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Ein Leben unter Toten

Ein Leben unter Toten

Titel: Ein Leben unter Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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kamen auch.
    »Doc Rawson«, sagte er, wobei ich einen hechelnden Tonfall heraushörte. »Doc Rawson, ich komme jetzt und hole dich. Du hast lange genug gewartet. Das Fest ist in vollem Gange. Die Ehrengäste werden auch erscheinen, dann kannst du…«
    Seine Worte gingen in einem dumpfen Gemurmel über. Dann aber stoppte er jäh. »Verdammt!«
    Den Fluch vernahm ich. Er mußte irgend etwas entdeckt haben, was ihn sehr störte. Aber was?
    »Hund, du!« keuchte er. »Du verdammter Hund. Du hast versucht, aus dem Sarg zu kommen…«
    Jetzt wußte ich Bescheid. Wahrscheinlich hatte er die Stelle am Sargdeckel entdeckt, die das Zeichen meines Silberdolchs trug. So also sah die Sache aus!
    Wie würde er sich entscheiden? Zunächst auf eine Art, mit der ich nicht gerechnet hatte. Er ließ seine Wut an dem Sarg aus. Mit der Faust hämmerte er auf den Deckel. Die dumpfen Schläge machten mich fast verrückt. Der Schall dröhnte in meinen Ohren Ich verbiß mir einen Schrei der Überraschung und wartete ab, was weiterhin geschah.
    »Willst du raus?« schrie er.
    Diesmal war ich gemeint, aber ich hütete mich, auch nur einen Laut von mir zu geben. Ich war wehrlos, eingeschlossen, und er hielt die Trümpfe in der Hand.
    Eine schreckliche Vorstellung breitete sich in meinem Innern aus. Wenn er eine Schußwaffe besaß und durch den.
    Deckel feuerte, konnte er mich überhaupt nicht verfehlen. Damit mußte ich rechnen, und ich bekam eine Gänsehaut, die über meinen Rücken kroch.
    »Gib Antwort, verdammt!«
    Da konnte er lange warten.
    Der Mann knurrte wütend. Er war unsicher und wußte nicht, was er unternehmen sollte. Ich konnte mich gut in seine Lage hineinversetzen. Einerseits hatte er einen Auftrag auszuführen, andererseits hatte er entdeckt, daß ich mich aus dem Sarg befreien wollte. Er wußte ja nicht, daß ich dies kaum schaffen würde, deshalb mußte er etwas unternehmen. Vielleicht sogar nachschauen.
    Das käme mir entgegen.
    »Oder bist du schon verreckt?«
    Hättest du wohl gern, dachte ich und blieb weiterhin so still wie möglich. Da er keine Antwort bekommen hatte, setzte er sich wieder in Bewegung und umrundete den Sarg. Ich verfolgte seine Schritte genau. Sie schlugen einen Kreis, gingen am Fußende vorbei, auf der anderen Seite, ich hörte sie am Kopfende, und im nächsten Augenblick stand er wieder dort, wo er gestartet war.
    Jetzt mußte er sich entschieden haben.
    An der Seitenwand hörte ich ein dumpfes Geräusch. Für mich gab es nur eine Erklärung. Mein Gegner würde versuchen, den Sargdeckel wieder zu öffnen, um sich zu überzeugen.
    Während er das tat, machte er sich mit den Worten selbst Mut und mir gleichzeitig Angst.
    »Ich werde dich zersägen, wie ich es vorgehabt habe. Du wirst in mehrere Teile…«
    Mehr hörte ich nicht, denn er war mit den Verschlüssen zu sehr beschäftigt.
    Ich aber wußte Bescheid, daß es der Typ mit dem Sägeblatt war, der neben der Totenkiste stand, und wohler wurde mir weiß Gott nicht. Der brachte alles fertig.
    So wartete ich ab.
    Auch an der anderen Seite löste er die Verschlüsse. Jetzt spannte ich mich. Noch einmal hatte ich die schlechte, verbrauchte Luft eingeatmet. Ich durfte mir keinen Fehler erlauben. Eine falsche Reaktion hätte meinen Tod bedeutet.
    In der rechten Hand hielt ich den Dolch. Diese Waffe war meine einzige und große Chance.
    Ich hörte ihn husten.
    »Zersägen werde ich dich. Zersägen…«
    Dann öffnete er den Deckel!
    ***
    Vielleicht eine halbe Sekunde hatte ich Zeit, mir die Situation einzuprägen, und ich bekam das Gefühl, als wäre die Zeit für diese Spanne eingefroren worden.
    Verschwommen erkannte ich über mir das Gesicht des Mannes. Und davor zeichnete sich etwas Helles ab.
    Es war die Säge.
    Da ich die Augen weit aufgerissen hatte, konnte der Kerl erkennen, daß kein Toter vor ihm lag. Sein Gesicht verzerrte sich vor Haß, Ärger und Überraschung.
    »Du bist ja gar nicht…!«
    Da handelte ich.
    Es ging um mein Leben. In diesem Fall durfte ich keine Rücksicht nehmen. Im Liegen schleuderte ich meinen Dolch. Die Klinge wurde in die Höhe gewuchtet, schien sich in einen blitzenden Reflex zu verwandeln und traf das Ziel.
    Zwar zuckte der andere noch zurück, er wurde trotzdem von dem Dolch erwischt.
    Ich hörte seinen wütenden Schrei, stolpernde Schritte, danach war er aus meinem Blickfeld verschwunden, denn er wankte nach hinten. Wo ihn die Klinge erwischt hatte, konnte ich nicht sagen, jedenfalls war es kein tödlicher Treffer

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