Ein Lied für meine Tochter
schon häufiger mit Müttern im Teenageralter zu tun gehabt, wissen Sie?«, erklärt Vanessa. »Die sind noch nahe genug an der Kindheit, um sich genauestens daran zu erinnern, aber ich würde nicht sagen, dass sie deswegen als Eltern geeigneter sind …«
Felicity schaut sie an. »Sind Sie immer so empfindlich?«
»Nur wenn ich mit jemandem rede, der …«
»Was sonst noch?«, werfe ich ein. »Sie wollen doch sicher noch mehr wissen.«
»Wie wollen Sie Ihrem Kind erklären, dass es zwei Mütter und keinen Vater hat?«, will Felicity wissen.
Mit der Frage habe ich gerechnet. »Zunächst würde ich ihm sagen, dass es viele unterschiedliche Arten von Familien gibt und dass keine besser als die andere ist.«
»Wie Sie wissen, können Kinder grausam sein. Was, wenn ein Klassenkamerad Ihr Kind verspottet, weil es zwei Mütter hat?«
Vanessa schlägt die Beine übereinander. »Dann würde ich mir diesen Typen schnappen und ihn zusammenschlagen.«
Ich starre sie entsetzt an. »Das hast du jetzt nicht gesagt.«
»Ja, schön. Wir würden uns darum kümmern. Wir würden mit unserem Kind darüber reden«, sagt sie. »Und dann würde ich mir den Typen schnappen und ihn zusammenschlagen.«
Ich knirsche mit den Zähnen. »Was sie damit meint, ist, dass wir zu den Eltern des Klassenkameraden gehen und versuchen würden, ihnen zu erklären, dass sie ihr Kind ein wenig toleranter erziehen sollten …«
Das Telefon klingelt, und die Sozialarbeiterin geht ran. »Tut mir leid«, sagt sie zu uns. »Würden Sie mich bitte einen Moment entschuldigen?«
Kaum ist Felicity Grimes aus dem Büro, da wirbele ich zu Vanessa herum. » Echt jetzt? Hast du das wirklich gerade zu der Sozialarbeiterin gesagt, die mit darüber entscheidet, ob wir diese Embryonen bekommen oder nicht?«
»Sie entscheidet gar nichts. Das macht Richter O’Neill. Und außerdem … diese Fragen sind doch lächerlich! Es gibt so viele prügelnde Väter auf der Welt, dass man das Konzept lesbischer Eltern gar nicht hoch genug preisen kann.«
»Aber die Sozialarbeiterin muss grünes Licht geben, bevor die Klinik den Prozess einleitet«, sage ich. »Du kennst die Spielregeln nicht, Vanessa, ich aber. Man tut und sagt alles, was man muss, damit sie uns die Freigabe erteilt.«
»Ich werde mich nicht von irgendjemandem verurteilen lassen, nur weil ich lesbisch bin. Ist es nicht schon schlimm genug, dass unsere Beziehung vor Gericht gezerrt wird? Muss ich da auch noch hier sitzen und mir anhören, wie Pam Ewing mir erklärt, ich könne nicht lesbisch und gleichzeitig eine gute Mutter sein?«
»Das hat sie nie gesagt«, argumentiere ich. »Das hast du nur gehört.«
Vor meinem geistigen Auge sehe ich Felicity Grimes auf der anderen Seite der Tür, wie sie uns belauscht und ein großes rotes X in unsere Akte malt. Das Paar kann noch nicht einmal während eines einstündigen Interviews das Streiten lassen. Als Eltern ungeeignet.
Vanessa schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, aber ich werde dieses Spiel nicht so spielen, wie Max es gespielt hat. Ich kann nicht so tun, als wäre ich jemand, der ich nicht bin, Zoe. Das habe ich mein halbes Leben lang getan.«
In diesem Augenblick kocht die Wut auf Max in mir hoch. Es ist eine Sache, dass er versucht, mir das Recht an diesen Embryonen zu nehmen. Aber es ist etwas vollkommen anderes, mir das nehmen zu wollen, was mich glücklich macht.
»Vanessa«, sage ich, »ich will ein Baby – aber nicht, wenn das bedeutet, dass ich dich verliere.«
Als sie daraufhin den Blick hebt und mich anschaut, kommt die Sozialarbeiterin wieder herein. »Bitte, entschuldigen Sie noch mal. Also, was mich betrifft, ist alles okay.«
Vanessa und ich schauen einander an. »Heißt das, wir sind fertig?«, frage ich. »Wir haben bestanden.«
Sie lächelt. »Das war kein Test. Wir haben keine bestimmten Antworten von Ihnen erwartet. Wir wollten einfach nur Antworten, egal was, Punkt.«
Vanessa steht auf und schüttelt der Sozialarbeiterin die Hand. »Danke.«
»Viel Glück.«
Ich schnappe mir meinen Mantel und meine Handtasche, und wir verlassen das Büro. Einen Augenblick lang stehen wir einfach nur im Flur, dann packt mich Vanessa und drückt mich so fest an sich, dass ich den Boden unter den Füßen verliere. »Ich fühle mich, als hätten wir gerade den Superbowl gewonnen«, sagt sie.
»Eher das erste Spiel der Saison«, korrigiere ich sie.
»Trotzdem. Es fühlt sich verdammt gut an, wenn zur Abwechslung mal jemand Ja sagt.«
Sie
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