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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
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übertrug einem deutschen Geheimdienstmann die Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch, der schließlich unter meinem Nachfolger stattfand: Im Austausch gegen noch in Israel gefangengehaltene Libanesen wurden Israel die Leichen der beiden als Geiseln genommenen israelischen Soldaten übergeben. Anschließend wurde der Deutsche gebeten, an den Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über die Freilassung eines im Gazastreifen gefangen genommenen israelischen Soldaten mitzuwirken, welche die UNO in aller Stille arrangiert hatte. Solche notwendigen Kontakte gemahnen daran, dass Slogans wie »Mit Terroristen reden wir nicht« der Wirklichkeit nicht standhalten, ob nun im Nahen Osten oder anderswo.
    Die Resolution 1701 bürdete den Vereinten Nationen eine neue Last auf: die Gewährleistung der Sicherheit sowohl des Libanon als auch Israels und der gesamten Region. Ich bin stolz auf das, was wir in den Monaten nach Kriegsende bis zu meinem Ausscheiden aus dem Amt des Generalsekretärs im Dezember erreicht haben. Wenn ich das Wirken der Vereinten Nationen im Libanon während meiner Amtszeit insgesamt betrachte, kann ich feststellen, dass wir zweimal zum Abzug Israels aus dem Land beitrugen, ebenso wie zum Abzug Syriens. Wir förderten den nationalen Dialog und stärkten die friedenssichernde Rolle der UNO .
    Das waren notwendige Schritte, wenn der libanesische Staat beginnen sollte, auf eigenen Füßen zu stehen. Aber sie reichten nicht aus, um langfristig die Stabilität des Landes zu sichern. Wir haben zwar die Lage stabilisiert, aber weder die Interventionen des Sicherheitsrats noch meine eigenen vermochten die zugrunde liegenden Probleme zu lösen. Im nationalen Dialog wurde in wichtigen Fragen ein Konsens erreicht, aber in Bezug auf die Waffen der Hisbollah konnte kein signifikanter Fortschritt erzielt werden. Die Zustimmung Syriens und des Iran zur Resolution 1701 war wichtig, aber sie hielt beide Länder nicht davon ab, die Hisbollah mit Waffen zu versorgen. Neben der libanesischen Armee hat auch unsere verstärkte Friedenssicherung dazu beigetragen, dass bewaffnete Akteure im Süden des Landes nicht mehr so sichtbar agieren wie zuvor. Aber die Hisbollah bleibt eine potente Kraft und besitzt eine Art Vetorecht gegenüber der libanesischen Regierung. Israel andererseits hat die Forderung aus dem 1701-Handel, Siniora durch kreative Schritte in Bezug auf Schebaa zu helfen, nicht erfüllt und setzt seine provozierenden Flüge über libanesisches Territorium täglich fort. Nach meiner Reise durch die Region nach Kriegsende unterstrich ich in meinem Bericht an den Sicherheitsrat, dass die Resolution 1701 »kein Buffet, sondern ein festes Menü« sei. Wir müssten alle Fragen im Gleichschritt voranbringen und dürften nicht zulassen, dass sich die Konfliktparteien einzelne Punkte herauspickten.
    Wirkliche Stabilität ist jedoch weder durch Friedenssicherung noch durch Krisendiplomatie zu erreichen; sie kann nur auf der Grundlage eines umfassenden Friedens im Nahen Osten geschaffen werden.
    Friedenssicherung und Friedensschaffung im Nahen Osten
    Jeder Gewaltausbruch, mit dem ich zu tun hatte – von der palästinensischen Intifada über die israelische Operation Verteidigungsschild und den Libanonkrieg bis zur Dauerkrise im Gazastreifen –, versetzte der Idee des friedlichen Miteinanders und der gegenseitig garantierten Sicherheit, die unerlässlich ist, wenn die arabische Welt und Israel eines Tages in Frieden miteinander leben sollen, einen schweren Schlag. Ebenso diskreditierte jede nur teilweise oder gar nicht verwirklichte politische Initiative – von Oslo über die Roadmap bis zum Rückzug aus dem Gazastreifen – letztlich auf beiden Seiten das Konzept eines Verhandlungsfriedens selbst. Die Einzigen, die von dieser Litanei des Scheiterns profitierten, waren und sind diejenigen, die den Konflikt perpetuieren wollen – Militante und Radikale, ob sie nun mit Raketen schießen, in israelischen Städten Selbstmordanschläge verüben oder Palästinenser auf der Westbank drangsalieren, während sie ihnen ihr Land nehmen.
    Die Schlussfolgerung ist klar: Gewalt ist keine Lösung, die bietet nur die Politik, und nötig ist kein Flickwerk, sondern eine umfassende Lösung. Die UNO stand und steht in der Region vor der Aufgabe, eine solche Lösung herbeizuführen, und dies an einem Ort, wo sie als Institution traditionell allenfalls eine Nebenrolle gespielt hat. Durch die Bildung des Nahostquartetts hoffte ich die

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