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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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passte so gut dorthin. Sie konnte beinahe sein forsches Hämmern mit dem Türklopfer hören, einem bronzenen Löwen. Die schwere Laterne über der Haustür, die Erkerfenster rechts und links davon, der antike Fußabstreifer auf den gemusterten Fliesen, all diese Schöner-Wohnen-Accessoires hätten in Kombination mit Sim ein Bild perfekter Vornehmheit abgegeben.
    Wenn er Ma besucht hatte und auf dem Weg zu deren haciendaartigem Bungalow dem kleinen Beton-Affen ausgewichen war, der einen Kübel Geranien umklammert hielt, hatte er sich immer besonders hämisch über die Melodie der Türklingel gefreut: Waltzing Matilda. Alle Vorhänge in der Sackgasse gerieten dann in Bewegung, und die Nachbarin trat aufgeregt vor die Tür, um einen Blick auf «den Jungen vom Senator» zu werfen.
    Schon zu Hause?
    Wenn sie seine Nachricht ignorierte, würde Marek sie anrufen. Orlas Finger schwebten über der Tastatur ihres Handys, dann gab sie sich einen Ruck. Nach heute Nacht würde es keinen Grund mehr geben zu lügen.
    Gerade reingekommen. Gute Nacht xxx
    Orla stufte ihre Lüge zu einem Flunkern herab. Wenn man selbst Urheber einer Unwahrheit war, nahm deren Bedeutung eine ganz andere Gestalt an. Wahrscheinlich hatte Sim die Ausmaße seiner eigenen Lügen ähnlich heruntergespielt.
    Sie drückte sich vor einer Schätzung, wie oft er sie wohl an der Nase herumgeführt hatte und sie darauf hereingefallen war, vergnügt und nichts ahnend, töricht.
    Gute Nacht, Orla. Und ehrlich. Ich liebe dich. X
    War Sim überrascht gewesen, als die Lüge funktioniert hatte und sie ihn weiterhin geliebt hatte? Mareks einfache Botschaft hätte ihr Herz vor Freude hüpfen lassen sollen. Stattdessen fühlte sie sich ganz elend.
    Auf der anderen Straßenseite erlosch das Licht in Antheas Wohnzimmer. Sekunden später wurde auch die Eingangshalle dunkel. Orla wurde ganz steif. Jetzt war der Moment. Sie musste zuschlagen, bevor Anthea schlafen ging. Sie hatte das Gefühl, als läge ein schweres Gewicht auf ihr, als drücke es sie wie einen Zeltpflock tief in den harten Boden.
    Das Licht in dem Raum, der vermutlich Antheas Badezimmer war, ging an. Orla sah durch die hölzernen Jalousien hindurch eine Wand aus Marmor. Das Glas beschlug. Die Hausherrin ließ sich ein Bad einlaufen oder duschte. Es war sinnlos, an die Haustür zu klopfen, solange Anthea nackt und nass war, dachte Orla und fühlte sich dank der Gnadenfrist ganz schwummerig. Lass sie sich bettfertig machen. Aber danach würde Orla keine andere Option mehr haben, als dieses seltsame Duell auszufechten.
    Da war sie! Das Schlafzimmer auf der Vorderseite des Hauses wurde vom Licht aus dem Bad ein wenig erhellt. Anthea stand mit engelhaft ausgestreckten Armen am Fenster und zog die schweren Vorhänge zu, von denen Orla wusste, dass sie leuchtend violett waren. Anthea blickte auf die ausgestorbene Straße hinunter, blickte direkt auf das gegenüberliegende Haus, blickte, so schien es, direkt auf Orla.
    Mit einem Ruck schlossen sich die Vorhänge, und die Gestalt war verschwunden.
    Noch fünf Minuten bis zu Orlas selbstgesetzter Deadline. Danach würde sie endlich die minutiösen biographischen Daten löschen können, die sie mit der Sorgfalt eines Fans gesammelt hatte. Sie würde die ganze Nacht aufbleiben und Sims unverstellte Worte lesen können, nachdem sie jahrelang in seinen Karten löffelweise mit Komplimenten abgespeist worden war. Obwohl sie auf Tretminen auf den letzten Seiten vorbereitet war, hoffte Orla auf frühere Einträge, die beweisen würden, dass sie den wahren Sim damals tatsächlich gekannt hatte. Dass er tatsächlich Walnusseis mochte. Dass er sie tatsächlich einmal geliebt hatte.
    Das Bad war stockdunkel. Die Furcht machte Orlas Körper federleicht. So mussten sich Bungee-Jumper fühlen. Ein Zitat aus
Viel Lärm um nichts
tauchte ungebeten in ihrem Kopf auf. Benedikt, Beatrices Geliebter und Widersacher, prahlte:
«Aber so viel ist gewiss, alle Damen sind in mich verliebt.»
    Wäre Sim am Leben, er wäre eine perfekte Besetzung für Benedikt. Alle Damen waren in ihn verliebt, und die letzten beiden standen sich gerade gegenüber, kurz davor, sich zu begegnen, bevor sie für immer in verschiedene Richtungen davongehen würden.
    Ohne Vorwarnung grollten plötzlich die Wolken, und auf Beatrice Gardens ging ein Schauer herab. Orla schwankte im Regen, ihre Haare klebten in Sekundenschnelle an ihrer Stirn, Tropfen rannen von ihrer Nase, in ihren Nacken.
    Sie trat aus dem Vorgarten auf

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