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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Schwester meiner besten Freundin einen Kassettenrekorder, auf dem ständig Billy, Don’t Be a Hero lief. Das war 1974, und Paper Lace hat den Song gesungen. Ich habe mein ganzes Taschengeld gespart, um mir die Single selbst zu kaufen. Mir treten heute noch die Tränen in die Augen, wenn ich die Stelle höre, wo das Mädchen die Nachricht vom Tod ihres Freundes bekommt«, erzähle ich. »Das ist schon komisch … Wenn ich mir einen Song für eine einsame Insel aussuchen müsste, dann würde ich den nehmen. Glaub mir, seitdem habe ich schon viel ausgefeiltere und bessere Musik gehört, aber allein schon aus nostalgischen Gründen wäre Paper Lace meine erste Wahl.« Ich schaue Lucy an. »Was ist mit dir? Was für Musik würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?«
    Lucy lächelt mich süßlich an. »The Very Best of David Hasselhoff« , sagt sie und steht auf. »Darf ich mal aufs Klo?«
    Kurz starre ich sie einfach nur an. Vanessa und ich haben nicht abgesprochen, ob das erlaubt ist. Aber das hier ist eine Therapie, kein Gefängnis – und außerdem wäre es grausam, das Mädchen davon abzuhalten, auf die Toilette zu gehen. »Sicher«, sage ich. »Ich warte hier.«
    »Darauf möchte ich wetten«, murmelt Lucy und schlüpft hinaus.
    Ich trommele mit den Fingern auf dem Tisch und greife dann nach meinem Stift. Die Patientin gibt persönliche Informationen nur widerwillig preis , schreibe ich.
    Sie mag David Hasselhoff.
    Dann streiche ich den letzten Satz wieder. Lucy hat das nur gesagt, um meine Reaktion zu sehen.
    Glaube ich.
    Ich war so sicher gewesen, zu Lucy durchdringen zu können. Ich habe meine Fähigkeiten als Therapeutin nicht einen Moment infrage gestellt. Dabei habe ich in letzter Zeit entweder vor einem faszinierten Publikum gearbeitet (den Bewohnern des Altenheims) oder mit Menschen, die unter so großem körperlichem Stress litten, dass Musik ihnen nur helfen, nicht sie verletzen konnte (den Brandopfern). Der Faktor, den ich bei meiner Gleichung ausgelassen hatte, war, dass ich mich zwar auf diese Sitzung gefreut hatte, Lucy aber überall sein wollte, nur nicht hier.
    Nach ein paar Minuten schaue ich mich in dem Raum um.
    Er ist für die Bedürfnisse von Schülern eingerichtet, die einer besonderen Betreuung bedürfen wie geistig behinderte oder verhaltensauffällige Kinder. Es gibt hier Hüpfbälle anstelle von Stühlen, kleine Arbeitsplätze, an denen die Kinder stehen statt sitzen können, Bücherregale, Kirschkernkissen und Sandpapier. Und auf der Tafel steht: Hi, Ian!
    Wer ist Ian? , frage ich mich. Und was haben sie mit ihm gemacht, damit Lucy und ich uns hier treffen können?
    Plötzlich fällt mir auf, dass schon fünfzehn Minuten vergangen sind, seit ich Lucy erlaubt habe, auf die Toilette zu gehen. Ich verlasse den Raum und sehe die Mädchentoilette am Ende des Flurs. Als ich die Tür öffne, sehe ich ein Mädchen, das sich vor dem Spiegel die Augen schminkt.
    Ich bücke mich, sehe aber keine Füße unter den Kabinentüren.
    »Kennst du Lucy DuBois?«, frage ich das Mädchen.
    »Äh … Ja …«, antwortet das Mädchen. »Ein echter Freak.«
    »War sie hier?«
    Das Mädchen schüttelt den Kopf.
    »Verdammt«, murmele ich und kehre wieder in den Flur zurück. Dann werfe ich wieder einen Blick in den Raum, wo wir uns getroffen haben, aber ich bin nicht so naiv zu glauben, dass sie dort auf mich warten würde.
    Ich werde also in die Verwaltung zurückgehen und berichten müssen, dass Lucy die Sitzung abgebrochen hat.
    Ich werde es Vanessa sagen müssen.
    Und dann tue ich genau das, was Lucy getan hat: Ich beschließe, den Schaden zu begrenzen, und gehe einfach.
    Nachdem ich bei Lucy so kläglich gescheitert bin, ist alles besser, als nach Hause zu gehen. Ich weiß, dass dort Nachrichten von Vanessa auf mich warten. Sie war nicht in ihrem Büro, als ich mich abgemeldet habe, also habe ich ihr eine kurze Nachricht hinterlassen, in der ich mich für die abgebrochene Therapiesitzung entschuldigt habe. Ich schalte mein Handy aus und fahre zu dem anonymsten Ort, der mir einfällt: Walmart. Sie wären überrascht, wie viel Zeit man damit verbringen kann, zwischen den Regalen hindurchzuwandern, sich Geschirr mit Obstmustern anzusehen und die Preise generischer Vitaminpräparate mit denen von Markenprodukten zu vergleichen. Ich fülle meinen Einkaufswagen mit Dingen, die ich nicht brauche: Geschirrtücher und eine Campinglampe, drei Jim-Carrey-DVDs für zehn Dollar das Pack und Zahnseide. Dann lasse

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