Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
Vom Netzwerk:
schnörkellosen, bescheidenen Dingen. Damit würden sie die Tage totschlagen, während die Zukunft unerbittlich auf sie zurollte. «Wir überstehen das gemeinsam», sagte Maude entschlossen und setzte sich auf Orlas Sofa, rückte den flauschigen Schal um ihre Schultern zurecht. Sie stöhnte auf, als Orla die DVDS auspackte. «Oh Gott, das ist doch kein einfaches Ding, Orla. Nimm bitte zu Protokoll, dass ich das für eine schlechte Idee halte.»
    Orla warf ihr einen Schokoladenkeks zu. «Und hast du deine Tabletten genommen?»
    «Ja.»
    «Es fängt an.» Orla stellte den Ton lauter.
    Ihr entging nicht die Ironie der Situation, dass ausgerechnet sie Maude an ihre Medikamente erinnerte. Sie selbst war mindestens genauso gestört wie Maude. Orla konnte sich sie beide gut als zwei bekloppte alte Weiblein vorstellen, die sich auf dem Sofa in ihrem Haus verschanzten. Aber das Bild war zu klatschpressenhaft undifferenziert.
Wir sind zwei komplizierte, gestörte Frauen, die den Halt verloren haben und ihr Bestes geben.
    «Oh, da ist er», flüsterte Maude.
    Sim trat gleich in der allerersten Szene der «Kurtisane» auf. Sie betrachteten seinen Rücken, während er einen langen, vergoldeten Korridor entlangstrebte. Seine Schnallenschuhe schepperten laut auf dem Holzboden. Er klopfte an eine geschmückte, drei Meter hohe Tür, die sich in einen pistaziengrünen und rosa Salon hinein öffnete. Der Raum war hinreißend, und als Sim sich zum Zuschauer umwandte, war er es auch.
    Oh Sim
, dachte Orla, mit dem alten schmachtenden Unterton, den sie verloren hatte, seit sie die Valentinskarte gelesen hatte. Er lächelte leicht, sein Blick war bedeutungsvoll.
    Er lebte.
    Orla wollte sich übergeben. Sie spürte Maudes Blick und riss sich zusammen, damit nichts von ihrem inneren Aufruhr an die Oberfläche drang. Es war beinahe unerträglich, Sim zu sehen, und gleichzeitig verschlang sie ihn mit den Augen.
    «Mutter!», rief er. «Habt Ihr keinen Kuss für Euren Sohn?»
    Wieder bohrten sich Maudes Blicke in Orlas Schläfe, als die Kamera nun zu Anthea schwenkte, die hinter einem Paravent hervortrat und gerade ein Diamantarmband anlegte.
    «Mein lieber Junge, Ihr seid zurück», sagte sie mit einer Stimme, die rauschte und raschelte wie ihr Seidenkleid. «Ich habe Euch vermisst.»
    «Das reicht», sagte Maude und griff nach der Fernbedienung.
    «Nein!» Als Maude zusammenzuckte, wiederholte Orla das Wort sanfter. «Nein, Maudie. Lass uns bitte weitergucken.»
     
    Maude war nicht in der Verfassung, die ganze Serie in einem einzigen Marathon durchzuhalten, und so nickte sie während der dritten Folge ein.
    Vier Stunden später war Orla berauscht von Sim. Da sie das Tagebuch nicht hatte, war sein Auftritt hier alles, was an Neuem von ihm blieb. Nach dem Abspann würde nichts mehr übrig sein. Das wäre es dann gewesen. Auf ihrem Bildschirm auferstanden, ging er herum und sprach und lachte … und küsste.
    Sim küsste beinahe jede weibliche Kollegin. Er küsste sie, wie er Orla geküsst hatte: mit vollen, gierigen Lippen, ihr Gesicht zwischen seinen flachen Händen haltend.
    Einige der Mädchen erkannte sie, und alle waren auffällig schön, auf diese veränderliche Art, wie Schauspielerinnen schön sind. Orla rutschte auf ihrem Sitz herum. Sie fühlte sich plötzlich körperlich zurückversetzt und erlebte von neuem, wie gewöhnlich sie sich angesichts seiner Theaterclique vorgekommen war. Die Frauen darin waren schwer zu greifen, wechselhaft gewesen, sahen immer hinreißend aus, trugen zum Abendessen neckisch einen Hut. Orla wusste, dass sie sich über Sims kleine Landratte die Mäuler zerrissen hatten, und darüber, wie wenig sie beide zusammenpassten. Orla hatte nie dazugehört.
    Ich habe das ihm gegenüber nie angesprochen
. Wie seltsam sich das plötzlich anfühlte. Warum hatte sie es nicht gesagt?
Weil er so getan hätte, als wäre es nicht so.
Die Regie machte aus dem Comte eine Anziehpuppe. Sim in puderblauem Reitzeug. Sim in einem Morgenmantel aus Brokat. Und einmal pro Folge bekam man ihn unter Garantie nackt zu sehen.
    Sein Hintern, seine Beine, die kräftigen Muskeln an seinem Rücken überraschten angesichts seiner schlanken Silhouette, doch Orla waren sie allzu vertraut. Sie wand sich ein kleines bisschen, als sie unerwartet Verlangen durchzuckte. Nach der Valentinskarte hatte Orla Sim sorgfältig geschlechtslos gemacht. Aber in den kurzen Minuten im Fernsehen, posierend, leuchtend, war er atemberaubend.
    Bei der

Weitere Kostenlose Bücher