Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
jungen Leute … spontan und manchmal ein wenig unüberlegt. Sie wollte ihrem Freund einfach eine Freude machen, weil er ihr den Lottoschein geschenkt hat. Sie hat ihn gefragt, was ersich wünscht, und er wollte ein Motorrad. Übrigens eine sehr teure italienische Maschine, nicht wahr, Lia?«
Die Journalisten mampften Kekse und schrieben eifrig mit.
»Natürlich bleiben bei so einem hohen Gewinn die Neider nicht aus«, fuhr Mum fort. »Was ungerecht ist, denn Lia ist es sehr wichtig, mit dem Geld Gutes zu tun. Mein Mann und ich müssen sie richtig bremsen, damit sie nicht alles spendet. Wir haben schon lange Gespräche mit ihr geführt, um sie davon zu überzeugen, dass sie auch an ihre eigene Zukunft denken muss.«
Jetzt trägt sie zu dick auf, dachte ich, aber die Reporter waren offenbar begeistert.
»Warum hast du Jacks Mutter denn mit Kuchen beworfen, Lia?«, fragte der eine und nahm sich den dritten Keks.
»Ich wollte das gar nicht«, antwortete ich. »Ich habe meinem Vater im Laden geholfen und da ging Mrs Hargreaves plötzlich auf mich los und brüllte mich an. Ich habe Angst bekommen. Es war eine Art Reflex.«
Ich fand, ich klang tatsächlich kindlich, eingeschüchtert und zerknirscht – so wie Mum mich darstellte. Wir beide waren ein gutes Team.
Mum übernahm wieder. »Mein Mann hat gesagt, unsere Tochter war fix und fertig. Sie wissen ja, wie das ist. Die Jugendlichen sehen heute sehr erwachsen aus, aber im Grunde sind sie noch Kinder. Jetzt, wo Lia in der Öffentlichkeit steht, muss sie sowieso schneller erwachsen werden. Wie gesagt, ich will damit nicht entschuldigen, was sie getan hat, aber man darf nicht vergessen, dass sie erst sechzehn ist.«
»Ist sie da nicht auch ein bisschen jung, um Lotto zu spielen?«, fragte ein Reporter.
»Da haben Sie recht«, pflichtete Mum ihm bei. »In Amerika muss man achtzehn sein, wussten Sie das? Man bekommt seinen Gewinn auch nicht auf einen Schlag ausgezahlt, sondern in Raten über mehrere Jahre verteilt. Vielleicht sollte sich die britische Lotterie dieses Verfahren zum Vorbild nehmen. Lia hat demnächst einen Termin mit einem Finanzberater. Mir schwebt ein ähnlicher Auszahlungsmodus vor. Alles andere würde Lia überfordern.«
Ich saß stumm da, nickte und lächelte.
Mum fuhr fort: »Übrigens hat Lia schon ganz im Stillen einiges für gute Zwecke gespendet.«
Davon wusste ich noch gar nichts.
»Zum Beispiel bekommt ihre Schule zehntausend Pfund, damit die Turnhalle endlich renoviert werden kann.«
Ach echt?
»Eine Angestellte meines Mannes, Rita Boatang heißt sie, hat einen schwer autistischen Enkel. Lia will ihm eine Delfintherapie in Florida finanzieren. Diese Therapien wirken bei solchen Kindern oft Wunder. Lia hat mich sofort gefragt: ›Wie kann ich dem kleinen Alfie helfen, Mum?‹, und wir haben uns informiert. Vorhin im Laden wollte Lia Rita davon erzählen, aber Donna – ich meine, Mrs Hargreaves – ist dazwischengeplatzt.«
Ich wurde schamrot. Warum hatte ich nicht von allein an Alfie gedacht? Ich wusste doch, was mit ihm los war.
»Großartig!«, sagte ein Reporter. »Könnten Sie für uns ein Interview mit Rita und ihrem Enkel in die Wege leiten?«
»Aber gern.«
»Wie viel kostet die Therapie?«
»Inklusive der Reise nach Florida an die achttausend Pfund.«
»Äh … ich freue mich, dass ich dem Kleinen helfen kann«, warf ich ein, lächelte strahlend und überlegte dabei im Stillen, wie viel von meinem Geld Mum noch auszugeben gedachte, um von Donnas Exklusivinterview abzulenken.
Ein anderer Reporter bekam einen Anruf aus seiner Redaktion und verkündete, Donna habe ihre Story dem Sunday Mirror verkauft.
»Aber machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er zu Mum. »Wir stellen die Frau als Schuldige dar. Ihre Tochter ist ein tolles Mädchen.«
Wir posierten noch für ein paar Fotos – »Nicht so breit grinsen!«, warnte mich Mum im Flüsterton –, dann waren sie weg.
Ich fiel ihr um den Hals. »Du warst genial, Paula!«
Sie freute sich und gab mir einen Kuss (ich drehte mich weg), dann sagte sie: »Danke für das Kompliment, Lia, aber wenn du mich noch ein Mal ›Paula‹ nennst, drehe ich dir den Hals um. Das meine ich ernst. Und wenn du es partout nicht über dich bringst, mich ›Mum‹ zu nennen, sag meinetwegen ›Sarah‹ zu mir. Ich habe diesen Kampf so was von satt.«
»Okay … Mum.« Sarah? Das ging ja wohl gar nicht!
»Und jetzt telefonierst du am besten mit Jack. Nicht,dass sich das Ganze noch zu einer
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