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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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erkennen ge-
    geben habe . . .«
    »Wofür, lieber Herr?« fragte Joel.
    »Nun, ich dächte . . . dafür, daß Sie mir das Leben mit ei-
    gener Lebensgefahr gerettet haben!«
    »Wenn es Ihnen gefällig wäre . . .«, sagte Hulda, die sich
    erhob, um jede Lobpreisung abzuschneiden.

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    »Wie? Natürlich will ich! Was mich betrifft, ich will gern
    alles, was man von mir will!«
    Mit diesen Worten beglich der Reisende schon die gerin-
    gen Kosten, die er den Bauern in der Hütte verursacht hatte.
    Dann begann er, ein wenig von Hulda und desto mehr von
    Joel gehalten, den gewundenen Fußpfad, der nach den
    Ufern des Maan führt, wo er an der Straße nach Dal mün-
    det, vorsichtig hinabzusteigen.
    Das ging freilich nicht ohne einige »Ach!« und »Oh!« ab,
    diese liefen aber doch gewöhnlich in ein herzliches Lachen
    aus. Endlich erreichten alle die Sägemühle, und Joel brachte
    sofort den Wagen in Ordnung.
    5 Minuten später saß der Reisende in dem Sitzkasten ne-
    ben dem jungen Mädchen.
    »Und Sie?« wandte er sich fragend an Joel. »Ich habe Ih-
    nen nun den Platz weggenommen . . .«
    »Einen Platz, den ich Ihnen von Herzen gern abtrete
    . . .«»Aber vielleicht mit schwerem Herzen?«
    »Nein . . . nein! Ich habe meine Beine, werter Herr, or-
    dentliche Beine, die sind für Landstraßen geschaffen.«
    »Und für so vorzügliche Landstraßen . . . nicht wahr, jun-
    ger Freund?«
    So fuhren sie denn die Straße hin, die sich allmählich
    dem Maan nähert. Joel ging neben dem Kopf des Pferdes,
    das er am Zügel führte, um den Unebenheiten des Bodens
    besser ausweichen zu können.
    Die Heimfahrt verlief ganz heiter – wenigstens was den

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    Fremden anging. Er plauderte schon wie ein alter Freund
    der Familie Hansen. Noch bevor sie nach Hause kamen,
    nannten Bruder und Schwester ihn schon »Herr Sylvius«,
    und Herr Sylvius nannte sie nur Joel und Hulda, als ob sie
    schon wer weiß wie lange alle drei miteinander bekannt wä-
    ren.Gegen 4 Uhr zeigte der Glockenturm von Dal seine feine
    Spitze zwischen den Bäumen des Weilers, und einen Augen-
    blick später hielt das Pferd vor dem Gasthaus an. Der Rei-
    sende stieg nicht ohne einige Mühe aus dem Wagen. Frau
    Hansen war zum Empfang an der Tür erschienen, und ob-
    wohl jener nicht das beste Zimmer verlangt hatte, wurde er
    doch, als ob sich das von selbst verstände, dahin geführt.
    IX.
    Sylvius Hog – so lautete der Name, der noch denselben
    Abend in das Fremdenbuch, und zwar gleich hinter dem
    Namen Sandgoist, eingetragen wurde. Man wird zuge-
    ben, daß zwischen diesen beiden Namen, ebenso wie zwi-
    schen den Männern, die sie trugen, ein starker Unterschied
    herrschte. Weder in der äußeren Erscheinung, noch in dem
    Charakter und Auftreten hatten sie etwas Übereinstimmen-
    des. Freigebigkeit auf der einen, Habsucht auf der anderen
    Seite. Der eine war die Herzensgüte selbst, der andere die
    häßliche Hülle einer vertrockneten Seele.
    Sylvius Hog zählte kaum 60 Jahre und erschien noch weit
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    jünger. Groß, gerade aufgerichtet und gut gewachsen, ein
    gesunder Geist in einem gesunden Körper, gefiel er jedem
    beim ersten Zusammentreffen schon durch das hübsche,
    liebenswürdige Gesicht, das bartlos und von grauschim-
    mernden, etwas langen Haaren eingerahmt war, mit den
    ganz wie seine Lippen lächelnden Augen, der breiten Stirn,
    hinter der sich die edelsten Gedanken bequem entwickeln,
    und der breiten Brust, in der das Herz frei schlagen konnte.
    Mit diesen Vorzügen vereinigte er einen unerschöpflichen
    Vorrat von guter Laune, eine vornehme und bei aller Leut-
    seligkeit ihres Werts bewußte Erscheinung und eine Natur,
    die gewiß jedes edlen Entschlusses, jedes Opfers für andere
    fähig war.
    Sylvius Hog – aus Christiania – das sagte genug.
    Dieser war nicht allein bekannt, geschätzt, geliebt und
    geehrt in der Hauptstadt Norwegens, sondern ebenso im
    ganzen Land – natürlich in Norwegen. Die Leute urteilten
    nämlich in der anderen Hälfte des skandinavischen Reichs,
    also in Schweden, nicht ebenso über ihn.
    Das verlangt eine nähere Erklärung.
    Sylvius Hog war Professor der Rechte in Christiania. In
    anderen Städten nimmt derjenige, der Rechtsanwalt, Arzt
    oder Kaufmann ist, wohl die obersten Stufen der sozialen
    Rangordnung ein. In Norwegen ist das nicht der Fall; hier
    gilt der Professor als der Erste.
    Wenn es in Schweden vier Klassen, den Adel, die Geist-
    lichkeit, die

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