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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
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skeptisch. Aber 2007 erfüllte die Junta ihr Versprechen und trat zurück, um einer demokratisch gewählten zivilen Regierung Platz zu machen.
    Anstatt sich an die Macht zu klammern, war die mauretanische Junta offenbar ehrlich davon überzeugt, dass sie die Macht so schnell wie möglich an eine zivile Regierung abgeben müsse. Früher hatten afrikanische Putschisten an der Macht festgehalten, so lange sie konnten, da sie kaum Sanktionen oder Strafen erwarten mussten. Idi Amin in Uganda, Omar al-Baschir im Sudan, Sani Abacha in Nigeria, Muammar al-Gaddafi in Libyen: Sie alle ergriffen die Macht, ohne auch nur anzudeuten, dass und wann ihre Herrschaft zu Ende gehen würde. Das Versprechen der mauretanischen Junta und die Tatsache, dass sie es eingehalten hat, bedeuteten eine enorme Veränderung, und zwar eine, die dem neuen internationalen Kodex der Afrikanischen Union zu verdanken war.
    In Mauretanien wurde dieser Fortschritt allerdings bald wieder zunichtegemacht, denn 2008 fand ein weiterer Staatsstreich statt. Die Putschisten waren dieselben wie 2005; ihnen passte die Politik des neuen Präsidenten nicht, der sie aus der Militärführung entfernt hatte. Nach meiner Ansicht bewies das jedoch nur die tief verwurzelte, bösartige Einstellung der Putschisten, die ihre eigene Position über das politische Wohl des Landes stellten – weshalb es umso bemerkenswerter ist, dass sie 2007 so bereitwillig Wahlen ermöglicht hatten. Dass sich afrikanische Führer bemühen, ein System durchzusetzen, das Militärmachthabern mit Sanktionen droht, erschwert es diesen, ihre Herrschaft zu perpetuieren. So wie es eine abschreckende Wirkung auf die Militärs in Mauretanien ausgeübt hat, wo seit der Unabhängigkeit im Jahr 1960 mehr als zehn Putsche und Putschversuche stattgefunden haben, so wirkt es weiterhin auf Militärs in ganz Afrika. Im Kleinen hat selbst die brüchige Entwicklung in Mauretanien den Beginn einer kontinentalen Transformation widergespiegelt, welche die Chancen für ein besser regiertes Afrika erheblich erhöht.
    Eine halbe Million ruandischer Geister: die Krise in Kenia
    »Herr Präsident, über tausend Menschen sind tot. Es ist Zeit für eine Abmachung«, sagte ich zu Mwai Kibaki, dem kenianischen Präsidenten, mit dem ich zu einem Gespräch unter vier Augen zusammengekommen war.
    Ich war erschöpft und ermüdet von einer bakteriellen Infektion und einem Fieber, die mich einige Wochen zuvor umgeworfen hatten und von denen ich mich noch nicht ganz erholt hatte. Es war fast die letzte Runde. Das Spiel musste jetzt zu Ende gehen. Wir brauchten eine Vereinbarung über die Umgestaltung des politischen Systems in Kenia. Andernfalls würde das Land nicht durchhalten können, was ihm bevorzustehen schien. Es war Anfang 2008, über ein Jahr nach dem Ende meiner zweiten und letzten Amtszeit als UN -Generalsekretär, und ich hatte eigentlich gedacht, dass die Zeit, in der ich Kompromisse zwischen Präsidenten und Ministerpräsidenten schmiedete, vorüber war. Aber jetzt war ich seit 39 kostspieligen, blutigen Tagen in Kenia, um einen Friedensschluss zu vermitteln.
    Begonnen hatte alles mit der Präsidentschaftswahl im Dezember 2007, der vierten seit Einführung des Mehrparteiensystems im Jahr 1992. Gleichzeitig hatten Parlaments- und Kommunalwahlen stattgefunden. Es hatte also viel auf dem Spiel gestanden. Aber die Abstimmung am 27. Dezember war bemerkenswert friedlich verlaufen. Damit hatte sie sich positiv von früheren Wahlen abgehoben, die von blutigen lokalen Gewaltausbrüchen gestört wurden. Viele sahen in dieser friedlichen Wahl einen weiteren Beweis dafür, dass Kenia beim Aufbau einer funktionierenden, von Wirtschaftswachstum getragenen Demokratie Fortschritte machte. Kenia bestätigte seinen Ruf, eines der erfolgreicheren Länder Afrikas zu sein.
    Als nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses von Wahlschiebung geredet wurde, brach sich jedoch eine dunkle Seite der kenianischen Gesellschaft Bahn. Im Schatten der Vision eines friedlichen Kenia war eine andere, tief in seinen ökonomischen und politischen Strukturen verwurzelte Realität verborgen. Der Doppelstachel von Ungleichheit und Vetternwirtschaft hatte entlang der ethnischen Trennlinien tiefen Groll, Ressentiments und einen verzweifelten Konkurrenzkampf verursacht. Die Korruption bei Politikern und im öffentlichen Dienst war in Kenia ins Uferlose gewachsen. Seit der Unabhängigkeit war das Land von wechselnden ethnischen Cliquen regiert worden, die dem

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