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Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Titel: Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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wieder geschimpft, ich sei unverschämt, und darauf bestanden, dass ich mich zu ihr setzte. Diesmal lächelte sie bloß und rührte in ihrem Kaffee. Hatte sie sich heimlich einer Gehirnoperation unterzogen oder was?
    »Gestern hat das Pressebüro der Lotteriegesellschaft angerufen«, sagte sie dann. »Es gibt ein paar neue Interviewanfragen. Der Daily Express will ein Fotoshooting mit dir machen und die Times vielleicht auch. Hello! ist auch interessiert.«
    Ich schaute mich demonstrativ um. »Hoffentlich will Hello! keine Homestory mit mir machen.«
    »Wir ziehen ja bald um. Die Makler meinten …«
    »Ich muss jetzt echt los«, unterbrach ich sie. »Richte Gilda bitte aus, sie soll allen zusagen. Und wir reden ein andermal, okay?«
    Ich wartete auf das unvermeidliche Donnerwetter, aber sie erwiderte nur: »Schon recht, Schätzchen. Das hat Zeit.«
    Äußerst verdächtig! Ich grübelte den ganzen Wegzum Café über dieses sonderbare Verhalten nach. Ich traf mich erst mit Shaz, danach war ich mit Jack zum Motorradkaufen verabredet. Als ich Shaz erblickte, vergaß ich meine Mutter. Shaz hatte verheulte Augen und putzte sich die Nase.
    Ich setzte mich zu ihr. »Hey Shaz … was hast du denn?«
    Sie zog die Nase hoch, griff unter ihren Stuhl und holte eine Plastiktüte hervor.
    »Tut mir echt leid, Lia, aber ich kann das nicht behalten.« In der Tüte war das Oberteil, das sie sich im Kaufhaus ausgesucht hatte, außerdem das gestreifte Kopftuch und zwei Armreifen vom Flohmarkt.
    »Wieso denn nicht? Die Sachen sind doch total anständig.« Ich kannte die Ansichten ihres Vaters darüber, wie Frauen sich anzuziehen hatten. Wenn ich zu Shaz nach Hause ging, trug ich keine kurzen Röcke oder tief ausgeschnittenen Oberteile. Ehrlich gesagt war es mir deshalb auch lieber, wenn sie zu mir kam. »Und die Farben stehen dir supergut!«
    Ihr schossen die Tränen in die dunklen Augen. »Dad hat gesagt, ich muss dir alles zurückgeben. Oder dir die Sachen bezahlen, aber so viel Geld habe ich nicht.«
    »Aber warum denn? Ich habe doch selbst genug Geld!«
    »Weil der Koran Glücksspiel verbietet. Ich dachte, das macht nichts, weil ja nicht ich an einem Glücksspiel teilgenommen habe, sondern du, und erst hatte Dad auch nichts dagegen, aber gestern hat er mit dem Imam gesprochen und der hat gesagt« – schnief! –, »dass ich von dir nichts annehmen darf. Gar nichts.«
    Die Bedienung brachte uns zwei Tassen heiße Schokolade und zwei Croissants. Wir waren am Wochenende so oft hier, dass wir gar nicht zu bestellen brauchten.
    »Der spinnt doch!«, sagte ich.
    Shaz schüttelte den Kopf. »Nein … ich kann’s ja verstehen. Aber das macht alles so kompliziert. Ich darf mich noch nicht mal von dir zu einer Schokolade einladen lassen.«
    »Und was ist mit Geschenken? Der Koran verbietet bestimmt keine Geschenke. Schließlich bist du meine beste Freundin. Außerdem bin ich keine Muslimin.«
    Shazia machte ein bekümmertes Gesicht. »Mein Vater hat gesagt, wenn du auch Muslimin wärst, würde er mir jetzt den Umgang mit dir verbieten. Aber weil du keine bist, ist es vermutlich in Ordnung. Er fragt aber sicherheitshalber noch mal den Imam.«
    »Willst du dir von deinem Vater vorschreiben lassen, mit wem du befreundet bist?«
    »Das will er doch gar nicht. Aber wenn du auch Muslimin wärst und würdest nicht einsehen, dass Glücksspiel falsch ist, würde ich dir wahrscheinlich von allein die Freundschaft kündigen.«
    »Die staatliche Lotterie ist kein richtiges Glücksspiel. Die Einsätze werden einem guten Zweck zugeführt.«
    Shaz schüttelte nur den Kopf. »Das habe ich auch erst gedacht. Aber der Imam meinte, es handelt sich trotzdem um Glücksspiel.«
    An unsere Schule gab es nur wenige muslimische Mädchen. Shaz mit ihrem Kopftuch fiel richtig auf.Die meisten Musliminnen gingen auf die Mädchenschule nebenan, aber Shaz hatte unbedingt auf eine naturwissenschaftlich orientierte Schule gewollt. Als wir uns in der Siebten angefreundet hatten, war sie noch ganz normal gewesen. Irgendwann fing ihr Vater an, regelmäßig in die Moschee zu gehen, Shaz trug plötzlich Kopftuch und ab und zu gab es mal ein Problem, zum Beispiel wenn sie während des Ramadan nichts essen durfte.
    Ein so großes Problem wie das hier hatten wir aber noch nie gehabt.
    Ich stand auf. Shaz sah immer noch so unglücklich aus, dass ich sagte: »Willst du mitkommen, Motorräder angucken?«
    »Meinst du das ernst?«
    »Klar. Jack redet bestimmt die ganze Zeit nur über

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