Ein Leben als Geist (Romeo & Julian) (German Edition)
stupste sein Glas gegen Julians und kippte den Brandy in einem Zug hinunter, dann bedeutete er Julian mit einem knappen Kopfnicken, dasselbe zu tun. „Also, was meine Fragen betrifft…“ Er schenkte erneut nach. Julian war ein wenig erstaunt darüber, wie reichlich der Alkohol floss, aber schließlich war das genau, was er wollte, oder nicht?
Kapitel 2
Das Telefon klingelte mit erstaunlicher Hartnäckigkeit. Vermutlich tat es das auch schon seit einer ganzen Weile, realisierte Julian schläfrig, jedoch hatte er die vertraute Melodie einfach in seinen Traum integriert. Es war noch dunkel, aber jetzt da er allmählich wach wurde, erkannte er das Geräusch, das in der Stille des Apartments widerhallte.
„Willst du nicht dran gehen?“ Er streckte den Arm aus um den warmen Körper neben sich zu berühren, allerdings war da keiner, weder warm noch sonst irgendwie. Die andere Seite des Bettes war kalt und verlassen.
Nicht schon wieder. Der Gedanke schoss durch Julians schlafvernebeltes Hirn und hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Julian rieb sich die Schläfen und stöhnte. Er hasste es, mit Kopfschmerzen aufzuwachen. Vor allem wenn noch eine pelzige Zunge und ausgetrockneter Hals dazu kamen.
Er warf die kühlen, seidenen Laken und den dicken Überwurf zurück, dann setzte er sich auf. Ans Telefon zu gehen kam nicht infrage, obwohl das arme Ding noch immer um seine Aufmerksamkeit bettelte mit schrillen Schreien, die eine entfernte Ähnlichkeit mit einer wohlbekannten, klassischen Melodie hatten. Dies war Romeos Heim, auch wenn sie es jetzt offiziell teilten.
Julian schwang die Beine aus dem Bett, stellte sich auf die Füße und wartete darauf, dass die Welt seiner Bewegung folgte. Dann tappte er ins Bad, das in einer strategisch dämlichen Position am anderen Ende des riesigen Apartments lag. Er drehte kaum den Kopf um den Wohnbereich im Vorbeigehen zu überprüfen. Es war sinnlos. Romeo war nicht da. Er war mal wieder mitten in der Nacht verschwunden, irgendwann nachdem Julian in seinen Armen eingeschlafen war. Oder vielleicht hatte auch er Romeo in den Armen gehalten. Engumschlungen mit seinem Freund einzuschlafen war einer der großen Vorteile des Zusammenlebens. Mit ihm gemeinsam aufzuwachen wäre auch ganz schön gewesen, aber die Chancen dafür waren mehr als gering.
Von all den Malen, die sie gemeinsam ins Bett gegangen waren, hatte es nicht ein einziges gegeben, bei dem Julian nicht alleine aufgewacht wäre. Daran änderte offensichtlich auch die Tatsache, dass er jetzt bei Romeo wohnte, nichts. Warum hatte Romeo ihn überhaupt eingeladen, bei ihm einzuziehen nachdem Julians Haus in die Luft gejagt worden war? Wollte er ihn wirklich in seiner Nähe haben? Oder leistete er einfach nur einem Befehl von Julians Boss, Chief Baxter, Folge, die ihm aufgetragen hatte, ihn an einen sicheren Ort zu bringen und auf ihn aufzupassen? In dem Fall wäre die offensichtliche Wahl wohl Romeos eigenes Heim gewesen, die schicke Penthouse-Wohnung in der oberen Etage einer teuren Stadtvilla. In den letzten dreißig Stunden war so viel geschehen, aber Julian hatte nicht die Absicht, die Fetzen seiner Erinnerung wieder zusammen zu fügen solange der dumpfe Schmerz eines üblen Katers in seinem Kopf pochte.
Er rieb sich die Stirn und stapfte in die Küchenecke. Irgendwo dort hatte er eine kleine Box gesehen, die Heftpflaster und andere freiverkäufliche Arzneimittel enthielt wie man sie wohl in jedem durchschnittlichen Haushalt fand. Hoffentlich war auch ein vernünftiges Schmerzmittel dabei.
Ein Geräusch ließ ihn innehalten und dann aufhorchen. Ein leises Rascheln. Es war beinahe zu schwach, um es überhaupt wahrzunehmen und wäre ihm sicherlich entgangen, wenn er noch geschlafen hätte, aber er stand da, um drei Uhr morgens über die Küchentheke gebeugt, und lauschte angestrengt.
Etwas, oder jemand, bewegte sich im Schlafbereich. Dieser Teil des Apartments war wegen eines Wandvorsprungs nicht einsehbar. Julian verfluchte den stylischen Schnitt der Wohnung. Wenn schon offen, warum dann nicht auch überschaubar? Vor allem wünschte er sich, er wäre nicht so verdammt verantwortungsbewusst gewesen, seine Waffe in dem kleinen Safe in Romeos Bücherregal einzuschließen. Er erinnerte sich an die Warnung, die sowohl Romeo als auch sein Boss ausgesprochen hatte, nirgendwo alleine hinzugehen. Aber ich bin nirgendwo alleine hingegangen . Er hat mich zurückgelassen , hier, alleine . Da gab es einen Unterschied,
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