Ein Maerchenprinz aus dem Orient
hatte an verschiedene Bekannte, die ihr Vater im Lauf der Jahre erwähnt hatte, geschrieben. Sie erfuhr nur, dass er eines Tages von einem Flug nicht zurückgekehrt war.
Er fehlte ihr so sehr, dieser Hüne von einem Mann, der Held ihrer Kindheit. Er hatte in ihr die Leidenschaft fürs Fliegen geweckt, ihre Neugier auf ferne Länder, ihr Interesse an Menschen. Nie hätte er so lange nichts von sich hören lassen, wenn er noch am Leben wäre.
Nun wollte sie Gewissheit haben. Solange sie nicht genau wusste, was damals geschehen war, würde sie immer noch einen Funken Hoffnung haben.
âWir sind angekommenâ, sagte Rashid in diesem Moment.
Sie blinzelte und blickte aus dem Fenster, während der Wagen langsam in eine breite Einfahrt bog, die zu einer prachtvollen weiÃen Villa führte. Angesichts der grünen Rasenfläche hätte man das Anwesen eher in Italien oder an der französischen Riviera als in einem Wüstenstaat vermutet.
âWowâ, stieà Bethanne leise hervor. Das zweistöckige, blendend weiÃe Gebäude hatte einen umlaufenden Balkon im ersten Stock, der von einem tief herabgezogenen Dach mit Terrakottaziegeln beschattet wurde. Im Erdgeschoss zog sich eine Terrasse ebenfalls um das ganze Haus. Aus jedem Zimmer konnte man deshalb ins Freie treten.
Die von Rabatten mit blauen und goldgelben Blumen gesäumte Einfahrt führte in weitem Bogen zur Vorderseite der Villa. Vor einer Doppeltür aus kunstvoll geschnitztem Holz hielt der Chauffeur den Wagen an. Sofort kam ein mit einem traditionellen Gewand bekleideter Mann heraus und eilte die flachen Eingangsstufen herab und öffnete die hintere Tür der Limousine.
Der Scheich stieg aus und erwiderte den Gruà des Bediensteten.
âMohammad, das ist Ms. Sanders. Sie wird eine Weile mein Gast seinâ, sagte er auf Englisch.
Wenig später stand Bethanne allein in einem groÃen Schlafzimmer, in das man sie geführt hatte. Es wurde von einem Himmelbett dominiert, das man über ein Podest erreichte. An der Decke des Raumes hing ein Kronleuchter, dessen Kristallprismen im Licht der durch die offene Balkontür hereinfallenden Sonnenstrahlen glitzerten. Hauchdünne Gardinen bewegten sich in der leichten Brise, die hereinwehte.
Bethanne trat ins Freie und atmete tief die würzige Meeresluft ein, die sich mit dem Duft der im Garten blühenden Blumen vermischte. Endlich allein. Minnah, das Englisch sprechende Zimmermädchen, hatte beim Auspacken von Bethannes kleiner Reisetasche gefragt, ob noch mehr Gepäck nachkomme. Ein peinlicher Moment. Bethanne hatte nur verlegen den Kopf geschüttelt. Ãber das Geländer gebeugt, betrachtete sie nun die unermessliche Blütenpracht. Ein breiter Weg führte zum Meer, das sie in einiger Entfernung schimmern sah. In der Hoffnung, noch eine bessere Aussicht erhaschen zu können, ging sie den Balkon entlang. An seiner Ecke hatte sie tatsächlich einen fantastischen Blick auf einen weiÃen Strand und das leuchtend blaue Wasser.
Wie konnte der Scheich nur annehmen, dass sein Plan aufgehen würde? Eine Freundin, die nur Uniformen und legere Kleidung dabeihatte, wirkte völlig unglaubwürdig. Das Ganze würde in kürzester Zeit auffliegen. Also musste sie sich mit den Nachforschungen nach ihrem Vater beeilen. Da der Scheich ihre Zimmerreservierung im Hotel rückgängig gemacht hatte, überlegte sie, ob sie nicht für alle Fälle eine neue Unterkunft buchen sollte.
Nachdem sie sich umgezogen und frisch gemacht hatte, ging sie nach unten. Die Villa war nicht so groÃ, wie sie auf den ersten Blick wirkte. Nur etwa acht Zimmer, schätzte Bethanne. Dann musste sie beinahe lachen. Das Apartment, das sie in Galveston bewohnte, hätte komplett in ihr jetziges Schlafzimmer gepasst.
Bethanne begegnete niemandem, als sie durch das Haus zur Eingangstür ging und hinaustrat auf den Rasen, der sich bis zu einer blühenden Oleanderhecke erstreckte, die das Haus vor neugierigen Blicken von der StraÃe abschirmte.
Sie schlenderte durch den Garten zu dem Weg, den sie vom Balkon aus gesehen hatte, und folgte ihm hinab zum Meer. Am Ãbergang von der gepflegten Anlage zum Strand standen einige Stühle und Tische im weiÃen Sand. Hier würde sie sich nach ihrem Spaziergang ausruhen.
In der Ferne sah sie ein groÃes Containerschiff, das langsam durch den Golf fuhr. Beschwingt ging sie ans Wasser, kickte die Schuhe
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