Ein Lied für meine Tochter
weitermachen können. »Was sie damit sagen will, ist Folgendes: Wir haben diese Beziehung auf Dauer geplant«, sage ich und lächele vorsichtig.
Wir haben einen Kampf mit der Klinikleiterin ausfechten müssen, damit sie den In-vitro-Prozess einleitet – und das obwohl das Gericht noch nicht über das Schicksal der Embryonen entschieden hat. Sie hat eingewilligt, die psychologischen Vorbereitungsmaßnahmen einzuleiten, und sobald das Gericht zu unseren Gunsten entscheidet, wird Vanessa mit der Hormontherapie beginnen. Aber, so hat sie uns gesagt, wenn Max es will, werde sie Reid und Liddy die gleichen Privilegien einräumen müssen.
Wir haben der Sozialarbeiterin bereits erzählt, wie wir uns kennengelernt haben und wie lange wir zusammen sind. »Haben Sie je über die juristischen Folgen für gleichgeschlechtliche Eltern nachgedacht?«, fragt sie.
»Ja«, antworte ich. »Sobald das Kind auf der Welt ist, werde ich es adoptieren.«
»Ich nehme an, Sie haben einander alle Vollmachten erteilt, ja?«
Wir schauen einander an. Im Gegensatz zu heterosexuellen Paaren hätte Vanessa nicht das Recht, mich auf der Intensivstation zu besuchen oder zu entscheiden, die lebenserhaltenden Maßnahmen zu beenden, sollte ich in einen Autounfall verwickelt werden. Da unsere Ehe nicht per Bundesgesetz anerkannt ist, müssen wir alle möglichen juristischen Fallstricke überwinden, um die gleichen Rechte zu bekommen, die für heterosexuelle Ehepaare selbstverständlich sind. Vanessa und ich hatten uns vorgenommen, dass wir uns irgendwann mal an einem Abend bei einer Flasche Bourbon zusammensetzen und einander all die Fragen stellen, die niemand beantworten will: Wie steht es mit Organspenden? Was ist mit einem Hospiz? Und was, wenn einer von uns hirntot sein sollte? Doch dann haben wir die Klage bekommen, und ironischerweise hat das die Klärung aller anderen juristischen Fragen nach hinten verschoben. »Wir sind gerade dabei, alles zu klären.« Das ist auch nicht gelogen, denn wir hatten es ja vor … oder?
»Warum wollen Sie ein Kind haben?«, fragt Felicity.
»Ich kann nicht für Vanessa sprechen«, antworte ich, »aber ich habe schon immer ein Kind gewollt. Fast zehn Jahre lang habe ich es mit meinem Mann versucht. Ich glaube nicht, dass ich mich je komplett fühlen werde, ohne zumindest die Chance gehabt zu haben, Mutter zu sein.«
Die Sozialarbeiterin dreht sich zu Vanessa um. »Ich sehe Kinder jeden Tag auf der Arbeit«, sagt Vanessa. »Einige davon sind schüchtern, andere lustig und wieder andere so richtig nervig. Aber jedes einzelne davon ist ein lebender Beweis dafür, dass ihre Eltern irgendwann einmal geglaubt haben, eine gemeinsame Zukunft zu haben. Ich will Zoes Baby bekommen, damit es mit zwei Müttern aufwachsen kann, die Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben, um es in diese Welt zu bringen.«
»Aber wie empfinden Sie in Bezug auf die Elternschaft?«
»Offensichtlich habe ich keinerlei Probleme damit«, antwortet Vanessa.
»Und doch haben Sie bis jetzt nie den Wunsch zum Ausdruck gebracht, ein Kind zu bekommen …«
»Weil ich bis jetzt keine Partnerin hatte, mit der ich ein Kind haben wollte.«
»Dann tun Sie das also für Zoe oder doch für sich selbst?«
»Wie kann man diese beiden Fragen voneinander trennen?«, erwidert Vanessa genervt. »Natürlich tue ich das für Zoe. Aber ich tue es auch für mich.«
Felicity schreibt sich etwas auf. Das macht mich nervös. »Warum glauben Sie, eine gute Mutter sein zu können?«
»Ich bin geduldig«, antworte ich. »Ich habe viel Erfahrung darin, Menschen mit den unterschiedlichsten Problemen zu helfen. Ich weiß, wie man zuhört.«
»Und sie liebt stärker als jeder, den ich je kennengelernt habe«, fügt Vanessa hinzu. »Sie würde alles für ihr Kind tun. Und ich … Nun, ich bin Schulpsychologin. Ich denke, das könnte sich als ganz nützlich erweisen, wenn man selbst ein Kind bekommt.«
»Und sie ist klug, selbstbewusst und mitfühlend«, sage ich. »Ein wunderbares Vorbild.«
»So Miss Shaw … Sie arbeiten also mit Teenagern. Haben Sie je als Babysitter gearbeitet, als Sie selbst noch jünger waren? Haben Sie jüngere Geschwister, bei deren Erziehung Sie geholfen haben?«
»Nein«, antwortet Vanessa. »Aber ich bin ziemlich sicher, dass man über Google herausfinden kann, wie man eine Windel wechselt.«
»Und sie ist lustig«, mische ich mich ein. »Sie hat einen großartigen Sinn für Humor!«
»Im Laufe meiner Karriere habe ich es
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