Ein Lied für meine Tochter
ich nach der Operation nie wieder ein Kind würde bekommen können«, sage ich.
»Hat sich Ihre Beziehung zu Vanessa daraufhin verändert?«
»Ja. Sie hat sich nach der Operation um mich gekümmert. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht. Wir haben zusammen rumgehangen, sind zusammen einkaufen gegangen, haben zusammen gekocht und so weiter und so fort. Und irgendwann wurde mir dann bewusst, dass ich nur noch mit ihr zusammen sein wollte … dass ich mehr für sie empfand, als man es gemeinhin für eine Freundin tut.«
»Zoe, hatten Sie vorher schon mal eine gleichgeschlechtliche Beziehung?«
»Nein«, antworte ich und wähle meine nächsten Worte mit Bedacht. »Ich weiß, wie seltsam das erscheinen muss, aber wenn man sich zu jemandem hingezogen fühlt, dann wegen der Details. Wegen der Freundlichkeit. Wegen der Augen. Oder wegen des Lächelns. Wegen der Tatsache, dass der andere einen zum Lachen bringen kann, wenn man es am nötigsten braucht. All diese Dinge habe ich bei Vanessa empfunden. Dass sie eine Frau war … Nun, das war zwar unerwartet, aber nicht wirklich von Bedeutung.«
»Das fällt schwer zu verstehen, wenn man bedenkt, dass Sie vorher mit einem Mann verheiratet waren …«
Ich nicke. »Ich denke, deshalb habe ich auch eine Weile gebraucht, bis ich realisiert habe, dass ich mich in Vanessa verliebt hatte. Ich habe das einfach nicht kapiert. Ich hatte auch früher schon Freundinnen, aber nie das Bedürfnis verspürt, auch eine körperliche Beziehung zu ihnen aufzubauen. Aber nachdem unsere Beziehung diese Wendung genommen hatte, fühlte es sich wie das Natürlichste auf der Welt an. Hätte jemand verlangt, sie aufzugeben, hätte er genauso gut von mir fordern können, das Atmen einzustellen.«
»Bezeichnen Sie sich selbst jetzt als lesbisch?«
»Ich bezeichne mich als Vanessas Frau. Aber wenn irgendjemand mir unbedingt ein Etikett aufkleben will, nur weil ich mit ihr auf ewig zusammen sein will, dann meinetwegen.«
»Was ist passiert, nachdem Sie sich verliebt hatten?«, fragt Angela.
»Ich bin in Vanessas Haus gezogen. Und im April haben wir in Fall River geheiratet.«
»Und dann haben Sie an irgendeinem Punkt darüber gesprochen, eine Familie zu gründen?«
»In unseren Flitterwochen«, sage ich. »Ich war davon ausgegangen, dass ich nach meiner Hysterektomie nie Kinder bekommen würde. Aber ich hatte noch drei eingefrorene Embryonen mit meinem eigenen Genmaterial … und jetzt hatte ich auch eine Partnerin mit einem gesunden Uterus, die diese Babys austragen konnte.«
»Und wollte Vanessa die Babys austragen?«
»Sie war sogar diejenige, die das vorgeschlagen hat«, sage ich.
»Was ist dann passiert?«
»Ich habe in der Kinderwunschklinik angerufen und um die Embryonen gebeten. Man hat mir gesagt, mein Partner müsse dem zustimmen, doch damit war nicht Vanessa, sondern Max gemeint. Also bin ich zu ihm gegangen und habe ihn um die Erlaubnis gebeten, die Embryonen benutzen zu dürfen. Ich wusste ja, dass er kein Baby will. Schließlich hat er sich ja deshalb von mir scheiden lassen. Ich habe ehrlich geglaubt, er würde das verstehen.«
»Und hat er es verstanden?«
»Er hat gesagt, er würde darüber nachdenken.«
Angela verschränkt die Arme vor der Brust. »Kam Max Ihnen bei diesem Treffen irgendwie verändert vor?«
Ich schaue ihn an. »Max war immer der typische Surfer, ein Beachboy, der nie eine Uhr trug, keinen Terminkalender hatte und stets eine halbe Stunde zu spät kam. Er hat sich das Haar nur schneiden lassen, wenn ich ihn daran erinnert habe, und er hat nie daran gedacht, einen Gürtel anzuziehen. Aber als ich mit Max über die Embryonen gesprochen habe, war er auf der Arbeit, und obwohl er körperlich arbeitete – er ist Landschaftsgärtner –, hat er eine Krawatte getragen. An einem Samstag.«
»Und hat Max sich wegen der Embryonen wieder bei Ihnen gemeldet?«
»So in der Art«, erwidere ich verbittert. »Er hat mich verklagt und mir eine Vorladung zukommen lassen.«
»Wie haben Sie sich da gefühlt?«, will Angela wissen.
»Ich war wütend. Und verwirrt. Er wollte kein Vater sein, das hat er mir selbst gesagt. Soweit ich wusste, hatte er noch nicht einmal eine Beziehung mit jemandem. Er wollte die Embryonen nicht. Er wollte nur, dass ich sie nicht bekomme.«
»Als Sie mit Max verheiratet waren, hatte er da Probleme mit Homosexualität?«
»Darüber haben wir nie gesprochen. Aber ich habe ihn nie als intolerant kennengelernt.«
»Während Ihrer Ehe«,
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