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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
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eine Rückkehr zum Status quo vor Kriegsausbruch gelöst werden konnte, unterschied ich klar zwischen einer Einstellung der Feindseligkeiten, die bei gutem Willen sofort erreichbar war, und dem Bündel politischer und Sicherheitsfragen, die für einen längerfristigen Waffenstillstand gelöst werden mussten. Aus meiner Sicht schadete die wochenlange israelische Bombardierung des Libanon einzig und allein der libanesischen Regierung. Ich verurteilte die Provokation, mit der die Hisbollah den Krieg heraufbeschworen hatte, sowie das Sperrfeuer von Raketen, mit dem sie Israel terrorisierte und das häufig mitten aus Bevölkerungszentren abgeschossen wurde. Aber ebenso verurteilte ich Israels exzessiven Einsatz massiver Feuerkraft gegen Ziele, die in vielen Fällen kaum mit der Hisbollah in Verbindung gebracht werden konnten.
    Binnen weniger Stunden nach Ausbruch der Krise beschloss ich, ein Team aus drei hochrangigen Gesandten in die Region zu schicken. Rice verlangte, die Mission auf der Grundlage der Resolution 1559 zu bilden – die unter anderem die Entwaffnung der Hisbollah vorsah –, doch dieses Ziel war unmöglich während einer israelischen Offensive beziehungsweise durch diese zu erreichen, ganz gleich, wie lange sie dauerte. Auch wenn Israel den Libanon monatelang bombardierte, wäre die Hisbollah am Ende immer noch da und gehörte immer noch der libanesischen Regierung an. Deshalb mussten sowohl sie selbst als auch ihre regionalen Unterstützer an der Lösung beteiligt werden.
    Seiner Hybris in den ersten Tagen des Konflikts entsprechend, die ihm eingab, er brauche keine Leiter zum Ausstieg aus der Krise, teilte mir der israelische Ministerpräsident Olmert anfangs mit, er werde wahrscheinlich keine Zeit haben, sich mit den UN -Vertretern zu treffen. Schließlich empfing er sie doch. Auch nach Beirut reiste das Trio. Es entwickelte Schlüsselelemente eines Pakets, mit dem ein Waffenstillstand erreicht werden konnte. Dazu gehörten: die Freilassung der gefangenen Soldaten, eine erweiterte Friedenstruppe, die der libanesischen Regierung dabei helfen sollte, ihre Kontrolle über den Süden des Landes wiederherzustellen, und die Einberufung einer internationalen Konferenz, um die Grenzen des Libanon neu zu ziehen und den Status sämtlicher umstrittenen Gebiete, einschließlich der Schebaa-Farmen, zu klären. In den nachfolgenden Beratungen unter Leitung der Amerikaner und Franzosen einigte sich der Sicherheitsrat auf die Resolution 1701, die am 11. August beschlossen wurde. Ich war enttäuscht, dass es einen Monat gedauert hatte – während die Kämpfe unvermindert weitergingen –, bis die Resolution zustande gekommen war, und hielt es, als die Resolution zum Beschluss vorlag, für gerechtfertigt, die versammelten Außenminister im Sicherheitsrat zu rügen:
    »Ich würde etwas versäumen, wenn ich Ihnen nicht mitteilte, wie enttäuscht ich bin, dass der Rat diesen Punkt nicht viel, viel früher erreicht hat … Die Unfähigkeit [des Rats], früher zu handeln, hat das Vertrauen der Welt in seine Autorität und Integrität zutiefst erschüttert.«
    Aber auch die Verabschiedung der Resolution führte nicht zur Beendigung der Kämpfe. Diese Aufgabe fiel mir zu. Nach meiner Erfahrung aus der Friedenssicherung reichte die Forderung der Resolution nach einer »sofortigen« Einstellung der Kämpfe, so wie sie formuliert war, nicht aus. Ich hatte die Amerikaner und Franzosen gedrängt, ein Datum und eine Frist in den Text aufzunehmen. Doch John Bolton, der trotz seiner auftrumpfenden Art noch nie in seinem Leben für einen einzigen Soldaten verantwortlich gewesen war, ignorierte den Rat.
    Schließlich handelte ich die Einstellung der Kämpfe direkt mit Olmert und Siniora aus. Die Israelis verlangten weitere sechzig Stunden, wobei Olmert mir versicherte, er werde diese Zeit nicht für »offensive Maßnahmen« nutzen, sondern dafür, die israelischen Truppen in die Lage zu versetzen, »sich selbst zu verteidigen«, da jede im Rückzug befindliche Armee verwundbar sei. Mit Hilfe von US -Außenministerin Rice konnte ich Olmert von den sechzig Stunden herunterhandeln, und er stimmte der Beendigung der Kampfhandlungen am Montag, dem 14. August, um sieben Uhr zu. Auch Siniora akzeptierte im Namen seiner Regierung, einschließlich der Hisbollah, diesen Termin. Ich bestätigte dies in Schreiben an beide Ministerpräsidenten, denen ich eine Liste dessen, was erlaubt und was verboten war, beifügte, um klarzustellen, was die

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