft zu bekommen, erlitt sie einen schlimmen Hustenanfall. Oh Gott, stöhnte sie innerlich, als sie an Aiden und ihre Kinder denken musste, die oben schliefen. Ich hätte nie herkommen dürfen! Ihre Wangen brannten. Als sie immer noch prustete, stand Jay auf, kam zu ihr und legte sanft seine Hand auf ihre Schulter. »Alles in Ordnung? Willst du Wasser haben?« Allmählich ließ der Husten nach.
»Ja. Entschuldigung«, erwiderte sie. Ihre Lungen füllten sich wieder mit Luft, und sie beruhigte sich allmählich wieder, während sie sich mit der Hand Luft zufächelte, um ihre heißen Wangen zu kühlen. »Ich bin einfach keinen Rum gewöhnt«, lachte sie nervös. Jays Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, und sie konnte die Hitze spüren, die sein Körper ausstrahlte. Jetzt warf er ihr einen weiteren besorgten Blick zu, ob sie sich auch wirklich erholt hatte.
Ich bin schon zu lange raus aus diesem Spiel, dachte sie, als Jay zu seinem Stuhl zurückkehrte. Ich bin ja so naiv!
Jay war der Erste, der das Schweigen beendete. »Der haut ganz schön rein, was?«, stellte er fest und hielt lächelnd die Flasche hoch. »Jedenfalls«, fuhr er fort, als wolle er unter das vorherige Gespräch einen Schlussstrich ziehen, »war es noch die leichteste Übung, sie kennenzulernen, wie sich herausstellen sollte. Es war bedeutend schwieriger, dass es auch funktioniert. Was es aber nicht tut, das weiß ich jetzt. Das ist mir sogar schon seit einigen Wochen klar.«
Wochen. Rachel ließ dieses Wort erst einmal sacken. Wochen – damit war sie aus dem Schneider. Durchatmen! Langsam kehrte ihr Lächeln zurück.
»Warum glaubst du das?«
»Weil sie sich sehr eindeutig verhalten hat, als wir zusammen waren – wir sind nämlich im Sommer ein paar Mal miteinander ausgegangen. Aber es hat eben nicht funktioniert.«
»Was ist passiert?«
»Ich wollte bei ihr einfach nicht an zweiter Stelle stehen.«
»An zweiter Stelle? Was stand denn an erster Stelle?«
»Ihre Arbeit. Was ich ja auch respektiere … Immerhin fand ich es ja toll, dass sie sich ihrer Arbeit mit einer solchen Leidenschaft widmet. Mir ist jedoch klar geworden, dass ich eine richtige Beziehung mit ihr will – das volle Programm, Tag und Nacht, gute Laune, schlechte Laune, gemeinsame Urlaube. Ich will nicht nur ab und an mal ein Date, wenn sie gerade zufällig einen Abend frei hat und es bei der Arbeit gut läuft.«
»Verständlich. Aber mit der Zeit wird sie vielleicht …«
»Vielleicht«, unterbrach Jay sie. »Aber sie hat mir ihre Gefühle für mich ziemlich klar und deutlich mitgeteilt, und ich muss einfach darüber hinwegkommen. Wahrscheinlich hätten wir einander ohnehin in den Wahnsinn getrieben. Sie ist nämlich nicht gerade die Pflegeleichteste …« Er grinste. »Aber es fällt einem auch schwer, sie zu vergessen. Sie bringt
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