Ein letztes Mal...
noch, aber sie hatte wenigstens die Gewissheit, dass ihre kleine Tochter am Leben war. Was für eine Höllenqual musste es sein, wenn man um das Leben seines Kindes fürchtete?
Und Sebastian … Ja, sie musste für ihn da sein, auch wenn er sie nie darum bitten, geschweige denn zugeben würde, dass er Zuspruch brauchte. Wie musste es im Augenblick in ihm aussehen? Seine Kiefermuskeln bewegten sich, weil er offenbar die Zähne zusammenbiss, während er die vierspurige Straße entlangraste, sich aber an die Höchstgeschwindigkeit hielt.
Gerade so.
„Was hatte der General denn sonst noch gesagt?“, brach sie das Schweigen.
„Nur, dass Kyle für die Air Force für Sondereinsätze in geheimer Mission unterwegs war. Sein Transportflugzeug verschwand vom Radar. Und der Funkverkehr deutet darauf hin, dass sie abgeschossen wurden. Sie suchen inzwischen nach dem Flugzeugwrack.“
„Gütiger Himmel, Sebastian, das tut mir so leid. Deine Mutter muss außer sich vor Sorge sein.“
„Ich mache mir keine unnützen Sorgen. Kyle ist zäh. Er ist ein Überlebenskünstler.“
Er war auch genau der Typ Mann, der ohne Rücksicht auf Verluste selbstlos sterben würde, um andere zu retten. Aber das brauchte sie nicht laut zu sagen. Sebastian kannte seinen Bruder gut genug.
„Sonst noch was?“, hakte sie nach, eher, damit er weiterredete, als dass sie weitere Informationen erwartete.
Er schüttelte den Kopf. „Die Medien haben noch keinen Wind von dem Vorfall bekommen. Die Air Force versucht, Kyles Namen aus den Nachrichten herauszuhalten für den Fall, dass er davongekommen ist.“
Marianna fröstelte bei dem Gedanken, dass er sich womöglich in Feindeshand befand. Wenn die mitbekamen, dass sie den Sohn einer politisch einflussreichen Familie in ihrer Gewalt hatten … Nicht auszudenken, welche schrecklichen Folgen das haben konnte.
Sebastian hielt an einer roten Ampel, ließ ungeduldig den Motor aufheulen, als wäre er bereit, die Meilen zwischen ihnen und dem Familiensitz in noch rasanterer Fahrt hinter sich zu bringen. Als die Ampel auf Grün sprang, gab er Gas.
Scheinwerferlicht blendete sie durch das Seitenfenster. Bremsen quietschten. In Erwartung des möglichen Zusammenstoßes spannte sie die Muskeln an. Sie klammerte sich noch fester an das Armaturenbrett, den anderen Arm schlang sie sich um die Taille, ihr Baby, aus einem mütterlichen Beschützerinstinkt heraus …
Fluchend riss Sebastian das Lenkrad herum, brachte den Wagen ins Schleudern. Marianna flog nach rechts und stieß sich dabei schmerzlich den Kopf am Fenster der Beifahrertür.
Dann wurde alles dunkel um sie herum.
8. KAPITEL
Sebastian lief im Warteraum der Notaufnahme auf und ab und wusste immer noch nicht mit Sicherheit, ob mit Marianna und ihrem Baby alles in Ordnung war.
Verdammt, warum hatte er sich nur beim Fahren ablenken lassen? Sicher, er hatte es geschafft, dem anderen Fahrzeug auszuweichen – knapp. Der betrunkene Fahrer hatte seinen Wagen gegen einen Telefonmast gefahren und war dann ohne den kleinsten Kratzer an der Unfallstelle herumgetorkelt. Marianna dagegen hatte bei dem Ausweichmanöver das Bewusstsein verloren.
Die Gegenwart glich der Vergangenheit viel zu sehr, als dass er das Ganze auf die leichte Schulter hätte nehmen können. Er befand sich erneut in der Ambulanz eines Krankenhauses und wartete auf die Nachricht, ob mit Marianna und dem Baby alles in Ordnung war. Sogar der Gedanke an die Autofahrt ließ ihn in kalten Schweiß ausbrechen. Genau wie vor neun Jahren war er mit Marianna im Wagen gefahren, als wäre der Teufel hinter ihm her gewesen. Er konnte von Glück sagen, dass er sie damals nicht umgebracht hatte. Aber was war jetzt?
Die Ärztin hatte ihn vom Untersuchungszimmer in diesen verdammten kleinen Warteraum verbannt, in dem er sich jedes Mal, wenn er beim Hin- und Hergehen kehrtmachte, die Beine an einem Stahlrohrtischchen stieß.
Wie lange würde er sich noch gedulden müssen? Er schob mit dem Fuß einen Stuhl beiseite, was seine Aufmerksamkeit auf seine Schuhe lenkte. Es waren die, die Marianna ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie würden jetzt neben ihrem Bett stehen, wäre diese Nacht anders verlaufen.
Er konnte nicht einmal darüber nachdenken, was mit seinem Bruder sein mochte. Irgendjemand musste ihm unbedingt gute Nachrichten bringen. Und zwar bald.
Die Schiebetüren gingen auf, und weitere Angehörige von Patienten erschienen zu dieser späten Stunde, darunter besonders gut gekleidete –
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