Ein Lied für meine Tochter
Video. Ich schaute kurz zu und fragte mich dann, ob die Person, die auf der anderen Seite des winzigen Fensters wartete, mir wohl zuhörte.
Es dauerte ewig.
Zu guter Letzt schloss ich die Augen und stellte mir Zoe vor.
Zoe, wie sie gewesen war, bevor wir begonnen hatten, über eine Familie zu sprechen. Wie sie war, als wir in den White Mountains wild gecampt hatten. Wenn ich aufwachte, hatte sie auf einem Felsen gesessen und auf einer Flöte gespielt, und zwar nackt.
Als ich fertig war, starrte ich die Probe in dem Behälter an. Kein Wunder, dass wir nicht schwanger werden konnten. Da war ja kaum etwas – jedenfalls nicht, was die reine Menge betraf. Ich schrieb Namen und Uhrzeit auf den Behälter, schob die Probe durch das kleine Fenster, ging hinaus und schloss die Tür. Hätte ich wohl klopfen oder rufen sollen, damit der Laborant auf der anderen Seite wusste, dass ich fertig war.
Das würden sie schon rausfinden, dachte ich dann. Ich wusch mir die Hände und eilte den Flur hinunter. Die Empfangsdame lächelte mich an, als ich ging. »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte sie.
Meinte sie das ernst? Schließlich war das in einer Kinderwunsch-Klinik mehr als nur zweideutig.
Als ich zu meinem Wagen ging, stellte ich mir vor, wie ich Zoe erzählen würde, was die Empfangsdame gesagt hatte. Mann, was würden wir lachen!
Als ich aufwache, liege ich auf einem Kissen mit einem Bezug aus lila Fell und auf dem Boden eines Schlafzimmers, das ich nicht erkenne. Ich ignoriere den Presslufthammer in meinem Schädel, setze mich auf und sehe einen nackten Fuß mit feuerrot lackierten Nägeln. Meine Zunge fühlt sich an wie geschwollen.
Taumelnd stehe ich auf und schaue auf die Frau hinunter. Es dauert eine ganze Minute, bis ich mich an ihren Namen erinnere. Allerdings weiß ich nicht mehr, wie wir hierhergekommen sind, aber ich sehe noch eine andere Bar vor mir, in der wir nach dem Quasimodo’s gewesen sind. Ich schmecke Tequila und Scham.
Sally schnarcht wie ein Seemann. Das ist das einzig Gute an der Situation. Das Letzte, was ich jetzt will, ist, mich mit ihr zu unterhalten. Auf Zehenspitzen schleiche ich aus dem Raum und halte mir meine Hose, mein Hemd und meine Schuhe in einem Bündel vor den Unterleib. Bin ich letzte Nacht gefahren? Ich hoffe nicht. Aber Gott allein weiß, wo ich meinen Wagen gelassen habe.
Badezimmer. Ich werde ins Badezimmer gehen, und dann werde ich mich rausschleichen. Ich werde nach Hause gehen und so tun, als sei das nie passiert.
Ich pinkele, wasche mich, halte meinen Kopf unter den Hahn und rubbele mir das Haar mit einem rosa Handtuch trocken. Dabei fällt mein Blick auf das Regal, wo eine Packung Kondome liegt. Oh, Gott sei Dank. Gott sei Dank, dass ich nicht auch das noch verbockt habe.
Reiß dich zusammen, Max , ermahne ich mich stumm.
Du warst schon mal an diesem Punkt, und du willst nicht wieder zurück.
Jeder baut von Zeit zu Zeit mal Mist. Vielleicht passiert mir das ja ein wenig öfter als anderen, aber das heißt noch lange nicht, dass bei mir Hopfen und Malz verloren sind. Ich bin nicht vom Wagen gefallen, es war nur … eine Bodenschwelle.
Ich öffne die Badezimmertür und blicke einem Kleinkind in die Augen, das am Daumen lutscht und mich anstarrt, hinter ihm seine ältere Schwester, ein Teenager. »Wer zum Teufel sind Sie denn?«, verlangt sie zu wissen.
Ich antworte ihr nicht. Ich renne an den beiden Kindern vorbei, raus aus der Tür und die Einfahrt hinunter, in der aber mein Wagen nicht steht. Ich renne die ganze Sackgasse in meinen Boxershorts hinunter. Am State Highway ziehe ich mich an und krame in meinen Taschen nach meinem Handy, aber der Akku ist leer. Ich renne weiter. Ich bin sicher, dass Sally und ihre Kinder mich in dem Minivan, der in der Einfahrt stand, jagen und zur Strecke bringen werden. Und ich bleibe nicht stehen, bis ich ein Einkaufszentrum sehe. Ich brauche ein Telefon. Ich rufe ein Taxiunternehmen an, um wieder zum Quasimodo’s zurückzukommen und meinen Wagen zu holen (den ich hoffentlich dort gelassen habe), und dann werde ich bei Reid Zuflucht suchen.
Es ist nicht wirklich meine Schuld, dass der erste offene Laden, den ich am Samstagmorgen finde, ein Restaurant ist, dessen Besitzer gerade Inventur macht. Es ist nicht meine Schuld, dass der Kerl den Kopf schüttelt, als ich frage, ob ich mal telefonieren darf, und dass er sagt, ich sähe aus, als hätte ich eine wilde Nacht hinter mir. Es ist nicht meine Schuld, dass er mich auf einen
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