Ein Macho auf Abwegen
nun alles erklärt, obwohl dich mein Privatleben
einen feuchten Dreck angeht. Ich hoffe, du kannst jetzt beruhigt
weiterarbeiten. – War das alles, was du mit mir besprechen wolltest?“ Er erhob
sich demonstrativ, denn für ihn gab es keine weitere Veranlassung dieses
Gespräch weiterzuführen oder seine Privatsphäre mit dem Verlagsboss zu
erörtern.
Henning blieb sitzen und schwenkte in seinem Chefsessel hin
und her. „Dass du neuerdings Detektiv spielst, interessiert mich eigentlich
überhaupt nicht. Alles, was zählt ist, dass diese Frau ordnungsgemäß verurteilt
wurde und ihre Strafe absitzen musste.“ Er schaute mit zusammengekniffenen
Augen zu Marc hinauf. „Ich habe keine Lust auf einen Haufen Geld zu verzichten,
nur weil du, wie es scheint, stockblind bist, und dieses verdammte Luder dich
um den Finger gewickelt hat!“ Er wendete seinen Blick wieder von ihm ab und
schaute auf den „Hamburger Blitz“. „Da dir dein Hirn ja offensichtlich in die
Hose gerutscht ist, habe ich mich unserem kleinen Problem bereits angenommen
und eine unkomplizierte, aber effektive Lösung gefunden. Du musst jetzt
lediglich ein paar Pressetermine wahrnehmen, und Marc Stevens wird wieder der
Held aller deutschen Frauen zwischen Zwanzig und Sechzig sein!“
„Was hast du? Unser Problem gelöst? Wie hast du das denn
angestellt?“ Henning grinste ihm triumphierend ins Gesicht. „Och, ich habe
diesem kleinen Flittchen mal kurz angesagt, dass sie sich vom Acker zu machen
hat, und zwar ganz plötzlich! – Die Frau war ausgesprochen vernünftig, kann ich
dir sagen.“
Hennings gönnerhafte Fratze und sein anmaßender Ton brachten
Marc innerhalb einer Millisekunde zum Überkochen. Instinktiv hechtete er vor
Wut überschäumend um den Tisch herum und verpasste Henning einen rechten Haken
mitten in dessen verdutztes Gesicht. „Das war für das Flittchen, du Arschloch!“
Henning hielt sich fassungslos seinen blutenden Mund, während er Marc aus dem
Zimmer laufen sah.
Er rannte so schnell er konnte zum Fahrstuhl und haute
mehrmals hintereinander ungeduldig auf den Rufknopf. „Die Frau war
ausgesprochen vernünftig“, hörte er Henning immer wieder sagen. Was hatte das
zu bedeuten? Hatte Christina Peter etwa zugesichert, sich von ihm zu trennen?
War sie eventuell schon dabei ihn zu verlassen? Würde sie das wirklich tun,
ohne mit ihm noch einmal gesprochen zu haben? Ohne ein Wort?
Die Türglocke ging. Das musste das Taxi sein. Sie drückte
den Schalter für die Torautomatik, um den Wagen vorfahren zu lassen und nahm
ihren Koffer. Bevor sie die Haustüre öffnete, überlegte sie noch einmal kurz,
ob sie Marc eine Nachricht hinterlassen sollte. Nein, besser nicht!, dachte sie
und legte nur ihren Schlüssel auf den weißen Flügel in der Halle.
Der Taxifahrer hatte seine liebe Mühe, bis er mit seinem Wagen
auf das Stevens-Grundstück gelangen konnte. Die komplette Presse folgte ihm bis
vor den Hauseingang und belagerte den Wagen von allen Seiten. „Wer hat sie
bestellt? Marc Stevens oder seine Freundin?“ Er drehte die Scheibe lieber
wieder hoch. Woher sollte er das denn wissen? Er hatte lediglich diesen Auftrag
von der Zentrale bekommen. Es war für ihn nicht das erste Mal, dass er Stevens
fuhr.
Christina bemerkte erst draußen die vielen Menschen mit
ihren Kameras und Mikrofonen auf dem Grundstück. Augen zu und durch!, forderte
sie sich innerlich auf und setzte sich schnell ihre Sonnenbrille auf. Immer
wieder wurde ihr der Weg verstellt, und die verschiedensten Fragen lärmten auf
sie ein. „Was werden Sie jetzt tun, Frau Klasen? – Wo wollen Sie hin? – Hat Stevens
von ihrer Tat gewusst? – Hat er Sie aus dem Haus geworfen? – Wie war ihre Zeit
im Gefängnis?“ Christina versuchte wortlos sich ihren Weg durch die Menschen zu
bahnen. Ihre Beine zitterten, ihr wurde heiß und kalt, und ihr Magen
rebellierte.
Zum Glück waren die Straßen zu dieser Tageszeit noch nicht
ganz so verstopft. Marc konnte Gas geben. Er fuhr wie ein Besessener, überholte
alles, was sich ihm in den Weg stellte. Hoffentlich war es noch nicht zu spät!
Hoffentlich war sie noch nicht weg! Wo wollte sie hin? Mit Sicherheit weit weg
von hier, weit weg von ihm! Was hatte Pilar ihm damals gesagt? „Christina
könnte niemals mit dieser Schuld leben. Sie könnte Ihnen das niemals antun. Sie
würde niemals zulassen, wenn Ihre Arbeit der letzten Jahre durch sie zerstört
würde.“
Ich muss ihr alles sagen!, dachte er.
Zu Hause bot
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