Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
gleich durchgehen. Er wartet schon.“
Ein wenig unsicher geworden, klopfte June an die Tür zu Blakes Büro, dann öffnete sie die Tür. „Guten Morgen, Blake.“
Er legte die Akte, die er in der Hand gehalten hatte, vor sich auf den Schreibtisch und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Hast du den Aufzug nicht finden können?“
„Doch.“ Sie ging mit festen Schritten durch den Raum und setzte sich. Er sah genauso aus wie beim ersten Mal, als sie insein Büro gekommen war – kühl und aristokratisch.
„Ach, dann weißt du doch sicher, was das Wort ‚sofort‘ bedeutet.“
„Das weiß ich. Aber ich war beschäftigt.“
„Vielleicht sollte ich dir dann klarmachen, dass ich es nicht akzeptiere, wenn eine Angestellte mich warten lässt.“
„Und ich werde auch zwei Dinge klarstellen“, gab sie zurück. „Ich bin nicht einfach eine Angestellte, ich bin Künstlerin. Und ich springe nicht, wenn man mit den Fingern schnippt.“
„Es ist zwanzig nach elf“, begann Blake, mit einer so sanften Stimme, dass June sofort misstrauisch wurde. „An einem Arbeitstag bezahle ich dich für deine Dienste. Und deshalb kommst du, wenn ich dich rufen lasse.“
Eine leichte Röte stieg June ins Gesicht. „Du tust gerade so, als ließe meine Arbeit sich in Dollar, Cent und Minuten messen …“
„Geschäft ist Geschäft“, unterbrach er sie. „Ich erinnere, dass du selbst mir das durchaus deutlich gemacht hast.“
Sie hatte sich selbst in eine Ecke hineinmanövriert, deshalb wurde ihr Verhalten jetzt noch eine Spur hochmütiger. „Wie du siehst, bin ich ja jetzt hier. Du verschwendest also nur Zeit.“
Als Eiskönigin ist sie wunderbar, dachte Blake. Ob sie wohl wusste, wie sehr die Veränderung ihres Gesichtsausdruckes oder ihrer Stimme ihre Erscheinung veränderte? Ob sie es wusste oder nicht, sie besaß das schauspielerische Talent ihrer Mutter. „Ich habe wieder einen sehr unzufriedenen Anruf von Max bekommen“, begann er.
June zog eine Augenbraue hoch und sah aus wie eine Regentin, die eine Hinrichtung angeordnet hat. „Ja?“
„Er lehnt einige deiner Änderungsvorschläge der Speisekartestrikt ab.“ Blake blickte auf seine Notizen. „Die ‚Gepresste Ente‘ scheint augenblicklich das Problem zu sein, auch wenn er noch einige andere Punkte erwähnt hat.“
June richtete sich in ihrem Stuhl auf und hob das Kinn. „Ich denke, du hast mich eingestellt, um die Qualität des Cocharan-Restaurants zu verbessern?“
„Das stimmt.“
„Genau das tue ich.“
Man hörte jetzt wieder ihren leichten französischen Akzent, und ihre Augen blitzten. Auch wenn er sich darüber ärgerte, so war sie doch äußerst bezaubernd, wenn sie wütend war. „Ich habe dich aber auch eingestellt, damit du die Küche leitest. Und das bedeutet, dass du in der Lage sein müsstest, deine Mitarbeiter unter Kontrolle zu halten.“
„Kontrolle?“ Sie sprang von ihrem Stuhl auf und gestikulierte heftig mit den Händen, als sie weitersprach: „Ich brauchte eine Peitsche und Ketten, um einen so sturen, schlecht gelaunten alten Esel unter Kontrolle zu bringen, der sich nur um seine eigenen egozentrischen Interessen kümmert. Seine Art ist für ihn die einzig richtige. Seine Menüs sind in Stein gemeißelt. Pah!“
Blake klopfte mit seinem Stift auf den Schreibtisch, während er ihren Ausbruch beobachtete. Am liebsten hätte er ihr applaudiert. „Ist es das, was man künstlerisches Temperament nennt?“
June holte tief Luft. Machte er sich über sie lustig? Würde er das wagen? „Wahres Temperament musst du erst noch erleben, mon ami.“
Blake nickte nur. Er war versucht, sie noch ein wenig weiterzutreiben, aber Geschäft war Geschäft. „Max arbeitet seit über fünfundzwanzig Jahren für das Cocharan-Hotel.“ Blake faltete die Hände, er blieb ganz ruhig, im Gegensatz zu June. „Er ist loyal,tüchtig und offensichtlich empfindlich.“
„Empfindlich“, fuhr June auf. „Ich lasse ihm sein Rippenstück und sein kostbares Hähnchen, und er ist noch immer nicht zufrieden? Ich werde meine ‚Gepresste Ente‘ und mein Clamart bekommen. Meine Speisekarte wird nicht so sein wie die aus dem Laden an der Ecke.“
Blake räusperte sich, um sich das Lachen zu verkneifen, das ihn zu überwältigen drohte. „Genau“, bestätigte er dann mit ausdruckslosem Gesicht. „Ich habe nicht die Absicht, mich in die Speisenauswahl einzumischen. Ich habe überhaupt nicht die Absicht, mich einzumischen.“
June war weit davon
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