Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
war ja noch nie richtig schlau aus ihm geworden … Vielleicht war nichts von dem, was er zu mir gesagt hatte, ernst gemeint? Vielleicht hatte er sich nur verstellt? Vielleicht gehörte er in Wirklichkeit einer Entführerbande an und sollte mich ablenken?
Er hatte gesagt, dass er mich liebte. Das konnte nicht gelogen sein – oder doch?
Draußen wurde es hell. Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor sechs.
»Ich kann nicht mehr«, sagte ich. »Ich brauche jemanden bei mir. Einen Freund.«
»Jack?«, fragte Mum, aber ich schüttelte den Kopf. Ich hätte Jack supergern bei mir gehabt, aber das konnte ich nach dem Vorfall mit Donna vergessen. Jack würde mir nie verzeihen, dass ich seine Mutter vor aller Welt lächerlich gemacht hatte.
»Shaz?«, sagte ich. »Hab ich dich geweckt? Tut mir leid, dass ich so früh anrufe …«
»Kein Problem. Ich bin schon wach.«
»Kannst du herkommen, Shaz? Natasha ist weg.«
»Weg?«
»Kann sein, dass sie entführt wurde.«
»Was? Was ist passiert, Lia?«
»Keiner weiß es, aber wir haben einen Anruf gekriegt.«
»Ich komme! Ich bin gleich da. Alles wird gut, Lia, alles wird gut!«
Als Shaz da war, nahm sie mich als Erstes fest in den Arm. »Komm, wir gehen hoch in euer Zimmer. Dann kannst du mir alles erzählen. Ich glaub’s nicht!«
Oben sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Wenn ich gewusst hätte, dass die Polizei unser Zimmer durchsuchen würde, hätte ich vorher sauber gemacht. Die Beamten hatten alles durchwühlt. Ich hatte zum Glück keine allzu persönlichen Dinge hier versteckt. Natashas Teddy lag auf dem Boden und ich hob ihn auf. Sie hatte ihn bekommen, als sie sechs war, und ich hatte sie x-mal damit gehänselt, dass sie ihn immer noch mitins Bett nahm. Als ich jetzt in sein abgewetztes, dämlich grinsendes Gesicht blickte, musste ich wieder heulen.
Shaz machte sich sofort ans Aufräumen. Sie sammelte Armreifen und Ohrringe auf, legte Kleidungsstücke zusammen und verstaute sie wieder im Schrank, machte die Betten, schloss Schubladen. Nach nicht mal zehn Minuten sah das Zimmer so ordentlich aus wie schon seit Jahren nicht mehr. Es war die reinste Zauberei.
Wir setzten uns auf Nats Bett und ich erzählte ihr alles.
Na ja … nicht alles. Shaz hätte es nicht gut gefunden, dass ich mit einem Jungen geschlafen hatte, der nicht mein fester Freund war. Sie hätte es ganz allgemein nicht gut gefunden, dass ich mit einem Jungen geschlafen hatte. Shaz hatte genauso feste Grundsätze wie Granny.
Darum erzählte ich ihr die gleiche Geschichte wie Mum: dass Raf ins Hotel gekommen war und dass wir unten im Foyer Kaffee getrunken hätten.
Ich erzählte ihr auch, dass er mich vor seinem Vater gewarnt hatte. »Mensch, Lia!« Jetzt verlor auch Shaz die Fassung. Sie war kurz vorm Heulen. »Was sagt die Polizei dazu? Wird Rafs Vater jetzt gesucht?«
»Ich hab’s ihnen nicht gesagt … Ich kann nicht. Vielleicht bilde ich mir ja nur etwas ein und Rafs Vater hat gar nichts damit zu tun … Ich kann einfach nicht!«
»Du musst aber! Stell dir vor, es stimmt und Rafs Vater hat Natasha entführt – die Polizei muss unbedingt Bescheid wissen!«
»Aber …«
»Was hat der Anrufer genau gesagt?«
»Wenn du deine Schwester noch mal wiedersehen willst, musst du zahlen, kleine Schlampe.« Mir blieb die Stimme weg.
»Das ist eindeutig eine Drohung«, meinte Shaz. »Das soll heißen, wenn du nicht zahlst, bringt er sie um. Worauf wartest du noch, Lia? Wen willst du decken?«
»Scheiße, du hast ja recht …«
Ich sah Natashas angstverzerrtes, tränennasses Gesicht vor mir … hörte sie schluchzen … vor Schmerzen schreien … War ich denn verrückt gewesen, den Polizisten nichts zu erzählen?
Wir rannten die Treppe runter und ins Wohnzimmer. »Ich muss euch was sagen!«, rief ich. »Ich glaube, ich weiß, wer Natasha entführt hat!«
»Psst!«, machte Mum. Was war denn jetzt los?
Dann hörte ich es auch.
Die Haustür wurde aufgeschlossen.
»Natasha!« Mum sprang auf und lief in die Diele.
Die Haustür öffnete sich weit. Draußen stand meine kleine Schwester mit schneeweißem Gesicht und blutrotem Lippenstift.
Ihr Arm lag um Rafs Taille.
27
Man kann nicht alles im Leben vorhersehen,
aber wenn man Geld hat,
ist das nicht ganz so schlimm.
»Was soll das?!« , brüllte ich so laut, dass die Nachbarskatze aufwachte. Mum fiel Natasha um den Hals und ich trommelte mit den Fäusten auf Rafs Brust. »Was hast du mit ihr gemacht? Was geht hier vor?«
»Ich
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