Ein Lied für meine Tochter
beantragt, das Sorgerecht für die ungeborenen Kinder übertragen zu bekommen?«
»Einspruch«, meldet Angela Moretti sich zu Wort. »Es ist eine Sache, wenn er diese Embryonen während seines Eröffnungsplädoyers ›ungeborene Kinder‹ nennt, aber müssen wir uns das jetzt den ganzen Prozess über anhören?«
»Einspruch abgelehnt«, erwidert der Richter. »Semantik ist mir egal, Miss Moretti. Solange jeder weiß, worum es geht, kann Mr. Preston das nennen, wie er will. Mr. Baxter, bitte beantworten Sie die Frage.«
Ich atme tief durch. »Ich will sicherstellen, dass sie ein wunderbares Leben haben, und zwar bei meinem Bruder Reid und dessen Frau Liddy.«
Dessen Frau Liddy . Die Worte brennen mir auf der Zunge.
»Und warum haben Sie das Sorgerecht nicht während der Scheidung geregelt?«
»Wir hatten keine Anwälte. Wir haben die Scheidung selbst geregelt. Ich wusste, dass wir unser Eigentum teilen mussten, aber das … das waren Kinder.«
»Unter welchen Umständen sind diese ungeborenen Kinder entstanden?«, fragt Wade.
»Als Zoe und ich verheiratet waren, wollten wir Kinder haben, und schließlich ist es fünfmal zu einer künstlichen Befruchtung gekommen.«
»Wer von Ihnen ist unfruchtbar?«
»Wir beide«, antworte ich.
»Und wie ging diese künstliche Befruchtung vonstatten?«
Während Wade mit mir unsere medizinische Geschichte durchgeht, spüre ich eine schmerzhafte Leere in meinem Bauch. Konnte eine Ehe, die insgesamt neun Jahre dauerte, wirklich zu zwei Fehlgeburten und einer Totgeburt führen? Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass ein paar juristische Dokumente und eben diese Blutspur das Einzige sind, was davon übrig geblieben ist.
»Wie haben Sie auf die Totgeburt reagiert?«, fragt Wade.
Es klingt furchtbar, wenn ich das so sage, aber ich denke, wenn ein Baby stirbt, hat die Mutter es einfacher. Ihre Trauer ist äußerlich erkennbar. Ihr Verlust ist ihr deutlich am Bauch anzusehen. Bei mir war das jedoch anders. Mein Verlust war innerlich. Er hat mich aufgefressen, sodass ich lange Zeit nur eines wollte, irgendwie diese schreckliche Leere füllen.
Und Gott weiß, dass ich das versucht habe … mit Alkohol.
Mir treten die Tränen in die Augen. Das alles ist mir ja so peinlich. Ich senke den Kopf. »Ich habe es vielleicht nicht so gezeigt wie Zoe«, sage ich, »aber ich war am Boden zerstört. Vollkommen. Ich wusste, dass ich das nicht noch einmal durchstehen würde, selbst wenn ich gewollt hätte.« Ich hebe den Blick und sehe, wie Zoe mich anstarrt. »Also habe ich erklärt, ich wolle die Scheidung.«
»Wie sah Ihr Leben danach aus, Max?«
Plötzlich fühlt meine Kehle sich wie ausgetrocknet an, und ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt nichts trinke, werde ich sterben. Ich zwinge mich, an Liddy zu denken, wie sie letztens bei mir am Bett gesessen und für mich gebetet hat. »Ich habe eine schlimme Zeit durchgemacht«, erzähle ich. »Ich konnte keinen Job annehmen. Und ich habe wieder zu trinken begonnen. Mein Bruder hat mich bei sich aufgenommen, aber ich habe mich immer tiefer und tiefer in die Scheiße geritten – bitte, entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Und dann, eines Tages, bin ich mit meinem Truck gegen einen Baum gefahren und im Krankenhaus gelandet.«
»Und hat sich danach etwas verändert?«
»Ja«, antworte ich. »Ich habe Jesus gefunden.«
»Einspruch, Euer Ehren«, ruft Angela Moretti. »Wir sind hier vor Gericht, nicht in der Kirche.«
»Ich lasse die Frage zu«, erwidert Richter O’Neill.
»Sie sind also religiös geworden, ja?«, hakt Wade nach.
Ich nicke. »Ich begann, in die Eternal Glory Church zu gehen und mit dem Pastor zu reden – Clive Lincoln. Er hat mir das Leben gerettet. Ich meine, ich war völlig am Ende. Ich hatte mein Leben ruiniert. Ich war Alkoholiker, und ich wusste nichts über Religion. Zuerst dachte ich, wenn ich in die Kirche ginge, würden alle mich verurteilen. Aber dann war ich vollkommen überrascht. Diese Leute kümmerte es nicht, wer ich war. Sie sahen mich als den Menschen, der ich sein könnte. Ich besuchte Bibelkreise, Wohltätigkeitsveranstaltungen und die sonntäglichen Treffen nach dem Gottesdienst. Alle beteten sie für mich: Reid und Liddy, Pastor Clive und alle anderen in der Gemeinde. Sie liebten mich ohne jeden Vorbehalt. Und eines Tages saß ich auf meiner Bettkante und bat Jesus, der Retter meiner Seele und der Herr meines Lebens zu sein. Und als er meiner Bitte entsprach, wurde die Saat des Heiligen
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