Ein Leben als Geist (Romeo & Julian) (German Edition)
Teller einzusammeln, winkte er ab und sagte „Geh schon mal vor. Ich komme auch gleich.“
Julian nahm das Angebot gerne an. Seine gute Laune hatte sich in Rauch aufgelöst und er sehnte sich nach etwas, das ihm helfen würde die Gedanken auszulöschen , die ihn zu erdrücken drohten. Ja, Taten waren gut, aber es gab nicht viel, was er jetzt tun konnte.
Er setzte sich aufs Sofa und hörte den Geräuschen zu, die Romeo beim Aufräumen machte. Das Geklirre von Geschirr und das Rauschen des Wassers klangen beruhigend heimisch, aber sie entfachten auch seine Wut aufs Neue. Er befand sich im Heim eines anderen, während sein eigenes zerstört war. Und die arme Mrs. Dobbs war mit ihm zerstört worden.
„Jules“, flüsterte Romeo direkt hinter ihm. Julian schreckte zusammen. Er hatte ihn nicht herankommen gehört. Mal wieder. „Hier, bitte. Ich hoffe, du magst es.“ Ein besorgter Ausdruck lag in seinen Augen als er Julian ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit darin reichte.
„Keine Sorge, s olange Alkohol drin ist, werde ich das“, entgegnete Julian und nahm das Glas.
„Oh, da ist welcher drin. Es ist—“
„Ich bin mir sicher, es ist irgendwas Extravagantes, das ich nicht im Geringsten zu schätzen weiß, aber ehrlich gesagt, ist mir das total schnuppe. Nimm’s mir nicht übel.“
Romeos Mundwinkel hoben sich ein wenig. „Tue ich nicht. Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass es irgendein billiger Brandy ist, den ich zum Kochen benutze, da ich selbst normalerwe ise keine harten Sachen trinke. Aber da es dir ja total schnuppe ist, brauche ich mich nicht für die schlechte Qualität zu entschuldigen.“
Julian war versucht zu fragen, ob es sich um einen Witz handelte, beschloss aber, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Romeo hatte einen verdrehten Sinn für Humor, aber nicht einmal er würde in einer solchen Situation zu Scherzen aufgelegt sein. „Du trinkst also keine harten Sachen, aber du benutzt Brandy zum Kochen?“ fragte er stattdessen.
Romeo schien überrascht. „Ja, klar. Brandy und Wein, je nachdem welches Gericht ich zubereite.“
„Heißt das, du kochst tatsächlich selbst?“
Romeo lächelte. „Meistens schon.“
Julian ließ seine Gedanken ein bisschen wandern. „Es gibt wirklich nicht viel, was du nicht tun kannst, oder?“
Das Lächeln in Romeos Gesicht wurde schwächer und verschwand dann ganz. „Ich hatte viel Zeit zum Üben.“
Julian entging der bittere Unterton in Romeos Stimme nicht. „Wann hattest du viel Zeit zum Üben? Eigentlich hatte ich den Eindruck, du hättest bisher ein ziemlich ausgefülltes Leben geführt. Musst du auch um all die Dinge zu lernen, die du kannst.“
„Das habe ich auch. Ein ausgefülltes Leben geführt, meine ich. Allerdings habe ich auch eine Menge der Dinge, die normale Menschen tun, nicht getan, um Zeit zu haben, die Dinge zu tun, die normale Menschen nicht tun.“
„Welche Dinge?“ fragte Julian aber er brauchte die Antwort nicht zu hören. „Dates, meinst du?“
„Eine Beziehung haben, um genau zu sein.“
„Was?“ schnaufte Julian mit übertriebener Überraschung. „Und dabei hatte ich angenommen, du seist das perfekte Date.“
„Nicht lustig.“ Romeo verzog das Gesicht. „Ich hatte eine Menge Dates, es ist nur nie was draus geworden.“
„Ach nein? Was für eine Überraschung. Du, der charmante, gebildete Kenner mit deiner talentierten Zunge und dem mysteriösen Leben, du—“
„Du kannst den Sarkasmus sein lassen, okay?“ Trotz des scharfen Tons schien er eher verletzt als wütend. „Du denkst wohl, du hast mich durchschaut, aber du hast keine Ahnung, wer ich wirklich bin.“
„Hm, schon komisch , dass du das sagst. Schließlich ist es genau das, was ich dir die ganze Zeit sage. Aber wenn dich das so sehr stört, warum änderst du es dann nicht einfach? Es liegt doch in deiner Macht mir ein paar Antworten zu geben.“
Romeo schnaubte und hob die Hände in einem seltenen Anflug von Ungeduld. „Ich kann nicht. Ich kann es nicht, Jules. Noch nicht, okay?“
„Warum? Warum nicht?“
Romeo schüttelte den Kopf. „Ich kann es einfach nicht. Vertrau mir, Jules“, sagte er leise und hob die Flasche hoch. Julian hatte nicht einmal gemerkt, dass er sein Glas geleert hatte. Romeo füllte es erneut, dann stellte er die Flasche weg und griff nach seinem eigenen Drink. „Eines Tages wird es alles einen Sinn ergeben, das verspreche ich. Aber jetzt ist es besser, wenn du es nicht weißt. Sicherer.“
Er
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