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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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«Neue Frisur?», fragte Sheraz.
    «Ja. Gefällt sie Ihnen?»
    «Nein.»
    «Oh, danke sehr.
Sie
sehen übrigens hervorragend aus.»
    «Raus hier,
Dummmächen

    Das Telefon hüpfte in ihrer Tasche. Orla blieb auf dem Bürgersteig stehen, um nach ihm zu wühlen.
    «Orla Cassidy? Bitte bleiben Sie dran, ich habe Reece Dodds für Sie.»
    «Orla? Hi, Schätzchen.»
    «Reece, wie geht’s?»
    «Bist du auf der Straße? Oder sind da Bauarbeiten in deinem Schlafzimmer?»
    «Ich stehe genau vor meiner Wohnung. Du hörst die wundervolle Melodie Londons.»
    «Komm schon, Orla. Es gibt doch sicher irgendetwas an dieser Stadt, was du magst. Immerhin bist du noch hier.»
    «Stimmt.»
    Die Zeit war für Orla noch immer nicht zu ihrem Gleichgewicht zurückgekehrt. Sie zog sich zäh dahin, nur um plötzlich zu rasen oder eine Rückwärtsrolle zu machen. Ihr bisher beeindruckendster Trick war es aber, dass sie es geschafft hatte, Orlas «paar Tage» in London auf erstaunliche fünf Monate ausgedehnt zu haben.
    Orla war noch nie irgendwo im Ausland gewesen, und zu ihrer eigenen Überraschung genoss sie es. London mit all seinen Fehlern, seiner Grobheit und Härte war genau, wie sie es sich vorgestellt hatte – und dennoch fiel es ihr leicht, hier zu leben. Schließlich gehörte ihr die Straße ebenso wie all den anderen Zugezogenen.
    Und es brachte sie Sim näher. Denselben Weg zur U-Bahn zu nehmen, den er gegangen war, in seinem Bett aufzuwachen, das «Ping» seiner Mikrowelle zu hören. Genau wie er hatte sie sich irgendwann rettungslos in London verliebt – wenn sie sich auch nicht erinnern konnte, wann genau –, und sie hatte beschlossen, erst einmal zu bleiben.
    «Mal ehrlich: Wie
geht’s
dir, Orla?»
    «Mir geht es schon besser, Reece. Und es ist sehr nett, dass du nachfragst.»
    «Nein. Ich bin ein Schwachkopf. Ich schulde dir ein Abendessen. Ich vernachlässige dich.»
    «Schscht. Du verwöhnst mich. Wie geht es dir? Ich weiß, dass du auch trauerst.»
    «Ich habe viel zu tun. Was gut ist. Komischerweise bin ich gerade auch im Büro mit unserem Jungen beschäftigt. Du weißt, dass ‹Die Kurtisane› im Oktober anläuft, oder?»
    «Ja.»
    «Hör mal. Wir müssen unbedingt mal was essen gehen. Was machst du nächste Woche?»
    «Warte, ich frage kurz meine Assistentin.»
    «Sehr witzig.»
    «
Hey, Emma Nobelschickse! Hab ich nächsten Donnerstag Zeit, um mit einem Londoner Top-Agenten auszugehen?
 – Sie meint, das würde passen.»
    «Cool. Ist mein Club in Ordnung?»
    «Reece, dein Club ist vollkommen in Ordnung.»
    Orla ließ ihr Handy zuschnappen und betrachtete ihr Spiegelbild im Schaufenster von Maude’s Books. Sheraz war vielleicht ein einzigartiger Mini-Mart-Besitzer, aber sicher kein Stylist: Der neue Pony war ein Hauptgewinn. Sim hatte sie immer gedrängt, sich einen schneiden zu lassen. Er hatte recht gehabt.
    Hinter der Schaufensterscheibe stand Maude auf einem wackeligen Tapezierhocker und reckte sich nach einem Buch, das auf dem obersten Regalbrett stand. Ihr zerzauster Dutt stand wie üblich kurz vor der Auflösung.
    Kein Kunde in Sicht. Sie machte Verluste. Maudes Kundschaft, obwohl treu, war klein. Der Buchladen hielt sich nur, weil Maude eine solche Begeisterung für Bücher und der Eigentümer tiefe Taschen hatte. Orla fing Maudes Blick auf und versuchte ihr in Zeichensprache zu erklären, dass sie sie später oben sehen würde. Sie machten es inzwischen immer so.
    Obwohl alle Fenster geöffnet waren, war es stickig in der Wohnung. Die Samtvorhänge, das alte Sofa mit den Fransen und der zur Polonäse aufgereihte Nippes, all das ließ die Wohnung fast wie ein Bordell in New Orleans wirken.
    Sie stellte das Radio an. Seit Sims Tod war ihr Stille unerträglich geworden. In Orlas Leben gab es jetzt ständig Hintergrundbeschallung vom Radio, Fernseher oder vom iPod. Unwillkommene Gedanken neigten eben eher dazu, in der Stille zu kommen.
    «Hallo, Schätzchen.» Orla nahm die Valentinskarte mit auf ihren Weg zum Kühlschrank, in den sie die Milch stellte. «Hast du mich vermisst?»
    Der Karte sah man inzwischen an, dass sie seit Februar oft in die Hand genommen worden war. Orla hatte Tränen auf sie tropfen lassen, sie in Handtaschen gestopft, wieder herausgenommen und sie mitten in der Nacht angeschrien. Jetzt stand sie gegen eine Vase mit blutroten Rosen gelehnt, die Reece geschickt hatte.
    «Auf der Arbeit war es durchwachsen, danke der Nachfrage», rief Orla über ihre Schulter, während sie sich ein

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