Ein Maerchenprinz aus dem Orient
als äuÃerst schmeichelhaft, vom sagenhaft reichen Scheich von Quishari erwählt worden zu sein. Man hatte Fotos ausgetauscht und die Verhandlungen den Eltern überlassen. Wie mochte sich wohl ein vierunddreiÃigjähriger Mann fühlen, für den die Mutter auf Brautschau gegangen war? Eigentlich war es mit einer modernen Internet-Partnervermittlung vergleichbar. Man suchte jemanden mit ähnlichen Vorstellungen, passendem Hintergrund, und dann traf man sich.
Würden sie sich bei der ersten Begegnung küssen? Oder zeigte man hier im Orient in der Ãffentlichkeit keine Gefühle?
Während des langen Fluges mit Autopilot hatte Bethanne sich ausgemalt, wie es wäre, wenn auch sie endlich den Richtigen kennenlernte. Einen Mann, der ihre Interessen teilte und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas. Schön wäre aber auch schon, wenn ihr Vater ihr über das Rollfeld entgegenkäme und sie wie üblich ungestüm umarmen würde.
Sie blinzelte kurz und konzentrierte sich dann darauf, den mehrere Millionen Dollar teuren Jet sicher zu Boden zu bringen.
Auf dem schneeweiÃen Rumpf der Maschine prangten bereits drei Streifen in Blau, Gold und Grün, den Farben von Quishari. Das Innere glich dem Salon eines Luxushotels. Auf den weichen rot-goldenen Perserteppichen standen bequeme Sessel und Sofas, die alle über Sitzgurte verfügten. Es gab einen kleinen, in edlem Walnussholz gehaltenen Speisebereich und eine voll ausgestattete Bordküche mit Herd, Backofen und Mikrowelle sowie einem gut bestückten Kühlschrank. Sogar das Bad war geräumig.
Vor dem Start hatte Bethanne die zukünftige Frau des Scheichs, Haile al Benqura, die im Gegensatz zu ihrer sehr viel älteren Begleiterin Englisch sprach, durch die Kabine geführt und ihr alles gezeigt. Ohne die geringste Aufregung oder auch nur irgendeine Regung zu zeigen, hatte sie Bethannes Erläuterungen gelauscht.
Es hatte nur einer kleinen Andeutung des Scheichs bedurft, und Bethannes Chefhatte ihm angeboten, einen Zwischenstopp in Hailes Heimatland Marokko zu arrangieren. Dort war die junge Frau an Bord gegangen, um ihre Reise nach Quishari anzutreten.
Bethanne warf ihrem Copiloten Jess Bradshaw einen kurzen Seitenblick zu. Auch für ihn war es der erste Langstreckenflug mit so einem Jet gewesen. Sie hatten sich abgewechselt, um ihr Ziel möglichst schnell zu erreichen.
âWillst du übernehmen?â
âNein. Es läuft doch alles wie am Schnürchen.â
Sie zuckte die Schultern und legte eine Bilderbuch-Landung hin.
âGut gemachtâ, lobte Jess sie.
âDanke. Die Maschine ist einfach super. Der Scheich kann sich glücklich schätzen.â
Den Anweisungen des Towers folgend, lenkte sie den Jet zu einer abgelegenen Halle, wo sie bereits vom Bodenpersonal erwartet wurden. Alle betrachteten die Maschine bewundernd, während Bethanne sie am vorgesehenen Platz zum Stehen brachte.
Am liebsten wäre sie sofort ausgestiegen, um die Luft von Quishari tief einzuatmen. Doch zuerst musste sie das Flugzeug ordnungsgemäà übergeben.
âZum Glück können wir auf dem Rückweg schlafenâ, murmelte Jess und wartete, bis Bethanne sich erhoben hatte. Dann folgte er ihr zur Kabinentür, die sich auf Knopfdruck hin öffnete. Während die Gangway ausfuhr, drehte Bethanne sich um und lieà den Blick durchs Innere schweifen. Da saà die Anstandsdame. Doch wo war Haile? Machte sie sich noch frisch? Sicher wollte sie bei ihrer ersten Begegnung mit ihrem zukünftigen Mann so gut wie möglich aussehen.
Die Begleiterin wirkte nervös und wich Bethannes Blick aus. Hatte sie etwa unter Flugangst gelitten? Kaum vorstellbar, dachte Bethanne, denn es hatte unterwegs keine Turbulenzen gegeben.
Zwei Männer warteten abseits der Piste, und nachdem die Gangway vollständig ausgefahren und gesichert war, ging der gröÃere sie hinauf. Bethanne fiel auf, dass er sie, die mit ihren einsachtundsiebzig für eine Frau schon sehr groà war, um mindestens zehn Zentimeter überragte. Sein dunkles Haar glänzte in der Sonne, und sein Teint war gebräunt. AuÃerdem hatte er breite Schultern und markante Gesichtszüge, die ihn hochmütig und durchsetzungsfähig wirken lieÃen.
Ihr Herz schlug schneller. Der Fremde, der ein makelloses weiÃes Hemd und einen dunklen Anzug trug, faszinierte sie. Schlagartig verspürte sie das Bedürfnis, sich zu
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