Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
Feindschaft zwischen euch beiden auswächst.«
Jack ging immer noch nicht ran. Shaz auch nicht. Mir wurde mulmig.
»Soll ich mal bei ihm vorbeigehen?«
»Auf keinen Fall! Du hältst dich lieber ein Weilchen bedeckt, bis sich die Wogen wieder geglättet haben. Bist du nicht sowieso mit den Hausaufgaben hinterher? Am besten bleibst du ein paar Tage zu Hause und arbeitest alles nach. Schließlich steht auch das Seminar noch an. Wir können ja zwischendurch einen Wellness-Tag einlegen.«
»Ich denke, ich soll krank spielen?«
»Wenn ich eurem Direktor erzähle, dass du zehntausend Pfund für die Turnhalle spendest, hat er bestimmt Verständnis dafür, dass du mal ein bisschen ausspannen musst.«
»Du, Mum … ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich gar nicht an Alfie gedacht habe. Dass ich Rita nicht gleich angeboten habe, ihm die Therapie zu bezahlen.«
Sie schaute mich an, zögerte und sagte dann: »Ich bin ja auch erst vorhin auf ihn gekommen. Schon komisch, dass man vor lauter Aufregung gar nicht mehr an andere Leute denkt.«
Ich versuchte es noch einmal bei Jack. Dann bei Shaz. Keiner da – keiner da. Auf die Idee, Raf anzurufen, kam ich nicht, weil ich immer wieder die Facebook-Seite anschauen musste, auf der über mich abgelästert wurde.
Ich fühlte mich beschissen – gedemütigt, wütend und am Boden zerstört.
Na ja … nicht ganz.
Denn wenn man acht Millionen Pfund gewonnen hat, fällt einem selbst in der tiefsten Verzweiflung plötzlich ein: Dann haue ich eben ab, ziehe nach San Francisco und vergesse diesen ganzen Albtraum!
Und das ist kein Wunschdenken, sondern man könnte es wirklich in die Tat umsetzen. Eine tolle Wohnung mieten, bergeweise coole Klamotten kaufen und leben, wie man will.
Sofort geht es einem besser.
18
Guter Rat ist mit Geld nicht zu bezahlen.
Donnas Gesicht füllte die gesamte Titelseite des Sunday Mirror . Es war weiß eingeschäumt, als wollte sie sich rasieren lassen.
Mum war außer sich. »Die haben Sprühsahne genommen! Wir müssen uns bei der Medienaufsicht beschweren!«
»Bitte nicht!« Ich überflog das Exklusivinterview, das über die ersten drei Seiten ging. Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Natürlich beschuldigte Donna mich, Jack die Hälfte des Gewinns vorzuenthalten – »Mein Sohn hat ein Recht auf seinen Anteil« –, sie behauptete, ich hätte ihn mit dem Motorrad umbringen wollen – »Die Teufelsmaschine wird zurückgebracht, und wenn Lia auch nur einen Funken Anstand im Leib hat, gibt sie Jack die Summe in bar« – und den Windbeutelwurf bauschte sie mächtig auf, aber das war’s auch schon.
Mum las über meine Schulter mit. »Das geht ja noch«, sagte sie. »Und dass dieses alberne Foto nachträglich gestellt ist, sieht ein Blinder. Wahrscheinlich hat Donna sich zurückgehalten, weil sie hofft, dass du Jack dann ein Friedensangebot machst.«
»Du glaubst, sie geht gar nicht zum Anwalt?«
»Hoffen wir’s. Außerdem haben wir sie komplett ausgestochen. Guck mal.«
Ich betrachtete die Fotos in der Mail on Sunday . Ich: reumütig und hübsch, Rita: freudestrahlend (sie hatte gestern Abend noch angerufen und sich überschwänglich bedankt), Alfies Mutter: tränenüberströmt, und der kleine Alfie selbst.
Mum blätterte weiter. »Hier ist noch ein Kommentar, in dem es heißt, dass man mit sechzehn wohl noch zu jung ist, um Lotto zu spielen, aber: ›Lia hat ein gutes Herz, auch wenn sie manchmal ein wenig impulsiv ist.‹«
Ich schaute zum zwanzigsten Mal an diesem Vormittag auf mein Handy. Keine Nachricht von Jack. Keine Nachricht von Shaz. Meine Freunde hatten mich verlassen. Ich war ganz allein auf der Welt. Es klopfte an die Haustür.
Ich floh in die Küche. »Nicht aufmachen! Ich gebe keine Interviews mehr.«
Natasha schaute aus dem Fenster. »Das ist kein Reporter – oh mein Gott, Lia, das ist Raf! Was will er hier?«
»Am besten fragen wir ihn einfach.«
Mum war schneller. Ich hörte, wie sie an der Tür mit Raf sprach. Ich wollte sie wegdrängeln, aber sie wich nicht von der Stelle.
»Danke, Mum, aber Raf will bestimmt zu mir . Ich sage dir Bescheid, wenn wir dich brauchen.« Das war ausgesprochen höflich, fand ich.
Sie ignorierte mich. »Du bist also der junge Mann, der in unserer Bäckerei arbeiten will?«
Raf schaute auf seine Turnschuhe und erwiderte: »In der Frühschicht, ja.«
»Mein Mann hat mir erzählt, dass du außerdem noch abends im Internetcafé deines Bruders arbeitest?«
»Ja.«
Zweiter Versuch.
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