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Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Titel: Ein Kuss unter dem Mistelzweig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abby Clements
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hatte, war sie noch der Meinung gewesen, dass der Tag nicht viel schlimmer werden könnte. Denn anstatt wie erhofft die Brandflecken zu überdecken, hatte sie die schwarzen Rußflecken nur zu einem Grauton abgeschwächt und dabei alles sogar noch schlimmer gemacht. Als sie jedoch die alten Kleidungsstücke in die Müllsäcke stopfte, dämmerte ihr, dass sie einen völlig neuen Tiefpunkt erreicht hatte.
    Joyce war die älteste Dame im Saal und hatte kurzgeschnittenes graues Haar und rosafarbene Wangen. Sie drehte sich zu Laurie um. »Wir haben seit September Kleiderspenden gesammelt. Jetzt schicken wir die guten Qualitätsmäntel an die Winter Warmers, das ist der hiesige Wohltätigkeitsverein«, erklärte Joyce und hob eine rote Daunenjacke hoch. »Der verteilt warme Sachen an Obdachlosenheime in Leeds. Alles, was Risse oder Flecken hat oder ungeeignet ist, kommt weg. Das können Sie heute sortieren. Die aussortierten Kleidungsstücke kommen hinten in den großen Schrank«, fuhr sie fort. »Wenn dann genug zusammengekommen ist, verkaufen wir alles an den Lumpensammler.« Lauries Laune sank noch tiefer. Diana hatte dafür gesorgt, dass sie den schlimmsten Job von allen bekam – aus reiner Boshaftigkeit, da war sich Laurie sicher.
    Interessieren Sie sich für Mode , hatte die Anzeige doch gefragt, oder? Wenn es hier nicht um ein gutes Werk ginge, hätte Laurie nicht übel Lust gehabt, Diana und die anderen Frauen wegen falscher Werbeversprechen anzuzeigen. Während sie nun also alte Sweatshirts und zerrissene Jeans aussortierte, die für eine Weitergabe nicht gut genug waren, und diese in Mülltüten packte, hörte sie den Frauen zu, wie diese sich über einen Weihnachts-Bauerntanz unterhielten. (Ein Bauerntanz? Gerade, als Laurie gedacht hatte, dass Skipley kulturell nicht tiefer sinken konnte, nun das …)
    Als Laurie drei Müllsäcke gefüllt hatte, musste sie gähnen. »Wer hat Lust auf eine Tasse Tee?«, fragte sie.
    Eigentlich hatte sie schon fast mit einer frostigen Antwort gerechnet, doch viele der Frauen schauten sie eher an, als hätte sie ihnen den Tag gerettet.
    »Das Café ist eröffnet!«, verkündete Laurie aus der Küche. Nacheinander erhoben sich die Frauen von den Stühlen und kamen zu ihr herüber. Laurie hatte eine große rote Kanne Tee gekocht und den Karottenkuchen in Stücke geschnitten, den sie in der Bäckerei gekauft hatte. Sie schenkte den Tee in Becher ein und reichte diese den Frauen, die sie dankbar entgegennahmen. Als sie sich selbst eine Tasse gönnte, entdeckte sie in der Küchenecke ein kleines Radio. Sie beugte sich vor und drehte an dem Knopf herum, um das nicht-digitale Gerät zu verstehen.
    Plötzlich ertönte » I Wanna Dance With Somebody«, und überrascht stellte Laurie fest, dass sogar Joyce mit dem Fuß wippte, während sie ihren Tee trank. »Das Lied habe ich schon immer gemocht«, erklärte sie und ignorierte Dianas missbilligenden Blick. Pam, die Dame im fuchsienfarbigen Oberteil, summte mit, obwohl sie den Mund voll Kuchen hatte.
    Von da an ließen sie das Radio bei der Arbeit laufen. Nach ein paar Stunden bekam Laurie eine Arbeit zugewiesen, die sie wie eine »Beförderung« empfand: Sie durfte die noch ordentlichen Mäntel und Wollpullis nach Herren- und Damenbekleidung sortieren.
    »Sie sind also gerade erst hergezogen?«, fragte Joyce sie recht leise, während die anderen in eine Unterhaltung über die Fernsehsendung Strictly Come Dancing vertieft waren. Laurie schüttelte den Kopf. »Ich mache hier nur Urlaub und wohne so lange im Haus meiner Freundin Rachel.«
    »Rachel …« Joyce sah aus, als suche sie nach einem Gesicht, das sie dem Namen zuordnen konnte. »Ach ja, Beas Schwiegertochter. Nettes Mädchen. Ganz liebe Kinder.« Joyce lächelte. »Bea ist eine tolle Frau, sie hat ein großes Herz, ja, das hat sie. Sie wäre jetzt auch hier, wenn sie nicht krank wäre. Schrecklich, diese Angst, wir denken alle an sie.«
    »Rachel und ihre Familie wohnen in London in meiner Wohnung, damit sie sich um sie kümmern können«, erklärte Laurie. Sie verspürte einen Anflug von Heimweh, als sie an Goldhawk Mansions dachte, an ihre Wohnung und an Siobhan.
    »Oh, das ist prima, nicht wahr? Ach, es ist beinahe vier Uhr. Dann wird der Typ vom Wohltätigkeitsverband gleich hier sein, um die Kleidungsstücke abzuholen. Laurie, Sie bringen die schwarzen Säcke nach hinten, währenddessen machen wir das hier fertig.« Laurie packte die Säcke und trug sie nach hinten in einen

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