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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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schon halb durch die Tür, als ich ihr hinterherrufe, dass wir uns Freitag wiedersehen werden, doch ich bin nicht sicher, ob sie mich auch gehört hat.
    »Hör auf, so rumzuzappeln«, flüstert mir Vanessa zu, als ich neben Angela Moretti sitze und darauf warte, dass der Richter den Saal betritt, um über Wade Prestons Antrag auf einen Vormund ad litem zu entscheiden.
    »Ich kann nicht anders«, murmele ich.
    Vanessa sitzt direkt hinter unserem Tisch. Meine Mutter, die neben ihr hockt, meldet sich zu Wort: »Aufregung ist wie ein Schaukelstuhl. Sie gibt einem etwas zu tun, aber man kommt nicht weit.«
    Vanessa schaut sie an. »Wer hat das denn gesagt?«
    »Ich.«
    »Ich meine, ist das ein Zitat?«
    »Nö. Das ist mir gerade eingefallen«, erklärt sie stolz.
    »Ich habe da so ein paar Schüler, denen ich das bei Gelegenheit mal unter die Nase reiben werde.«
    Die Ankunft von Max und seinen Anwälten lenkt mich ab. Wade Preston kommt als Erster herein, gefolgt von Ben Benjamin und Reid. Ein paar Schritte hinter ihnen geht Max. Er trägt wieder einen neuen Anzug, den ihm wohl sein Bruder gekauft hat. Sein Haar ist zu lang und lockt sich über den Ohren. Ich habe mich immer über ihn lustig gemacht, wenn er so aussah.
    Wenn es eine physische Komponente beim Verlieben gibt – Schmetterlinge im Bauch, Achterbahn der Seele –, dann gibt es auch eine physische Komponente, wenn diese Liebe endet. Die Lunge fühlt sich an wie ein Sieb, und man bekommt keine Luft mehr, die Innereien sind wie eingefroren, und das Herz schrumpft zu einer winzigen, bitteren Perle – alles chemische Reaktionen auf dieses eine unangenehme Körnchen Wahrheit.
    Als Letzte kommt Liddy. Sie tritt heute als Jackie Kennedy auf. »Hat sie eine Zwangsstörung«, flüstert Vanessa, »oder sollen diese Handschuhe ein modisches Statement sein?«
    Bevor ich etwas darauf erwidern kann, kommt eine gestresste Assistentin mit einem Bücherwagen den Gang hinunter und stapelt genau wie letztens auch Nachschlagewerke vor Wade Preston auf. Auch wenn das nur Show ist, es funktioniert. Ich bin eingeschüchtert.
    »Hey, Zoe«, sagt Angela, ohne den Blick von ihrem Notizblock abzuwenden, auf den sie etwas schreibt. »Haben Sie gewusst, dass die Post Wade Prestons Gesicht beinahe auf eine Briefmarke gedruckt hätte? Aber Sie haben den Plan aufgegeben, weil die Leute nicht wussten, auf welche Seite sie spucken sollten.«
    Dann betritt Richter O’Neill mit wehender schwarzer Robe den Raum. »Wissen Sie, Mr. Preston, es gibt keine Bonusmeilen, wenn Sie so oft zum Gericht pilgern.« Er blättert den Antrag vor sich durch. »Verstehe ich da was falsch, oder beantragen Sie wirklich die Einsetzung eines Vormunds ad litem für ein Kind, das noch nicht existiert und vielleicht auch nie existieren wird?«
    »Euer Ehren«, sagt Preston und steht auf, »das Wichtigste ist, dass wir von einem Kind reden. Das haben Sie gerade selbst gesagt. Und sobald dieses Ungeborene das Licht der Welt erblickt, wird Ihre Entscheidung bestimmen, wo er oder sie erzogen werden wird. Aus diesem Grunde erachte ich es als sinnvoll, einen Sachverständigen zu berufen, der die betreffenden Familien interviewt, sodass er Sie bei Ihrer Entscheidung beraten kann.«
    Der Richter schaut Angela über die Brille hinweg an. »Miss Moretti, irgendetwas sagt mir, dass Sie in diesem Punkt anderer Meinung sind.«
    »Euer Ehren, eine der Hauptaufgaben eines Vormunds ad litem ist es, mit dem Kind zu sprechen, das im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht. Aber wie spricht man mit einem Embryo?«
    Wade Preston schüttelt den Kopf. »Niemand verlangt, dass der Sachverständige sich mit einer Petrischale unterhält, Euer Ehren. Aber wir sind der Meinung, dass Gespräche mit den potenziellen Eltern einen guten Hinweis darauf geben können, welcher Lebensstil einem Kind angemessener ist.«
    »Mit einem Strohhalm«, flüstere ich.
    Angela beugt sich zu mir hinüber. »Was?«
    Stumm schüttele ich den Kopf. Die Embryonen werden in Strohhalmen aufbewahrt und nicht in Petrischalen. Hätte Preston seine Hausaufgaben gemacht, hätte er das gewusst. Aber ihm geht es nicht darum, möglichst korrekt zu sein. Er will das hier zu einem Zirkus machen, und er ist der Direktor.
    »Bei allem gebührenden Respekt, Euer Ehren, die Gesetzeslage in Rhode Island ist eindeutig«, kontert Angela. »Wenn wir in einem Sorgerechtsstreit über das Wohl von Kindern diskutieren, dann leben diese Kinder bereits. Mr. Preston hingegen versucht,

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