Ein Lord entdeckt die Liebe
Training zuschauten.
„Er strengt sich so an, als würde er gegen einen echten Feind kämpfen“, meinte Chloe nach einer Weile leise. „Diese Puppe“, sie wies auf eine hölzerne Figur, die in alten Kleidungsstücken steckte, „sieht schon ganz mitgenommen aus. Bestimmt fällt sie gleich um.“
„Hm …“, murmelte Rob. „Er is echt stark. Und viel netter, als ich zuerst gedacht hab. Er zeigt mir, wie ich Fitz erziehn muss.“
„Der Marquess?“ Sie war erstaunt. „Das ist wirklich nett.“
„Er sucht für Fitz und mich ne neue Familie. Auf’m Land.“
Chloe nickte.
„Fitz is ziemlich gehorsam. Ich auch. Jedenfalls versuch ich’s.“ Er sah jetzt ein wenig schuldbewusst drein. „Ich bin allen aus dem Weg gegangn. Das war ganz schön schwierig. Überall sind Leute. Und ganz viele habn braunes Haar.“ Er schaute sie fragend an. „Aber ich hab doch nix falsch gemacht, nich wahr?“
„Du hast bestimmt alles richtig gemacht.“
„Ich mach kein’ Ärger.“ Es war mehr eine Frage als eine Feststellung. „Sie hat mich nämlich noch nicht gesehn.“
Der Spaniel, empfindsam für die Gefühle seines kleinen Besitzers, gab ein kurzes ermutigendes Wuff von sich.
Chloe und der Junge erstarrten.
„Wer ist da?“, erklang Lord Marlands Stimme.
Rob sprang erschrocken auf und verschwand um die nächste Ecke. Fitz folgte ihm auf den Fersen.
Lächelnd schaute Chloe ihnen nach, erhob sich dann, beugte sich über das Geländer und rief: „Ich bin es nur.“
Der Marquess wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. „Was tun Sie dort oben?“
Ihre Mundwinkel zuckten. „Ich genieße den Ausblick.“
Klirrend fiel das Schwert zu Boden, und Chloe zuckte unwillkürlich zusammen. „Ich bin gleich bei Ihnen. Und dann habe ich vor, den Augenblick zu genießen.“
Er verschwand aus ihrem Blickfeld. Gleich darauf hörte sie seine Schritte auf der Treppe. Offenbar nahm er zwei Stufen auf einmal. Dann war er auch schon bei ihr, riss sie in die Arme, hob sie hoch und wirbelte sie herum.
Kaum hatte er sie wieder auf die Füße gestellt, als sie ihm auch schon den Mund zum Kuss bot. Sie küssten sich lange und leidenschaftlich. Chloe war sich Braedons Nähe und der Wärme, die sein Körper ausstrahlte, sehr bewusst. Sie streichelte seinen schweißfeuchten Rücken, schmiegte sich an seine Brust, obwohl kein Zweifel daran bestehen konnte, dass ihr Kleid feuchte Flecken davontragen würde.
Schließlich löste Braedon sich von ihr. Allerdings nur, um ihr einen Kuss auf die Nasenspitze zu geben. Dann hob er sie entschlossen hoch und trug sie ins nächste Schlafzimmer. Mit einem Tritt schloss er die Tür hinter sich. Während er Chloe noch immer fest an sich presste, sagte er: „Wenn du deine Pflichten ein paar Minuten vergessen könntest, wüsste ich einen sehr angenehmen Zeitvertreib für uns beide.“
Sie schaute sich in dem kleinen Raum um. Es musste sich um ein Gästezimmer handeln, das mit einem Tisch, zwei Stühlen, einer Kommode und einem schmalen Bett möbliert war. „Die Vorstellung ist sehr verführerisch. Aber der Ball findet morgen statt. Und ich habe noch unzählige Dinge zu erledigen.“
Braedon begann, ihren Rücken zu streicheln. Sie seufzte auf und schmiegte sich an ihn. „Ich könnte helfen. Hinterher“, bot er ihr an.
Sie schüttelte den Kopf. „Ihre Schwester ist im Haus und macht alle Welt verrückt. Sie ist schrecklich aufgeregt, weil Lord Ashton in der nächsten Stunde erwartet wird.“
„Ich bin froh, dass er überhaupt noch rechtzeitig eintrifft. Obwohl …“ Für einen Moment nahm sein Gesicht einen seltsamen Ausdruck an. Er ließ Chloe los, hielt sich die Hand vor die Nase und schnupperte. Seine Stimme klang enttäuscht, als er feststellte: „Ich hätte es wissen müssen.“
Verwirrt schaute sie an sich hinunter. „Oh!“ Sie hatte den Fleck auf ihrem Kleid bemerkt. Lakritz! „Ja, ich habe den Jungen kennengelernt.“
„Er hätte im Kinderzimmer bleiben sollen.“ Unzufrieden schüttelte Braedon den Kopf, wechselte dann aber das Thema. „Seit Jahren schon suche und finde ich Frieden, wenn ich mich im Schwertkampf übe. Meine Geschicklichkeit hat mir auch immer ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Doch gegen dich, Chloe, hilft das alles nicht im Geringsten. Ich bin unfähig, mich zu verteidigen.“ Aufseufzend ließ er sich auf die Bettkante sinken.
Unaufgefordert setzte sie sich auf seinen Schoß. „Gegen mich müssen Sie sich nicht verteidigen. Das
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