Ein Lotterielos. Nr. 9672
Die tannenen Balken
und Planken seiner »Mauern« haben im Laufe der Zeit eine
solche Härte angenommen, daß eine stählerne Axt daran
stumpf werden würde. Zwischen diesen vierkantig zuge-
hauenen, waagrecht übereinander gelagerten Balken füllt
eine Ansiedlung von Moos mit etwas Tonerde die Fugen
aus, so daß selbst der heftigste Winterregen keinen Eingang
findet.
In den Zimmern ist die Sparrendecke rot gemalt und
sticht damit stark ab gegen die milderen und heitereren
Farben des Wandgetäfels. In einer Ecke der großen Stube
steht der runde Kachelofen, dessen Rohr nach der Esse über
dem Küchenherd mündet. Hier wieder bewegt die große,
von einem Holzkasten umschlossene Uhr ihre schön ge-
arbeiteten und spitz auslaufenden Zeiger über ein großes
Emaillezifferblatt und bezeichnet jede Sekunde durch ein
lautes Ticktack. Dort steht der alte Schreibtisch mit brau-
nem Simswerk vor einem eichenartig angestrichenen, drei-
beinigen Sessel. Auf einem Untersetzer prangt ein Leuch-
ter aus gebranntem Ton, der, wenn man ihn umkehrt, einen
dreiarmigen Kandelaber darstellt. Die schönsten Möbel des
Hauses zieren überhaupt diesen Raum. Der Tisch aus Bir-
kenwurzel mit geschweiften Füßen. Die große Truhe mit
verzierten Beschlägen, in der sich der Sonn- und Festtags-
staat befindet. Der große hölzerne Lehnstuhl, der schon
mehr einem Kirchstuhl gleicht, die Stühle aus bemaltem
Holz; das altehrwürdige Spinnrad, dessen grünliche Verzie-
rungen lebhaft mit dem Rock der Spinnerinnen kontrastie-
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ren. Ferner der Topf für die eingesetzte Butter und die Rolle
zum Festrühren sowie der Tabakskasten und die Reibe aus
geschnittenem Knochen. Über der nach der Küche führen-
den Tür endlich blinken auf breitem Gestell die Reihen von
Kupfer- und Zinngeschirr neben Tellern und Schüsseln mit
glänzendem Emaille aus Fayence und solchen aus Holz, der
kleine Schleifstein, der halb in seinem gefirnisten Behäl-
ter verschwindet, der alte und ehrwürdige Eierhalter, der
nötigenfalls als Kelch dienen könnte, und dazu die hoch-
interessanten Wände, die mit Stickereien in Leinwand be-
deckt sind, die in bunten Farben Szenen aus der Bibel wie-
dergeben. Die Zimmer für Reisende sind zwar einfacher in
der Ausstattung, doch nicht minder anheimelnd mit ihren
höchst sauberen Möbeln; vor den Fenstern mit dem Vor-
hang aus frischem Grün, der sich von der Kante des begras-
ten Dachs herabzieht, mit dem breiten Bett und dessen wei-
ßem Linnenzeug, das ein Blumenmuster zeigt, wie mit den
Bettwänden, auf denen, gelb auf rotem Grund, Bibelsprü-
che aus dem alten Testament geschrieben stehen.
Unerwähnt darf hierbei auch nicht bleiben, daß die Die-
len des größten Raums wie die aller Zimmer des Erdge-
schosses und des 1. Stockwerks mit Birken-, Tannen- und
Wacholderreisig bestreut sind, dessen Blätter und Nadeln
das ganze Haus mit erfrischendem Wohlgeruch erfüllen.
Könnte sich wohl jemand eine reizendere Posada in Italien,
eine entzückendere Fonda in Spanien vorstellen?
Gewiß nicht. Und hier hat der Strom englischer Touris-
ten – wenigstens zu der Zeit, wo unsere Erzählung spielt –
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noch nicht wie in der Schweiz die Preise in die Höhe ge-
schnellt. In Dal wird die Börse des Reisenden nicht gleich
um Guineen und Pfunde Sterling erleichtert, hier bildet der
silberne Speziestaler, im Wert von 4,50 Mark, die größte
Münze; meist handelt es sich beim Bezahlen nur um dessen
Unterabteilungen, die Mark im Wert von ungefähr 57 Pfen-
nig, und den Kupferschilling, den man ja nicht mit dem
englischen Shilling verwechseln darf, denn jener entspricht
nur etwa einem französischen Sous*. Ebensowenig ist es
die anspruchsvolle Banknote, die der Tourist in Telemarken
stets auszugeben oder zu verschwenden hat. Hier sieht man
nur den einfachen Papierspezies von weißer Farbe, die 5-
Spezies-Note (blau), die zu 10 (gelb), die zu 50 (grün) und
zu 100 Spezies (rot); fehlen also nur zwei, sonst währen alle
sieben Regenbogenfarben vertreten.
Ferner – und damit bietet dieses gastliche Haus einen
weiteren beachtenswerten Vorzug – ist Speise und Trank
hier vortrefflich, was man von den anderen Gasthäusern
der Umgebung nicht allemal sagen kann. Telemarken recht-
fertigt nur zu sehr seinen Spitznamen des »Landes der ge-
ronnenen Milch«. Tief im Innern, wie in Tiness, Listhuus,
Tinoset und an anderen Orten, gibt es fast niemals Brot
oder
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