Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)
sein, nicht ihr Ursprung. Es kommt nicht darauf an, wer die Lösungen findet, sondern darauf, ob sie zu dauerhaftem Frieden und gerecht verteiltem Wohlstand führen.« Wir mussten erkennen, wie gefährlich ein anachronistisches Ressentiment war, und uns ganz auf den Zweck des Unternehmens konzentrieren, das zu unterstützen wir alle behaupteten. Es war für uns alle – Afrikaner wie Nichtafrikaner – höchste Zeit, erwachsen zu werden.
Als ich die Rede in Harare hielt, hörten afrikanische Staatschefs nur ungern Kritik an Militärregimen. »Sie sind der Einzige, der das sagen kann und davonkommt, ohne gelyncht zu werden«, bemerkte Salim A. Salim, der Generalsekretär der Organisation für Afrikanische Einheit ( OAU ). »Kein anderer Afrikaner würde es wagen, und wir hätten es von keinem anderen hingenommen.«
»Jemand musste es tun«, erwiderte ich.
Doch Salim hatte recht. Die Position des UN -Generalsekretärs besitzt eine unschätzbare Macht, die es einem erlaubt, die Stimme zu erheben – und gehört zu werden –, wenn andere, ob nun aufgrund von Konvention oder Zwang, sich zurückhalten. Als ich in Harare auftrat, wusste ich, wo meine besten Verbündeten saßen: Ich sprach ebenso sehr zur Galerie wie zu den afrikanischen Staats- und Regierungschefs im Parkett. Oben saßen Vertreter der afrikanischen Zivilgesellschaft, die dann auch am lautesten applaudierten, während viele der afrikanischen Führer sich nicht regten und auffällig still blieben. Indem ich meine Vorstellungen in meiner Eigenschaft als Generalsekretär der Vereinten Nationen vortrug, gab ich gleichgesinnten Aktivisten in der Zivilgesellschaft Rückhalt, denn ich machte ihnen Mut und verlieh ihrer Stimme Gewicht.
Ein Jahr später war ich unter den Zuhörern, als Frederick Chiluba, der Präsident von Sambia, vor der OAU sprach. Jedes Spiel, erklärte er, habe Regeln, wie beim Fußball, wo diejenigen, die sich falsch verhielten, eine rote Karte bekämen. Auch für Staatsführer, die durch Putsche an die Macht gekommen seien, sollte es ein solches Regelwerk mit roten Karten geben. Heute mag es nicht besonders aufregend klingen, aber damals war es ein echtes Ereignis, dass ein afrikanischer Staatschef das Phänomen offen kritisierte. Der Geist der Diskussion war aus der Flasche, und danach ging alles sehr schnell: 1999 und 2000 einigte sich die OAU auf eine Reihe wichtiger Deklarationen, in denen nichtverfassungsmäßige Regierungswechsel verurteilt wurden. Diese Erklärungen wurden dann 2002 in die Gründungscharta der Afrikanischen Union ( AU ) aufgenommen. Zu den Fundamenten der AU gehört also das Prinzip, dass kein Staat nach einer Machtergreifung des Militärs oder einem anderen nichtverfassungsmäßigen Regierungswechsel weiter Mitglied der Union bleiben kann. Ein Putsch hat den umgehenden Rauswurf zur Folge. Ich hoffte und erwartete, die UNO würde in die Fußstapfen der AU treten, doch dieser Schritt lässt auf sich warten.
Natürlich würden in Afrika weiterhin Putsche stattfinden – und so war es. Aber jetzt hatten sie Konsequenzen. Die Staatsstreiche in Togo, Mauretanien, auf den Komoren, in Madagaskar, Mali und Guinea hatten allesamt die sofortige Suspendierung der AU -Mitgliedschaft dieser Länder zur Folge, ergänzt durch diplomatische Isolierung und andere Sanktionen. Die AU unterstützt die regionale Integration, so dass die Länder die vor ihnen stehenden Herausforderungen gemeinsam bewältigen können. Sie ist für alle Mitglieder eine wichtige kollektive Organisation, und von den Vorteilen der Mitgliedschaft ausgeschlossen zu sein bedeutet etwas. Seit der Annahme der AU -Charta gehen die Folgen einer Suspendierung in die Kalkulationen selbst der verstocktesten Herrscher ein, deren Interesse über ihren eigenen Machterhalt nicht hinausgeht. Plötzlich fiel es neuen Junten schwer, ihre Herrschaft zu festigen.
Bei der Militärjunta in Mauretanien, die sich im August 2005 an die Macht putschte, zeigte das jedenfalls Wirkung. Nach dem Putsch suspendierte die AU die Mitgliedschaft des Landes, und die Regionalorganisation nahm Verhandlungen über Sanktionen auf. Daraufhin erklärte die Junta, ihre Herrschaft sei lediglich vorübergehender Art. Sie habe den Zweck, zum ersten Mal in der mauretanischen Geschichte ein demokratisches Regierungssystem einzuführen. So bald wie möglich würden Wahlen stattfinden, in denen kein Militärangehöriger als Kandidat antreten dürfe. Wir hatten Ähnliches schon öfter gehört, waren also
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