Ein Lied für meine Tochter
Fehlern, sondern freuten sich einfach, dass ich da war. Ich musste mich nicht mehr dafür schämen, dass ich das College abgebrochen habe, dass ich geschieden bin oder dass ich mich so sehr betrunken habe, dass ich mit meinem Truck in einen Graben gerast bin. Diesen Menschen reichte es schlicht und ergreifend, dass Jesus mich in ihre Mitte geführt hatte, und damit war ich würdig.
Die Eternal Glory Church hat kein eigenes Gebäude, deshalb hat sie die Highschool-Aula angemietet. Wir stehen hinten und warten darauf, dass Pastor Clive uns das Zeichen gibt. Clives Frau spielt Klavier, und seine drei kleinen Töchter singen. »Sie klingen wie Engel«, murmele ich.
»Ja«, stimmt Reid mir zu. »Sie haben auch noch ein viertes Kind, aber das tritt nicht auf.«
»Ein kleiner Bonus-Judas«, scherze ich.
Die Hymne verklingt, und Pastor Clive tritt auf die Bühne, die Hände zum Gebet gefaltet. »Heute«, bellt er, »geht es um Jesus.«
Die Gemeinde antwortet ihm im Chor.
»Und deshalb wird uns heute unser neuer Bruder in Christi seine Geschichte erzählen. Max, würdest du bitte zu mir raufkommen?«
Mit Reids und Liddys Hilfe bewege ich mich auf Krücken auf die Bühne zu. Normalerweise mag ich es nicht, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, aber das hier ist etwas anderes. Heute werde ich die Geschichte erzählen, wie ich zu Christus gekommen bin. Ich werde meinen Glauben öffentlich bekennen, auf dass alle Menschen mich daran messen können.
Willkommen , höre ich.
Hallo, Bruder Max.
Clive führt mich zu einem Stuhl auf der Bühne. Er muss aus einem der Klassenzimmer stammen. Die Beine stecken in Tennisbällen, um Kratzer auf dem Linoleum zu vermeiden. Daneben steht etwas, das wie eine große Kühltruhe aussieht. Es ist voller Wasser, und ein paar Stufen führen hinauf. Ich setze mich auf den Stuhl, und Clive tritt zwischen Liddy und Reid und nimmt sie an der Hand. »Jesus, hilf Max, dir näherzukommen. Lass Max Gott erkennen, Gott lieben und eine gute Zeit mit seinem Wort verbringen.«
Während Clive über mir betet, schließe ich die Augen. Das Licht der Bühnenscheinwerfer wärmt mein Gesicht. Das erinnert mich an die Zeit, als ich noch klein war und mit dem Fahrrad gefahren bin. Ich habe immer das Gesicht in die Sonne gestreckt und die Augen geschlossen, und dann war ich fest davon überzeugt, dass mir schon nichts passieren würde, dass ich unverwundbar war.
Andere Stimmen gesellen sich zu der von Pastor Clive. Es fühlt sich wie tausend Küsse an, als würde ich bis zum Bersten von allem Guten in der Welt erfüllt, sodass kein Platz mehr für das Schlechte bleibt. Es ist Liebe und bedingungslose Akzeptanz, und ich habe Jesus nicht nur nicht verraten, er sagt auch, dass ich das nie tun werde. Seine Liebe strömt in mich, bis ich sie nicht mehr in mir behalten kann. Es bricht aus meiner Kehle hervor – Silben, die nicht wirklich zu einer Sprache gehören, und doch verstehe ich die Botschaft. Alles ist so vollkommen klar für mich.
Vanessa
Ich habe nicht viel über Zoe Baxter nachgedacht, bis ich sie im Wettkampfbecken des YMCA finde, wo sie zu ertrinken droht.
Zuerst weiß ich nicht, wer sie ist. Ich schwimme meine Bahnen immer um halb sieben Uhr morgens – das ist so ziemlich der einzige Sport, für den ich es schaffe, mich aus dem Bett zu quälen –, und mitten in einem Schwimmzug sehe ich eine Frau auf den Boden sinken. Sie hat die Arme ausgestreckt, und es sieht so aus, als würde sie nicht wirklich sinken, sondern vielmehr einfach loslassen.
Ich tauche, packe ihre Hand und ziehe sie durchs Wasser. Die Frau wehrt sich, als wir uns der Oberfläche nähern, doch da bin ich schon voller Adrenalin. Ich zerre sie aus dem Becken, knie mich über sie und tropfe auf ihr Gesicht, während sie hustet und sich auf die Seite rollt. »Was zum …?«, keucht sie. »Was zum Teufel machen Sie da?«
»Die Frage ist, was machen Sie da?«, erwidere ich, und als die Frau sich aufsetzt, erkenne ich, wen ich da gerettet habe. »Zoe?«
Es ist ruhig im YMCA. Außer mir ziehen nur noch ein paar ältere Schwimmer ihre Bahnen, und in den kleineren Becken arbeiten ein paar Therapeuten mit ihren Reha-Patienten. Zoe und ich spielen unsere kleine Szene am Beckenrand, ohne dass irgendjemand Notiz davon nimmt.
»Ich habe zum Licht hinaufgestarrt«, sagt Zoe.
»Nur zu Ihrer Information: Dafür muss man nicht ertrinken.« Nun, da wir beide aus dem Wasser sind, zittere ich. Ich schnappe mir mein Handtuch und
Weitere Kostenlose Bücher