Ein Macho auf Abwegen
ernüchtert an und drohte ihm. „Okay! Ich kann warten, aber ich
verspreche dir jetzt schon: An Schlafen und Schnarchkonzert brauchst du heute
Nacht überhaupt nicht zu denken!“ Er legte einen Arm um ihre Schulter. „Bitte
keine leeren Versprechungen, schöne Frau! – Nach Ihnen.“
Draußen knallten schon die Sektkorken. Manuel erhob das
Glas. „Auf dass ihr immer so glücklich seid wie heute! Salut! Vivan los novios!
Es lebe das Brautpaar!“
Nach dem kleinen Umtrunk und ein paar Hochzeitsfotos im
engsten Kreis, verließ die Hochzeitsgesellschaft, allen voran die Eheleute
Stevens, das Rathaus.
In dem Moment, als sich die Eingangstür des Rathauses
öffnete, würde es draußen mächtig laut. Sie traten vor die Tür und schauten
sich in der Menschenmenge auf dem Marktplatz um. Alle waren gekommen. Christina
konnte Inge Fink mit Nicole und ihrer Mutter entdecken, auch ein paar bekannte
Gesichter von Frauenhausbewohnerinnen fand sie in der Menge. Alle ihre
Kolleginnen aus dem Schreibbüro winkten ihr zu. Natürlich war auch Anita Gerber
mitgekommen. Elisabeth, ihre Pensionswirtin, stand ganz in ihrer Nähe.
Links neben ihnen hatte sich eine Band postiert, die jetzt
„You are the answer“ spielte, und einige Leute sangen den Song aus eigenem
Antrieb mit. Marc und Christina winkten den Zuschauern zu. Das ist ja fast
schon wie bei Königs, dachte Christina, aber sie genoss es sichtlich an Marcs
Seite zu stehen und den Menschen dabei zuzuschauen, wie sehr sie sich mit ihnen
freuten. Die Menge forderte lautstark einen Kuss, und sie taten ihnen den
Gefallen. Unter dem anschließenden Beifall des Publikums, und als Zielscheibe
scheinbar ganzer LKW-Ladungen von Reis und Blüten bahnten sie sich den Weg zum
Brautwagen.
Der Hochzeits-Konvoi bewegte sich, eingerahmt von den
Fahrzeugen der geladenen Gäste, gemächlich mit einem schallenden Hupkonzert in
Richtung Villa Stevens voran. Überall standen wieder Menschen am Straßenrand,
jubelten ihnen zu, und das Brautpaar winkte fröhlich zurück.
Im Garten gab es nun einen offiziellen Sektempfang, und das
frisch vermählte Ehepaar nahm die Glückwünsche von einer Menge Gästen entgegen.
Danach eröffnete Marc mit einer kleinen Rede das Büfett, doch die beiden
durften noch nicht mitfeiern. Sie hatten zunächst noch die vereinbarten
Interviews für Antenne Fünf und einen Reporter der schreibenden Zunft zu geben.
Danach erwartete sie der Fotograf im Park, um die offiziellen Hochzeitsfotos
für ihr Privatalbum zu machen.
„Jetzt will ich aber endlich unseren großen Tag feiern!“,
rief Christina vollkommen schachmatt. Es waren bereits einige Stunden seit
ihrer Rückkehr vom Standesamt vergangen, und sie hatten bisher nichts als
Verpflichtungen gehabt. Der Magen hing ihnen bis zu den Knien, und Christina
beschwerte sich lautstark. „Wir haben noch nicht einmal etwas gegessen!“
Die Hochzeitsgesellschaft war schon in bester Partylaune,
als Marc und Christina sich dazu gesellten. Der DJ nahm sofort Notiz vom
Eintreffen der beiden und forderte sie gleich zu ihrem Hochzeitswalzer auf.
„Und was ist mit essen?“, fragte Christina Marc. „Gleich anschließend machen
wir uns über das Büfett her. Wenn wir nicht den Tanz offiziell eröffnen, machen
es unsere Gäste auch nicht“, vertröste er sie. Sie legten einen Walzer par
Excellenze auf das Parkett, und viele der Hochzeitsgäste gesellten sich zu
ihnen auf die Tanzfläche.
Irgendwann tauchten Manuel und Isabel neben ihnen auf.
„Dürfen wir bitten?“ So tanzte Christina zum ersten Mal in ihrem Leben mit
ihrem Sohn, und es machte sie überglücklich und stolz. Isabel entführte ihren
„Stiefvater“ auf die Tanzfläche. Christina konnte ihr Glücksgefühl kaum
ertragen, es tat schon fast weh.
„Ich glaube Isabel steht ein bisschen auf dich“, sagte sie
zu Marc, als sie sich am Büfett wieder trafen. „Was bleibt ihr denn auch
anderes übrig“, scherzte Marc. „Gar nicht eingebildet, oder was? Küsschen,
cariño!“
Manuel stand schon wieder vor ihr, um sie zum Tanzen zu
holen. „Vamos Mamá, a bailar!“ Er war, ganz nach spanischer Feier-Manier, mit
einem Whiskeyglas bewaffnet. Sein Krawattenknoten hing ihm schon in
Bauchnabelhöhe, und sein Hemd stand mindestens zwei Köpfe zu weit auf.
Durch die Musikanlage erklang feinster Latino-Pop, und
Christina ließ sich nicht zweimal bitten. Die Musik hatte sie an ihren Wurzeln
gepackt, und sie musste feststellen, wie meisterhaft Manuel
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