Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
June ihr Glas. „Das ist nicht wahr“, widersprach June matt. „Eine Affäre muss doch nicht unbedingt voller Romantik sein. Ich mag Blake, ich respektiere ihn. Ich finde, er ist ein intelligenter Mann, und ich bin sehr gern mit ihm zusammen.“
„So etwas könnte man auch von einem Bruder oder einem Onkel sagen, vielleicht sogar von einem Exehemann“, bemerkte Monique. „Ich glaube, es ist nicht das, was du für Blake empfindest.“
„Ich fühle Leidenschaft“, gab June zu. „Aber das ist noch lange keine Liebe.“
„Ach, June!“ Belustigt sah Monique ihre Tochter an, dann nahm sie eine Traube vom Tablett. „Du kannst mit deinem britischen Verstand denken, aber du fühlst mit deinem französischen Herzen. Dieser junge Cocharan ist kein Mann, den eine Frau so leicht übersehen kann.“
„Du meinst, wie der Vater, so der Sohn.“ In dem Augenblick, als sie die Worte ausgesprochen hatte, taten sie ihr schon wieder leid. Aber Monique lächelte nur. „Das habe ich auch schon gedacht. Ich habe B.C. nicht vergessen.“
„Er dich auch nicht.“
„Du hast B.C. kennengelernt?“ Interessiert sah Monique sie an.
„Du kannst dich geschmeichelt fühlen. Ich kann dir sagen, es war ihm ganz schön unangenehm.“
„Himmlisch. Der Gedanke, dass ein Mann einen nicht vergisst, nachdem man sich getrennt hat, gefällt einer Frau.“
„Mut ter!“
June erhob sich und lief ruhelos im Zimmer auf und ab. „Ich fühlte mich zu Blake hingezogen – und er sich zu mir. Was glaubst du wohl, wie ich mich gefühlt habe, als ich mit seinem Vater sprach und mir klar wurde, dass ihr beide ein Verhältnis miteinander gehabt habt? Ich glaube nicht, dass Blake etwas davon ahnt, aber wenn das so wäre, siehst du nicht, in welch einer unangenehmen Situation ich dann wäre?“
„Aber wa rum?“
June holte tief Luft. „B.C. war und ist mit Blakes Mutter verheiratet, und ich glaube, dass Blake sehr an seiner Mutter hängt und auch an seinem Vater.“
„Aber was hat das denn mit dir zu tun?“ Monique zuckte mit den Schultern. „Ich mochte seinen Vater sehr. Hör mal“, sprach sie weiter, ehe June noch etwas sagen konnte. „B.C. hat seine Frau immer geliebt, das wusste ich. Wir haben einander getröstet, haben einander zum Lachen gebracht in einer Zeit, die für uns beide nicht sehr glücklich war. Und dafür bin ich dankbar, ich schäme mich nicht dafür. Und das solltest du auch nicht tun.“
„Ich schäme mich nicht.“ June fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Das verlange ich ja auch nicht von dir, aber, verflixt, Mutter, komisch ist es schon.“
„Das ist das Leben oft.“ Monique legte den Kopf in den Nacken und blickte jetzt genauso hochmütig, wie ihre Tochter es oft tat. „Ich halte mich nicht an die Spielregeln im Leben, und ich entschuldige mich auch nicht dafür.“
„Mutter.“ June kniete neben dem Sofa nieder, auf dem ihre Mutter saß. „Ich wollte dich nicht kritisieren. Es ist nur so, dass das, was für dich richtig ist, nicht unbedingt auch für mich richtig und gut sein muss.“
„Glaubst du, ich weiß das nicht? Glaubst du, ich wollte, dass du mein Leben lebst?“ Monique legte ihrer Tochter eine Hand auf den Kopf. „Vielleicht habe ich mehr tiefes Glück erlebt als du, aber ich habe auch mehr Verzweiflung erlebt. Ich kann dir das Erstere nicht wünschen ohne das Wissen, dass du auch das zweite überstehen musst. Ich wünsche mir für dich nur das, was du dir selbst auch wünschst.“ Sie streichelte Junes Hand und zog dann ihre Tochter neben sich auf das Sofa.
„Als du ein kleines Mädchen warst, habe ich dir keine guten Ratschläge gegeben, weil Kinder für mich immer ein großes Geheimnis waren. Später dann hättest du sowieso nicht auf mich gehört. Doch jetzt sind wir vielleicht an dem Punkt angekommen, wo jeder von uns beiden begreift, dass der andere intelligent ist.“
Lachend nahm June sich eine Erdbeere von dem Tablett. „Also gut, ich werde mir deine guten Ratschläge anhören.“
„Es macht dich nicht geringer, wenn du einen Mann brauchst.“ Als June die Stirn runzelte, sprach ihre Mutter weiter: „Wenn man glaubt, einen Mann zu brauchen, um weiterleben zu können, ja, das ist Unsinn. Wenn man aber einen Mann braucht, um Freude und Leidenschaft in sein Leben zu bringen, das ist das Leben.“
„Man kann auch Freude und Leidenschaft im Leben haben ohne einen Mann.“
„Einiges vielleicht“, stimmte Monique zu. „Aber warum sollte man sich damit zufriedengeben?
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