Ein Lied für meine Tochter
ich sollten mal shoppen oder gemeinsam essen gehen, um uns besser kennenzulernen; aber ich war fest davon überzeugt, dass wir uns bereits nichts mehr zu sagen gehabt hätten, wenn wir ins Auto gestiegen wären.
Inzwischen jedoch scheint Liddy tatsächlich so etwas wie Rückgrat entwickelt zu haben. Es ist schon erstaunlich, welche Kräfte in einem freigesetzt werden, wenn man es sich in den Kopf gesetzt hat, jemand anderem die Embryonen zu klauen.
»Danke, aber ich habe meine tägliche Gebetsdosis schon bekommen«, erwidere ich.
»Keine Gebete. Es ist nur … Es …« Sie schaut mich an. »Max versucht nicht, dich zu verletzen.«
»Jaja, ich bin nur ein Kollateralschaden. Schon verstanden.«
»Ich weiß, wie du dich fühlst.«
Ihre Unverfrorenheit überrascht mich wirklich. »Du hast nicht die geringste Ahnung, wie ich mich fühle. Du und ich«, spucke ich, »haben nichts gemeinsam, absolut gar nichts.«
Ich dränge mich an Liddy vorbei, und Angela läuft mir hinterher.
»Dein Charme hat sich offenbar auf deine Mandantin übertragen, Frau Anwältin«, ruft Wade uns hinterher.
Liddys Stimme folgt mir den Flur hinunter. »Doch, wir haben etwas gemeinsam, Zoe«, sagte sie. »Wir lieben beide diese Babys.«
Ich bleibe automatisch stehen und wirbele herum.
»Was auch immer dir das bedeuten mag«, sagt Liddy leise. »Ich habe immer geglaubt, dass du eine großartige Mutter sein würdest.«
Angela hakt sich bei mir unter und zerrt mich den Gang hinunter.
»Ignorieren Sie die beiden«, sagt sie. »Wissen Sie, was eine Kloschüssel und Wade Preston gemein haben? Beide haben nur Scheiße im Kopf.«
Doch diesmal lächele ich noch nicht einmal.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter sich häufig verabredet hätte, als ich jung war, doch eine dieser Verabredungen ist mir im Gedächtnis geblieben. Eines Abends stand ein Mann vor unserer Tür, der mehr Parfüm aufgelegt hatte als meine Mutter, und hat sie zum Essen ausgeführt. Ich schlief auf der Couch bei Love Boat ein und wachte irgendwann bei Saturday Night Live wieder auf. Mein Mutter stand vor mir. Ihr Mascara war verschmiert und ihr Haar zerzaust. »War er nett?«, erinnere ich mich, gefragt zu haben, doch meine Mutter hat nur verächtlich geschnaubt.
»Trau niemals einem Mann, der einen Ring am kleinen Finger trägt«, hat sie gesagt.
Damals habe ich das nicht verstanden; doch jetzt sehe ich das genauso: Der einzige Schmuck, den ein Mann tragen sollte, sind ein Ehering und vielleicht ein Superbowl-Ring. Jedes weitere Schmuckstück ist ein Hinweis darauf, dass es nicht funktionieren wird: Ein Highschoolring bedeutet, dass er nie erwachsen geworden ist, und Modeschmuck sagt, dass er schwul ist, es nur noch nicht weiß. Und ein Ring am kleinen Finger bedeutet Eitelkeit, ein Möchtegern-Truman-Capote, den sein Aussehen mehr interessiert als dein Wohlergehen.
Wade Preston trägt einen Ring am kleinen Finger.
»Sie haben in der Tat mit vielerlei Gesundheitsproblemen zu kämpfen gehabt, Miss Baxter«, sagt er. »Fast wie Hiob könnte man sagen.«
»Einspruch«, sagt Angela. »Das könnte man nicht.«
»Stattgegeben. Herr Anwalt, bitte enthalten Sie sich jeglichen persönlichen Kommentars«, sagt Richter O’Neill.
»Und viele dieser medizinischen Probleme waren lebensbedrohlich, nicht wahr?«
»Ja«, bestätige ich.
»Es besteht also die Chance, dass Sie nicht werden erleben können, wie diese ungeborenen Kinder aufwachsen, sollte das Gericht sie Ihnen zusprechen.«
»Im Augenblick bin ich vollkommen krebsfrei, und die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls beträgt zwei Prozent.« Ich lächele ihn an. »Ich bin so gesund wie ein Pferd, Mr. Preston.«
»Sie verstehen doch, dass eine Schwangerschaft nicht garantiert ist, sollte das Gericht diese ungeborenen Kinder Ihnen und Ihrer lesbischen Geliebten zusprechen, oder?«
»Das weiß ich besser als jeder andere«, sage ich. »Aber ich weiß auch, dass das hier meine letzte Chance ist, ein biologisches Kind zu bekommen.«
»Sie leben jetzt mit Vanessa Shaw in deren Haus zusammen, korrekt?«
»Ja. Wir sind verheiratet.«
»Nicht in diesem Staat. Nicht in Rhode Island«, korrigiert mich Wade.
Ich schaue ihm in die Augen. »Ich weiß nur, dass der Staat Massachusetts mir eine Heiratsurkunde ausgestellt hat.«
»Wie lange sind Sie schon zusammen?«
»Ungefähr fünf Monate.«
Er hebt die Augenbrauen. »Das ist aber nicht sehr lang.«
»Ich nehme an, ich erkenne etwas Gutes sofort, wenn
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