Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
Gut gemacht, gratulierte sie sich insgeheim, während Max brummig nachgab. „Außerdem werden wir auch das ‚New York Strip‘ und das Filet beibehalten.“ Sie fühlte, dass er besänftigt war, deshalb fügte sie schnell hinzu: „Wir werden natürlich auch das einfache gebratene Hähnchen auf der Speisekarte lassen, mit Kartoffeln oder Reis sowie mit dem Tagesgemüse, doch zusätzlich werden wir noch ‚Gepresste Ente‘ anbieten.“
„‚Gepresste Ente‘?“, rief Max. „Wie haben niemanden, der dieses Gericht richtig zubereiten kann.“
„Deshalb habe ich ja jemanden eingestellt, der es beherrscht.“
„Sie wollen jemanden in meine Küche bringen, nur für dieses Ge richt?“
„Ich werde jemanden in ‚meine‘ Küche bringen“, korrigierte June, „der dieses Gericht zubereiten kann sowie den Lammbraten und einige andere Gerichte. Er verlässt seinen augenblicklichen Posten in Chicago, weil er mich kennt und meinem Urteil vertraut. Sie könnten sich langsam daran gewöhnen, das auch zu tun.“
Sie begann, die Papiere auf ihrem Schreibtisch zu sortieren. „Das ist alles für heute, Max. Sehen Sie sich diese Notizen bitte an.“ Sie reichte ihm einige Papiere. „Wenn Sie Vorschläge haben, schreiben Sie sie bitte auf.“ Sie beugte sich über ihre Arbeit, als er ohne ein weiteres Wort den Raum verließ.
Vielleicht hätte sie nicht so grob zu Max sein sollen. June verstand, dass seine Gefühle verletzt waren. Ich hätte ein wenig freundlicher sein sollen, dachte sie und rieb sich die Schläfen. Dann stützte sie die Ellbogen auf den Tisch und ließ den Kopf in die Hände sinken.
Der neue Tag war angebrochen. Jetzt musste June sich mit den Konsequenzen auseinandersetzen. Sie hatte eine ihrer Grundregeln gebrochen. Eigentlich sollte sie bloß mit der Schulter zucken und sich sagen, dass Regeln nun einmal dafür gemacht waren, gebrochen zu werden, aber … Es störte sie viel mehr, dass es nicht der Bruch dieser Regel war, der sie so beunruhigte. Einen viel wichtigeren Grundsatz hatte sie außer Acht gelassen, nämlich den, niemanden, der ihr wirklich wichtig war, zu nahe an sich herankommen zu lassen. Blake konnte für sie sehr wichtig werden, wenn sie sich jetzt nicht an ihre selbst aufgestellten Regeln hielt.
Sie trank noch eine Tasse Kaffee und wünschte, sie hätte eine Aspirintablette, dann ging sie im Geiste noch einmal den vergangenen Abend durch. Sie war sicher, dass sie unbeteiligt genug gewirkt hatte. Und sie hatte auch deutlich gemacht, dass ihr nichts an einer festen Bindung lag. Aber als Blake sie geliebt hatte, hatten sich all ihre Worte in Rauch aufgelöst, waren nicht mehr wichtig gewesen. Sie schüttelte den Kopf. Am Morgen beim Aufwachen war zwischen ihnen gar keine Verlegenheit aufgekommen. Sie waren zwei erwachsene Menschen, die sich auf einen Arbeitstag vorbereiteten, und ihr war das recht so.
Zu oft hatte sie erlebt, wie ihre Mutter am Anfang einer Affäre gestrahlt hatte und überschäumend glücklich gewesen war. Dieser Mann, das war der richtige, er war der aufregendste, der am meisten um sie besorgte und poetischste Mann überhaupt. Bis der Glanz dann nachließ. June glaubte daran, dass das Leben eine ganze Menge einfacher wurde, wenn man nicht so überschäumend glücklich war, denn dann würde auch der Schmerz nicht so groß sein, wenn alles vorbei war.
Und dennoch verlangte sie noch immer nach ihm.
Es klopfte an der Tür. Dann steckte ein Mitarbeiter aus der Küche den Kopf durch die Tür. „Miss Lyndon, Mr. Cocharan möchte Sie in seinem Büro sprechen.“
June nahm noch einen Schluck von ihrem Kaffee. „Wann?“
„So fort.“
Sie zog die Augenbraue hoch. Niemand befahl ihr, sofort zu ihm zu kommen. „Verstehe“, entgegnete sie mit einem eisigen Lächeln. „Danke.“
Als die Tür wieder geschlossen wurde, blieb sie einen Augenblick bewegungslos sitzen. Dies hier war ihre Arbeitszeit, überlegte sie, und sie hatte einen Vertrag. Es war verständlich und gerechtfertigt, dass er sie in sein Büro bat, sie musste das akzeptieren. Aber sie war noch immer June Lyndon, sie würde nicht sofort aufspringen und zu ihm laufen.
Die nächste Viertelstunde beschäftigte sie sich angelegentlich mit ihren Papieren. Danach ging sie langsam in die Küche, nahm sich noch Zeit, um zu kontrollieren, was gekocht wurde, und ging dann zum Aufzug.
„Mr. Cocharan möchte mich sprechen“, erklärte sie der Sekretärin, als sie oben angekommen war.
„Ja, Miss Lyndon, Sie sollen
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