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Ein Leben unter Toten

Ein Leben unter Toten

Titel: Ein Leben unter Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seltsamen Doc Rawson machen. Leider hatte mir der Verletzte nicht erzählt, wo er zu finden war, aber da war ich optimistisch. Das würde ich schon scharren Und ich lernte dabei das seltsame Altenheim kennen.
    So also machte ich mich auf die Suche nach Doc Rawson und ahnte nicht, daß die unheimliche Gefahr von ganz woanders kam…
    ***
    Sie hatten gegessen und getrunken!
    Vor allen Dingen gehunken. In reichlichen Mengen strömte der Wein. Immer wieder hatten Hände nach den Kannen gegriffen, um nachzufüllen, und dann klirrten die Gläser gegeneinander, wenn die Insassen des Heims miteinander anstießen.
    Edith Wiser war zwischendurch aufgestanden, stützte sich mit einer Hand auf der Tischplatte ab und verlangte mit schriller Summe nach Stimmungsmusik.
    »Jetzt ist es soweit«, flüsterte Carola Finley. Sie und Lady Sarah hatten von dem Wein nichts gehunken, sondern den Boden damit getränkt.
    »Sollen hier tatsächlich Stimmungslieder laufen?« fragte die Horror-Oma erschrocken.
    »Ja, so ist das.«
    »Auf einem Friedhof?«
    »In diesem Heim ist alles möglich«, erwiderte Carola Finley mit leiser Stimme.
    »Das merke ich mittlerweile auch.«
    Einer der beiden Helfer ging weg. Der zweite war sowieso vor kurzem verschwunden und bisher nicht wieder zurückgekehrt. Er hielt sich wohl im Haus auf.
    Die Wiser lachte, bevor sie sich schwer auf ihren Stuhl fallen ließ, ihr Glas nahm und ein kräftiges »Cheerio!« schrie.
    Auch die anderen tranken, und nur Sarah Goldwyn und Carola Finley waren nüchtern. Lady Sarah schaute in die verzerrten Gesichter, in Augen, die der Alkohol bereits getrübt hatte, und plötzlich konnte sie diese Frauen verstehen.
    Sie hockten das ganze Jahr über in den düsteren Zimmern, kamen kaum raus und wenn, dann schlichen sie wie lebende Tote über den Friedhof oder gingen bis an die Klippen, um auf die unendlich erscheinende Fläche des Meeres hinauszublicken.
    Es war ein schlimmes, schreckliches Leben, das diese Frauen führten. Lady Sarah hätte es keine Woche in diesem Haus ausgehalten. Ihr Freiheitsdrang war zu groß.
    Und immer präsent war die Heimleiterin. Mit Argusaugen überwachte sie die Feier, sorgte für den Nachschub, so daß die Frauen jegliches Maß verloren.
    Da mußten ganze Fässer geleert worden sein, und der genossene Alkohol hatte bei den Frauen Wirkung gezeigt. Sie saßen längst nicht mehr so normal und ruhig auf ihren Stühlen. Einige von ihnen schwankten. Die Bewegungen waren träge, langsam geworden, dafür die Stimmen wesentlich schriller, und das aufkeimende Lachen klang unecht.
    Manche schunkelten schon unfreiwillig da sie Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht besaßen.
    »Wo bleibt denn die Musik?« rief eine kleine Person, die mit stierem Blick auf die Tischplatte starrte. »Ich will tanzen. Ich will einmal in diesem verfluchten Haus tanzen. Wer kommt zu mir? Wer will mit mir über die Gräber schweben?«
    Lady Sarah schüttelte sich. Es war schlimm, so etwas mit ansehen zu müssen Am liebsten hätte sie das Fest abgebrochen, aber das ging leider nicht. Sie mußte sich diesen perversen Regeln des Heims fügen. Blanche Everett trat an sie heran. Hinter den beiden Frauen blieb sie stehen und verteilte ihre Hände auf zwei Stuhllehnen. »Na, wie gefällt es unserem Gast?« erkundigte sie sich.
    »Es wird ein wenig viel getrunken«, bemerkte Lady Sarah.
    »Ach, das ist nicht schlimm. Lassen Sie den Frauen ihre Freude. Wenn Sie bei uns bleiben, werden Sie sich daran gewöhnen. Unser Sommerfest ist immer etwas Besonderes.«
    »Ja, das habe ich bemerkt«.
    Blanche Everett ging wieder, denn Curd, der Helfer, kam zurück und brachte den Recorder.
    Blanche Everett verschwand wieder. »Hast du ihn gefunden, Curd?« rief sie.
    »Ja, ja…« Curd war ein wenig einfältig. Das merkte man auch bei dieser Antwort. Er hatte sich gebückt und stellte den Recorder neben einem schiefen Grabstein ab.
    Im nächsten Moment erklang die Musik. Es waren tatsächlich Stimmungslieder, und jede Frau kannte die Texte der Songs. Sie standen auf, hoben die Arme und begannen zu klatschen, während sie sangen. Oft hatten die schon schwer gewordenen Zungen Mühe, die Worte zu formulieren.
    »Ja, meine Freundinnen, das wird ein Spaß!« rief Blanche Everett. Sie klatschte ebenfalls und animierte die alten Frauen zu noch mehr Stimmung und Spaß.
    Mittlerweile war es dunkel geworden Ein schwer wirkender grauer Himmel lag über dem Land. Das Rauschen der Brandung klang dumpfer und auch lauter, wurde

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