Ein Leben lang
nach einem kurzen Schweigen.
„Ja. Wahrscheinlich wäre es ihm am liebsten, wenn ich gleich wieder abreisen würde, aber natürlich weiß er, dass ich ihm diesen Gefallen nicht tue.“ Kathleen stieß einen tiefen Seufzer aus. „Oje. Warum können diese Dinge eigentlich nie einfach sein?“
Rebecca lachte. Sie wusste, wie viel Kraft es ihre Mutter gekostet hatte, sich in der von Männern dominierten Geschäftswelt durchzusetzen. „Weil der Geschlechterkampf nie ein Ende hat.“ Damit zitierte sie einen oft gehörten Satz ihrer Mutter. „Aber es wird schon klappen, Mom.“
„Glaubst du wirklich, dass du mit diesen Männern in einem Haus wohnen solltest?“
Kathleen klang besorgt, deshalb beeilte sich Rebecca, ihre Bedenken zu zerstreuen. „Aber warum denn nicht, Mom? Das ist doch alles kein Problem. Am wichtigsten ist, dass es mir gelingt, diesen Hank auf meine Seite zu ziehen. Er hat nämlich eine heftige Abneigung gegen Frauen. Er erinnert mich übrigens an Mr. Althorpe“, fügte sie grinsend hinzu.
„Hm. Vielleicht kannst du ihn ja mit Schokolade bestechen.“
„Genau das habe ich mir auch schon überlegt.“
Die beiden Frauen schwiegen einen Moment einvernehmlich.
„Und was kannst du mir über die Ranch erzählen?“ erkundigte sich Kathleen schließlich.
Rebecca berichtete ihr in knappen Worten das Wenige, das ihr bekannt war.
„Umgesehen habe ich mich bisher noch nicht, aber ich werde Mr. Rand bitten, mich heute Abend herumzuführen. Obwohl ich ehrlich gesagt nicht ganz verstehe, warum ich so lange hier bleiben soll, Mom“, fuhr sie unverblümt fort.
„Hier scheint alles ganz normal zu laufen. Ich verstehe ja, dass du das Geld von Bay Area im Auge behalten willst, weil das ein neues Geschäftsfeld ist, aber ich könnte leicht in ein paar Tagen zurückfliegen und in einem Monat wiederkommen, um die Fortschritte zu begutachten. Ich bin mir nicht sicher, was ich hier mehrere Monate lang tun soll.“
Kathleens Zögern war so kurz, dass es Rebecca wahrscheinlich entgangen wäre, wenn sie ihre Mutter nicht so gut gekannt hätte.
„Vorsicht ist besser als Nachsicht, Rebecca. Solange du vor Ort bist, sind wir ständig auf dem Laufenden. Davon abgesehen“, fuhr sie fort, „hattest du seit Jahren keinen Urlaub mehr. Sei froh, dass du endlich mal einen Auftrag hast, bei dem du dich ein bisschen erholen kannst.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich Urlaub brauche“, gab Rebecca zurück, immer noch nicht ganz überzeugt, dass Kathleen ihr wirklich alle Gründe genannt hatte. „Aber wenn du unbedingt willst, dass ich bleibe, werde ich schon eine Beschäftigung finden.“
„Gut“, gab Kathleen zurück. „Ach, und noch etwas. Ich möchte dich bitten, heute bei der Anwältin Victoria Bowdrie in Colson vorbeizufahren. Es gibt da ein paar Änderungen an dem Vertrag, die du unterschreiben müsstest.“
„Alles klar. Am besten mache ich es gleich heute Vormittag, dann habe ich es hinter mir. Außerdem ist es eine günstige Gelegenheit, die Einkaufsmöglichkeiten in Colson zu erkunden.“
Kathleen lachte. „Typisch.“
„Mach’s gut, Mom.“
Nachdem Rebecca aufgelegt hatte, räumte sie den Schreibtisch auf, schaltete den Computer aus und ging nach oben in ihr Zimmer, um ihre Tasche und den Autoschlüssel zu holen.
Seltsam, nicht im Stau stecken zu bleiben und auch keine Auspuffgase einatmen zu müssen, überlegte Rebecca, während sie die Stadtgrenze von Colson passierte. Und halb taub vom Verkehrslärm wurde sie auch nicht, obwohl sie ihr Fenster heruntergelassen hatte. Ja, das Landleben hatte auch seine guten Seiten.
Die Kanzlei von Victoria Bowdrie lag in der Main Street, deshalb bog sie an der nächsten Kreuzung nach links Richtung Zentrum ab.
Rebecca fuhr durch ein Wohnviertel mit alten viktoriani^chen Häusern, die inmitten makelloser grüner Rasenflächen und farbenprächtiger Blumenbeete standen, während ausladende, majestätisch wirkende Ahornbäume ihren wohltuenden Schatten über breite Straßen warfen. Da sie keinen Stadtplan hatte, musste sie sich auf ihr Gefühl verlassen und bog noch einmal links ab. Nach und nach wurden die Wohnhäuser von kommerziell genutzten Gebäuden abgelöst, und nur einen Moment später bog Rebecca auf die Main Street.
„Denning’s Pharmacy, Annie’s Cafe“, las sie laut, während sie gleichzeitig auf die Hausnummern schaute.
Die Anwaltskanzlei Foslund and Bowdrie lag zwischen der First National Bank und Marnie’s Dress Shop, wie
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