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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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welche durch
blumengeschmückte Gauben mit Sprossenfenstern aufgelockert waren. Sogar die
Garage, besser gesagt, der Automobil-Hangar, war im einheitlichen norddeutschen
Landhausstil gebaut. 
    Stevens schloss die Tür auf. „Bitte sehr, Frau Klasen.
Kommen Sie doch herein!“
    Christina folgte ihm, beeindruckt von dieser Pracht, in eine
weitläufige, ungeahnt lichtdurchflutete, mit hellem Marmor ausgelegte Vorhalle.
In einer Ecke stand ein weißer, hochglanzpolierter Flügel. Das schmückt!,
dachte sie und stellte sich sofort ihren Chef dabei vor, wie er an dem
Instrument saß und wunderschöne Melodien komponierte.
    Er führte sie in das Wohnzimmer, welches nur durch einen
angedeuteten Bogen von der Empfangshalle getrennt war. „Nehmen Sie schon mal
Platz. Ich mache uns schnell einen Kaffee. Ich hatte heute nämlich noch
keinen.“ 
    „Das kann ich doch machen, Herr Stevens“, schlug Christina
vor. Schließlich wurde sie für ihre Anwesenheit bezahlt. Er lehnte ab. „Nein,
nein. Sie machen es sich gemütlich, und ich verdrücke mich in die Küche. Heute
bin ich mal dran!“
    Er verschwand, und Christina blieb alleine in der guten
Stube zurück. Sie schaute sich genauestens um. Wie apart doch alles
eingerichtet war! Alles war hell. Modernes war mit Rustikalem gemischt. Jedes
Wohnaccessoire passte. Sie entdeckte nichts, was ihr nicht auf Anhieb gefiel.
Die Fenster des Salons reichten bis auf den Fußboden hinunter, sodass der Raum
vom Tageslicht durchflutet wurde, und der Blick auf den herrlichen Garten
ungehindert möglich war. Man konnte gar nicht erkennen, wo das Grundstück
endete.
    Das Ungewöhnlichste in diesem Raum war allerdings die
kolossale Bücherwand, die den offenen Kamin umschloss. Christina nahm seine
Bibliothek sogleich etwas genauer in Augenschein. Die Bücher, die ein Mensch
besaß, konnten viel über die Persönlichkeit seiner Besitzer aussagen. Sie
überflog schnell die Buchrücken. Es gab in Stevens Büchersammlung nichts, was
es nicht gab. Weltgeschichte, deutsche Geschichte, klassische Literatur,
Belletristik, Lyrik, Philosophie, Geographie, Wirtschaft und Sport. Meine Güte,
der hatte ja mehr gelesen als Christina selbst! Und sie hatte ihre Jahre im
Gefängnis fast ausschließlich mit Lesen verbracht! Ihr wurde wieder einmal
bewusst, wie wenig sie eigentlich über Stevens wusste. In Fernsehinterviews
hatte er seine Belesenheit nie, auch nur andeutungsweise, zur Schau gestellt.
Dort benutzte er seine Lieblingswörter, sein selbst kreiertes
Markenzeichenvokabular, wie galaktisch oder granatenmäßig. Sie versuchte sich
zu erinnern. Hatte er diese Ausdrücke im Alltag überhaupt schon einmal benutzt?
Nein. Christina hatte ihn noch nie so sprechen hören!
    Sie hörte ihn aus der Ferne mit Geschirr und Besteck
hantieren.  Er war schon ziemlich lange in der Küche beschäftigt. „Kleinen
Moment noch, Frau Klasen! Ich bin sofort bei Ihnen! Der Kaffee ist gleich
fertig!“, hörte sie ihn von weit weg rufen.
    Sie waren wohl doch alleine im Haus. Weit und breit gab es
keine Putzfrau, geschweige denn irgendeine Moni, die sich gelangweilt auf der
Couch räkelte. Christina wollte nicht zu neugierig wirken und setzte sich auf
das Sofa. Ob er diese Bücher alle gelesen hatte? Viele Leute hielten sich so
einen Bücherschrank lediglich aus Imagegründen. Marbella war voll mit solchen
Möchte-Gern-Intellektuellen. Bei Gelegenheit würde sie ihn testen. Das wäre
doch ein Spaß!
     
    Endlich hatte er sein Werk vollbracht und kehrte ziemlich
unbeholfen mit einem vollbepackten Tablett zurück. „Warten Sie, ich helfe Ihnen
beim Tischdecken!“ Christina lief ihm entgegen und nahm ihm seine Last ab. „Das
machen Sie auch nicht jeden Tag?“, neckte sie ihn. „Nicht wirklich“, antwortete
er etwas verlegen. Christina schenkte den Kaffee ein. Was da allerdings in die
Tassen lief, war eher eine klare bräunliche Brühe, als ein ordentlicher Kaffee.
„Was habe ich denn da bloß falsch gemacht?“, fragte Stevens und fuhr sich
wieder einmal mit der Hand durch das Haar. Christina nahm die Kanne.
„Vielleicht ist der Filter umgekippt. Wo ist die Küche? Ich mache schnell einen
neuen.“
    Seine Küche wäre ein Eldorado für jeden Hobbykoch. Sie war
mit sämtlichem Schnickschnack ausgestattet, den der Markt zu bieten hatte.
Christina füllte Wasser und Kaffeepulver in die Maschine. „Kochen Sie gerne?“, fragte
sie ihren Chef. „Ich?! Kochen? Nein, nie! Ich muss gestehen, dass ich heute zum
ersten Mal

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